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Der Nachtelf (German Edition)

Der Nachtelf (German Edition)

Titel: Der Nachtelf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Tillmanns
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Aufgabe hier beendet war. So kam es zum Exodus der Eremiten. Meine Brüder gingen in die Wüste. Und nur ich blieb zurück. Als Prophet einer besseren Zeit, die dereinst kommen wird. Und als Prophet des Untergangs aller, die nicht ablassen von ihrem frevelhaften Tun.«
    Das war ja nicht zum Aushalten! »Ist die Luft hier oben vielleicht zu dünn für Euch? Merkt Ihr nicht mehr, was Ihr für einen Unfug redet? Wem wollt Ihr denn in Eurem Turm Predigten halten, wenn Ihr nicht einmal jemanden hineinlasst?«
    »Euch.«
    Dadalore fuchtelte hilflos in der Luft herum. »Was?«, schrie sie.
    »Ihr seid der Schlüssel.«
    »Ich bin Capitalobservatorin!« Ihr Dienstgrad gab ihr Halt. Sie würde sich nicht noch einmal so zum Narren machen lassen. Sie musste es endlich schaffen, das Gespräch in geordnete Bahnen zu lenken. »Ich werde Euch jetzt einige Fragen stellen«, knurrte sie. »Und ich erwarte wahrheitsgemäße Antworten. Und falls Ihr noch einmal auf die Idee kommen solltet, dass Ihr so wahnsinnig bescheiden seid, dass ich Euch nichts mehr nehmen könnte, denkt vielleicht einmal daran, dass ich Euch immer noch das Leben nehmen kann. Ich trage die Kraft von genügend Lakaien in mir, um Euch mit dem kleinen Finger zu erschlagen!«
    »Bedient Euch nicht der Kräfte anderer«, wisperte der Alte.
    »Ich bediene mich genau der Dinge, dir mir passen!«
    Die tief liegenden Augen des Eremiten drückten einen stummen Vorwurf aus. »Was Ihr tut, lästert der Ordnung der Dinge.«
    Dadalore stieg die Zornesröte auf. »Ihr seid nicht zufrieden, bevor Ihr aber auch wirklich alles, was wahrhaftig ist, verdreht habt, nicht wahr? Die Herstellung von Lakaien ist eine dem Tyrtalla heilige Handlung.«
    Ein Ausdruck des Kummers bemächtigte sich des Verrückten. »Euer Irrtum wiegt schwerer, als Ihr Euch vorstellen könnt«, hauchte die tonlose Stimme. »Jedes Mal, wenn Ihr einen Lakaien verwendet, zehrt ihr die unsterbliche Seele eines Tieres auf. Sie wird niemals mehr eingehen in den Himmel, niemals mehr hinab fahren in den Abgrund. Sie ist für immer aus allen drei Welten getilgt.«
    »Völliger Unfug!«, brüllte Dadalore. »So etwas würden die Schamanen niemals dulden. Ihr lügt!« Sie fuhr mit nur mühsam unterdrücktem Zorn fort: »Ich werde Euch jetzt die Fragen stellen, die ich Euch zu stellen habe. Und ich rate Euch dringend, sie wahrheitsgemäß zu beantworten!« Sie funkelte den reichsverräterischen Greis an, hoffend, dass ihre Drohung irgendeine Wirkung zeigen würde. Aber der Alte hockte dort wie ein phlegmatischer Ruptu.
    Zumindest kam kein Widerspruch mehr.
    »Ihr werdet mir jetzt sagen, wo Ihr Euch vor drei Tagen aufgehalten habt.«
    »Hier.«
    Gut, das war zu erwarten. »Verfügt Ihr über die nötige Zaubermacht, um ungesehen in den Alabasterpalast zu gelangen?«
    »Nein.«
    Hm, das war genau genommen auch zu erwarten gewesen. Immerhin verleugnete der Alte seine Gottheit oder Dämonin. Natürlich hatte ihn seine Zaubermacht verlassen. Und es schien unwahrscheinlich, dass dieser Starrkopf vor kurzem noch religiös gewesen sein sollte. Im Grunde war sie hier völlig fehl am Platze. Sie war hergekommen, weil sie in dem Eremiten den einzigen mächtigen Zauberkundigen gesehen hatte, den sie noch nicht befragt hatte. Und den einzigen, der kein Alibi für die Tatzeit hatte. Aber nun stellte sich heraus, dass Rafikifred – oder wie immer dieser Verrückte wirklich hieß – ungefähr so magisch wie ein Nilpferdhintern war. Was suchte sie hier eigentlich noch? Sie war schon wieder keinen Schritt weiter gekommen und morgen war die sagardverfluchte Achthundertjahrfeier! Zu der Wut auf den Eremiten gesellte sich die Wut auf sich selbst. Die Macht von zehn Lakaien für nichts. Ohnmächtig stand sie hier, während dieser Verräter von Himmel und Abgrund es wagte, Ihrer zu spotten. Dadalore verengte die Augen zu Schlitzen. »Wisst Ihr irgendetwas über den Mord an drei Ruptu?«
    »Ihr werdet bei mir keine Antworten finden, die in Eurem eigenen Geist verborgen sind«, flüsterte Rafikifred.
    Dadalore brüllte. »Eure verdammte Ersatzreligion interessiert mich einen Dreck!«
    Der Alte flüsterte ungerührt weiter. »Wenn Euer Wille zu hinfällig ist, ist alles verloren. Ihr seid zu schwach für Eure Aufgabe.«
    Dadalore sah wie eine hilflose Zuschauerin ihre eigene Faust in das Gesicht Rafikifreds fliegen. Mitten in die selbstgefällige Fratze des Alten. Der Körper des Greises, der so unerschütterlich dort gehockt hatte, knickte weg

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