Der Nachtelf (German Edition)
hervorragende Frage! Eure Gelehrigkeit sollte die meisten meiner Schüler beschämen. Ihr habt natürlich recht, es gibt keinen vernünftigen Grund dafür.«
Dadalore lächelte nervös.
»Wusstet Ihr, dass man aus Ihnen nicht einmal Lakaien herstellen kann?«
»Das kann man aus Menschen auch nicht«, erwiderte sie sofort. Jetzt erst wurde ihr bewusst, dass er die Antwort als Provokation verstehen könnte.
Doch Fumofred senkte stattdessen den Kopf, bis sein Kinn fast auf dem durchtrainierten Brustkorb lag. »Glaubt Ihr?«
Dadalore legte die Hände übereinander. »Ich muss darauf bestehen, Euch noch einige Fragen zu stellen.«
»Nur zu.«
»Wie standet Ihr persönlich zu Ankubu?«
Die Frage schien ihn zu überraschen. »Er ... war mein Schüler.«
»Das war nicht die Frage.«
»Es ist die Wahrheit«, sagte er laut.
Gestärkt durch den Lakaien beabsichtige Dadalore keineswegs, klein beizugeben. Sie hatte heute schon einmal zu oft geduldet, wie ein Mädchen vor der Initiation behandelt zu werden. »Ich weise darauf hin, dass Ihr mir zur Auskunft verpflichtet seid«, sagte sie scharf.
Unwillig musterte Fumofred sie. »Er war faul. Nicht allein so faul wie die anderen, sondern so faul, dass es zum Himmel stank. Er lernte zu wenig, zu spät. Er machte seine Übungen nicht, er nahm die ganze Ausbildung nicht ernst. Ein Stinker, der den Sklavenring nicht wert war, den er trug. Seid Ihr nun zufrieden?«
Dadalore zog eine Grimasse. »Seid Ihr sicher, dass er nicht doch gewisse Talente hatte? Dass er vielleicht über eine Zaubermacht gebot, die niemand sonst beherrschte?«
Fumofred lachte laut auf. »Seid Ihr sicher, dass Schildkröten nicht Antilopen überholen, wenn Ihr gerade nicht hinschaut?«
Die Capitalobservatorin verschränkte die Arme. »Dieser Stümper, wie Ihr ihn darstellt, hat sich vor meinen Augen in eine Art Dämon mit Reißzähnen und Klauen verwandelt.«
»Ihr scherzt.«
»Keineswegs.«
Fumofred starrte in das Becken der Wasseruhr. »Im Grunde wundert mich das nicht.«
»Was denn nun?«, fragte Dadalore ärgerlich. »War er ein Versager oder ein Großmeister der Zauberei?«
»Ich habe nie behauptet, dass er dumm oder untalentiert wäre«, erwiderte der Ausbilder, ohne sie anzusehen.
»Es kann Euch doch nicht entgehen, wenn einer Eurer Schüler über so außergewöhnliche magische ...«
»Die magische Ausbildung obliegt nicht mir«, schnitt er ihr das Wort ab. »Wenn die Schüler zu mir kommen, ist ihre Ausbildung in Magiekunde längst abgeschlossen. Und glaubt mir, so etwas lernt man auch auf keiner Zauberschule.«
»Wo denn sonst?«
»In einer Zeit, achthundert Jahre vor der unseren.«
Dadalore seufzte. So kam sie nicht weiter. »Kennt Ihr Waltumpe-Was-immer-Ihr-wollt?«
»Die Drude?« Der Ausbilder wandte sich wieder Dadalore zu.
Sie nickte.
»Ich musste zwei Mal an einer öffentlichen Verfluchung teilnehmen, die sie durchführte. Diese Frau ist eine sabbernde Idiotin.«
»Das könnt Ihr so nicht meinen.«
»Ich meine es, wie ich es sage. Sie hat den Verstand verloren.«
Dadalore kaute auf ihrer Unterlippe. »Wisst Ihr, ob Ankubu Kontakt zu ihr hatte?«
Fumofred sah sie grimmig an. »Das sähe ihm ähnlich. Leute wie er suchen schlechten Umgang geradezu.«
»Wie war es denn sonst um seinen Umgang bestellt? Hatte er Feinde?«
»Jede einzelne Regel der Höflichkeit und des Anstands.«
»Freunde?«
»Ich interessiere mich nicht für den Umgang meiner Schüler.«
»Aber ich interessiere mich dafür«, giftete Dadalore ihn an. »Wenn Ihr vielleicht für einen Augenblick Eure himmelschreiende Ignoranz vergessen und Euch entsinnen könntet, dass ein Mensch ermordet worden ist.« Im ersten Moment war sie froh, ihrem Zorn Luft gemacht zu haben. Danach wich die Erleichterung der Beklemmung. Sie war viel zu weit gegangen. Ihr beunruhigter Seitenblick galt dem Ruptu. Was, wenn Fumofred die Echse jetzt auf sie hetzte? Die gelben Augen starrten sie an.
Plötzlich packte der Ausbilder sie mit beiden Händen an den Schultern. Sie erschrak bis ins Mark. Der Mann lachte. »Ihr habt Format, das mag ich!« Er ließ sie wieder los. »Als ich gestern meditierte, hatte ich eine Vision. Ich sah eine Kriegerin. Ich meine keine einfache Soldatin, die sich hinter ihrem Speer versteckt und auf Frieden hofft. Ich meine eine richtige Kriegerin, wie es sie heute nur noch selten gibt. Sie führte ein goldenes Schwert im Kampf gegen eine gigantische Bestie. Am Ende rammte sie dem Monstrum die Waffe tief
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