Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Nachtelf (German Edition)

Der Nachtelf (German Edition)

Titel: Der Nachtelf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Tillmanns
Vom Netzwerk:
alleine war, noch einen Löwen-Lakaien, um für die bevorstehende Aufgabe gewappnet zu sein. Da der Eulen-Lakai ebenfalls noch wirkte, schritt sie nun mit einem wahren Hochgefühl aus Kraft und Klarheit aus.
    Die unwirklichen Ereignisse begannen, als dem Priester mit einem hässlichen Knallen die Haut vom Leib platzte. Dadalore war gerade auf der Königin-Tönnaka-Allee, einer der inneren Prachtstraßen des Alabasterviertels, als es geschah. Sie starrte entsetzt auf den Körper des Zauberers, der vor wenigen Augenblicken noch einer Frau auf der anderen Straßenseite etwas zugerufen hatte.
    Der Mann schwoll, einer unsichtbaren Macht gehorchend, schlagartig auf hünenhafte Größe an. Aus seinem Leib schälte sich gelbes Fell, Reste der gerissenen Haut hingen noch in Fetzen herunter.
    Das Monstrum näherte sich der Frau. Trotz der ungeheuren Masse waren seine Bewegungen von einer tödlichen Geschmeidigkeit. Dadalore konnte den Blick von dem Wesen und seinem Opfer nicht abwenden, stand auf der gegenüberliegenden Straßenseite, unfähig sich zu regen oder auch nur die Wächter zu rufen, ganz im Bann des Schrecklichen.
    »Wage es nicht näherzukommen!« Die Stimme der Frau zitterte. Sie schwenkte drohend einen Stab. Eine Geste, die lächerlich wirkte, angesichts des Ungetüms vor ihr.
    Die Bestie verzog den Mund zu einem höhnischen Grinsen und entblößte dabei ihre Fangzähne. Gelbe Augen, in denen klein und bösartig die Pupillen funkelten, musterten das Opfer.
    Die Frau zitterte, ihre freie Linke fuhr zu ihrem Gürtel hinunter, während sie weiter den Stecken schwang.
    Da durchzuckte Dadalore die Erkenntnis: der Stab! Er besaß die Form einer drohend erhobenen Kobra. Die Frau war eine Drude, vielleicht doch nicht so hilflos, wie es den Anschein hatte.
    Kaum hatte Dadalore den Gedanken gefasst, warf die Zauberin auch schon eine Kugel von ihrem Gürtel zu Boden, wo sie krachend zerbarst. Das Geräusch war noch nicht verklungen, da raste die Drude auf die nächste Wand zu – und schoss diese auf Händen und Füßen hinauf wie eine Spinne, den Schlangenstab zwischen die Zähne gepresst.
    Das Monster schnappte mit dem Maul nach ihr, doch die Raubtierfänge schlugen mit einem Klacken aufeinander, ohne Fleisch zu fassen. Die Drude hatte die obere Mauerkante erreicht und warf sich hinüber auf das Flachdach. Die Bestie machte einen gewaltigen Satz, die Vorderklauen bekamen die Brüstung zu fassen. Muskeln traten deutlich unter dem Fell hervor, dann zog sich das Monster mit einer fließenden Bewegung hinauf. Vom Dach des Hauses war der Triumph der Bestie zu hören.
    Endlich erwachte Dadalore aus ihrer Lähmung. Die Drude, sie musste ihr helfen! Zauberin hin oder her, sie konnte nicht tatenlos zusehen, wie ein Wesen aus dem Abgrund sich auf ein unschuldiges Mütterlein stürzte. Sie befreite sich mit Hilfe beider Ellenbogen aus der Menge Gaffender und rannte auf das Haus zu. Sie war noch kleiner als die Drude und zaubern konnte sie auch nicht. Wie sollte sie es die Mauer hinauf schaffen?
    Oben schrie die Frau entsetzt auf.
    Dadalore durfte keine Zeit verlieren. Da war ein Fenster. Sie sprang hinauf auf den Sims und ruderte heftig mit den Armen, um nicht gleich wieder zu stürzen.
    Vom Dach erklang ein tiefes, gurgelndes Geräusch.
    Sie blickte sich gehetzt um. Die Götter waren auf ihrer Seite: Eine Laternenstange ragte aus dem Mauerwerk, kaum eine Mannslänge entfernt. Dadalore sprang und bekam die Stange zu fassen. Die Laterne schaukelte wild hin und her. Die Sklavin begann vor und zurück zu schwingen. Immer stärker, immer schwungvoller.
    Ein infernalisches Brüllen ließ das Haus erzittern.
    Sie schwang sich bis zum Äußersten hinauf und ließ die Stange los. Mit den Füßen voran flog sie auf die Mauerkante zu, die Augen in die drohende Tiefe gerichtet. Wenn sie jetzt keinen Halt fand, war es um sie geschehen ...
    Hart klatschte ihr Körper gegen die Wand, ihre Unterschenkel aber flogen über die niedrige Brüstung hinweg. Sie winkelte instinktiv die Beine an und hing kopfüber an der Dachkante. Mit einem Ruck hob sie den Oberkörper und warf sich vollends auf das Dach.
    Sie landete dort auf allen Vieren und sprang in die Höhe.
    Die Drude hatte einen Riss in der Brust, ihr Gewand hing in blutigen Fetzen herunter. Sie hielt schützend den Stab vor sich und wich dabei langsam vor dem Koloss zurück.
    Was jetzt? Dadalore hatte bisher einfach gehandelt, keinen Augenblick nachgedacht. Jetzt stand sie hier, keines Zaubers

Weitere Kostenlose Bücher