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Der Nachtelf (German Edition)

Der Nachtelf (German Edition)

Titel: Der Nachtelf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Tillmanns
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bei den Himmlischen, hatte der Prinzipalprotektor der königlichen Wache in diesem Protokoll verloren? Immer schneller überflog Dadalore auch die folgenden Zeilen. Dieser Aufzeichnung zufolge hatten Ghalikan und Patmelu die Tat gemeinsam verübt, die Schilderung zog sich so bis zum Ende durch. Nein, da folgte noch mehr! Verblüfft blätterte sie zwischen den letzten Seiten des Protokolls hin und her. Das waren noch völlig andere Aussagen. Nachbarn von Marmara meldeten sich zu Wort, unbescholtene Bürger, die mit ihren Angaben die Behauptungen der Hure bestätigten. Sie hatten Ghalikan und Patmelu kommen sehen, und sie hatten Marmaras Schreie ebenso gehört wie die Drohungen des Obersten Hexenmeisters und die lüsternen Ausrufe des Prinzipalprotektors. Jedenfalls stand das alles hier.
    Vielleicht lag es an dem Lakaien, vielleicht an ihrer grenzenlosen Verblüffung, dass ihr Verstand so langsam arbeitete, aber erst nach und nach kam ihr zu Bewusstsein, was das bedeutete.
    Es war das Problem ihrer Ermittlungen in den Palastmorden gewesen, dass Ghalikan durch Patmelu Kenntnis von den Ermittlungen hatte. Jetzt hielt sie den Beweis in den Händen, dass beide unter einer Decke steckten, der Decke einer Hure.
    Es war das Problem ihrer Nachforschungen bei Marmara gewesen, dass sie nichts weiter als die Aussage einer Kurtisane hatten. Natürlich würde ihr niemand glauben, wenn der Oberste Hexenmeister das Gegenteil behauptete. Jetzt hielt sie die Zeugenaussagen von drei weiteren Nachbarn in den Händen, die Marmaras Aussagen bestätigten.
    Mit diesen Beweisen konnte sie Ghalikan zweifelsfrei überführen und für den Rest seines Lebens in einen der hängenden Käfige sperren.
    Die leise Stimme des Misstrauens begann in ihrem Geist zu wispern. Warum hatte Marmara diese Aussage erst gemacht, als sie mit Valenuru allein war? Plötzlich konnten gleich drei Nachbarn sich an ein Ereignis, das zehn Jahre zurücklag, sehr genau erinnern. Es durfte einfach nicht sein, dass diese Aussagen bloße ...
    Dadalore begann unruhig auf und ab zu laufen. Der Capitaloberobservator würde doch nicht etwa die Skrupellosigkeit besitzen, vier komplette Zeugenaussagen zu fälschen? Dass er das alles nur tat, um ihr zu helfen, machte die Sache nur noch schlimmer. Dieser fehlgeleitete Irre!
    Halt! Sie durfte ihn nicht vorverurteilen. Es wäre zutiefst undankbar, so schlecht über einen Menschen zu denken, der sie in der kurzen Zeit seines Hierseins bereits so gut unterstützt hatte. Möglicherweise tat sie ihm Unrecht. Vielleicht war er einfach ein hervorragender Ermittler und hatte Dinge zutage gefördert, die ihre Nachforschungen einen entscheidenden Schritt voran brachten? Sie würde ihn so schnell wie möglich zur Rede stellen. Sie musste wissen, ob auf diese Aussagen Verlass war.
    Dummerweise war er nun fort.
    Da fiel ihr ein, dass er erwähnt hatte, noch kurz mit Bamulaus sprechen zu wollen. Womöglich war er doch noch im Gebäude. Dadalore warf den Lederbeutel hinter ihren Tisch und stürmte, die Protokolle wie die Reichsflagge vor sich her schwenkend, in Richtung der Dienststube der Capitalprotektoren.
    Sie kam genau bis in den Flur vor ihrem Zimmer, da hörte sie das Klopfen.
    Jemand pochte an das Außenportal.
    Exu sei verflucht, konnte das nicht warten? Andererseits: Wenn Valenuru noch im Hause war, würde er die Capitalobservationskammer durch genau dieses Tor verlassen müssen. Sie konnte ihn also unmöglich verfehlen, wenn sie hier Stellung bezog.
    Es klopfte erneut.
    Nun gut. Sie öffnete das Portal.
    Ein weißhäutiger Sklave stand vor ihr. Er trug nur einen Lendenschurz, sodass man den Schweiß auf seiner Brust sehen konnte. Er hielt einen prall gefüllten Lederbeutel. »Eure Capitalobservatorin Dadalore-Was-soll-das-Dunkle-nachts?«
    »Die bin ich.«
    Der Sklave verbeugte sich. »Chugukar-Wer-braucht-schon-Pausen, Bote im Dienste der Zentralkommandantur. Ich bringe Euch die Mittel für dieses Quartal.«
    »Danke«, sagte Dadalore knapp und nahm den Beutel entgegen. »Entrichtet dem Zentralkommandanten meine Grüße.«
    »Gerne. Lobet die Wirklichkeit!«
    »Lobet die Wahrheit!«
    Dadalore war bereits im Begriff, das Tor wieder zu schließen, da schrillten ihr plötzlich sämtliche Alarmglocken.
    »Stehenbleiben! Keinen Schritt weiter, Chugukar!«
    Der Bote hielt inne. »Eure Capitalobservatorin?«
    »Seit wann bekommen wir zweimal im Quartal Mittel zugesandt?«
    »Ich verstehe nicht.« Die Verblüffung des Sklaven wirkte echt. Oder

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