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Der Nachtelf (German Edition)

Der Nachtelf (German Edition)

Titel: Der Nachtelf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Tillmanns
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Dadalore hoffte inständig, dass dies als Einladung zu verstehen war und ging hinein.
    Ein kostbarer Teppich von der Art, wie sie die Stämme der Großen Jangwa fertigten, eine Wasseruhr mit einem beeindruckend voluminösen Becken, aus dem die Zeit langsam herauströpfelte und hübsche Zierwaffen an den Wänden zeugten von Lebenskultur.
    Der Ruptu bezog neben dem Bassin Stellung und rührte sich nicht mehr.
    Von Fumofred war weit und breit keine Spur, aber Dadalore erkühnte sich nicht, die Echse anzusprechen. Sie wagte überhaupt nicht, sich zu rühren. Sie malte sich aus, wie sie neugierig eine Waffe aus der Wandhalterung nähme und das geschuppte Untier sich auf sie würfe, um den Besitz seines Herrn zu verteidigen.
    Nachdem die Capitalobservatorin eine gefühlte Ewigkeit so verharrt hatte, hielt sie es nicht mehr aus. Sagard und Kalunga, das Biest würde sie hoffentlich nicht gleich fressen, wenn sie sich nur ein wenig umsah. Sie ging hinüber zu einem pyramidenförmigen Regal. Zinnfiguren standen in einigen Fächern, sowohl Menschen als auch Ruptu, sorgfältig in Reih und Glied angeordnet. In anderen Fächern sah sie Schüsseln mit schmuckvollen Rankenschnitzereien. Auf dem Grund einer Schüssel war allerdings unverkennbar Dreck verkrustet.
    Dadalore ahnte, dass der Ruptu jede ihrer Bewegungen mit den Augen verfolgte. Sie brachte es nicht über sich, dem Geschöpf den Rücken zuzudrehen. Allerdings musste sie so permanent diesen kalten Blick ertragen. Brachte man diesen Kreaturen denn nicht bei, dass es unhöflich war, jemanden so anzustarren? Sie sah unangenehm berührt zu Boden.
    Der Teppich zeigte eine Ruptu-Armee, wie sie furchteinflößender nicht sein könnte: Gewaltige Kampfechsen mit absonderlich gezackten Waffen und schimmernden Panzern. Und die Art, wie sie in ihrem Marsch die Wüste bezwangen, ließ keinen Zweifel daran, dass sie auch sonst nichts aufhalten könnte.
    Auf dem hinteren Teil der Legion standen zwei schwarze Stiefel.
    Dadalore blickte auf. Zu den Stiefeln gehörte ein Mann mittleren Alters, der in auffallend gerader Haltung vor ihr aufragte. Der Blick der dunklen Augen war streng, das graue Haar über den Schläfen jeweils zu einer Art Horn aufgetürmt.
    »Ich sehe, Ihr genießt es genauso wie ich, diese Tiere mit Füßen zu treten.«
    Dadalore hoffte, sie hätte sich verhört. Sie warf einen ängstlichen Blick zu dem Ruptu hinüber. Der Blick der gelben Augen ruhte auf ihnen.
    »Seht Ihr den Unterschied?«, fragte der Gehörnte.
    »Verzeihung?«
    »Zu unseren Füßen aufrechte Krieger, Tiere zwar, aber mit einem primitiven Ehrbegriff, den der Knüpfer hervorragend eingefangen hat. Dort hingegen ...« Er deutete mit dem Daumen über seine Schulter. » ...nur eine gebrochene Kreatur, niedriger als der niederste Sklave. Das ist Krieg, Eure Capitalobservatorin. Die einen erhebt er zu neuer Größe, die anderen macht er zu Zwergen. Ein Schlag, von dem die Echsen sich nie mehr erholt haben.«
    Dadalore hielt die Luft an. Wenn der Ruptu jetzt nicht angriff, könnte sie vermutlich nackt auf der Pyramidenspitze sitzen, ohne dass er es verhindert hätte.
    »Ich nehme an, es gibt einen besonderen Anlass für Euren Besuch, Frau ...?«
    »Dadalore-Was-soll-das-Dunkle-nachts. Es geht um einen Eurer Schüler.«
    »Ankubu. Ich hörte von seinem Tod.«
    Wenn er Groll gegen den Toten hegte, wie Konmani behauptete, ließ er es sich jedenfalls nicht im Geringsten anmerken.
    »Ich bitte die folgende Frage zu entschuldigen, ich kann sie Euch leider nicht ersparen. Wo wart Ihr gestern am späten Vormittag?«
    »In meinem Meditationsraum.«
    »Kann das jemand bezeugen?«
    »Nur die Götter und Dämonen.«
    »Nicht zum Beispiel Euer ... Diener?« Dadalore registrierte beunruhigt, dass die Echse sie immer noch anstarrte. Sie hatte keine Ahnung, welchen Stellenwert die Aussage eines Ruptu vor Gericht hätte, aber sie wollte keinesfalls aus bloßer Nachlässigkeit eine möglichen Quelle übergehen.
    »Habt Ihr einmal der Vivisektion eines toten Ruptu beigewohnt?«
    »Wie?« Der Gesprächsverlauf war nicht dazu beschaffen, ihr Unbehagen zu schmälern.
    »Ihre Gehirne sind kaum größer als die von Hunden. Versteht Ihr, Eure Capitalobservatorin? Ebensogut könntet Ihr Hyänen und Schakale als Zeugen bemühen.«
    Der Ruptu rührte sich nicht. Er blinzelte nicht einmal.
    »Ja, warum beschäftigt Ihr Euch denn überhaupt mit dem Sezieren toter Ruptu?«, fragte sie abgelenkt.
    Dunkle Augen nahmen sie ins Visier. »Eine

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