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Der Naechste bitte!

Der Naechste bitte!

Titel: Der Naechste bitte! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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Passagier am Fenster half mir, den Bewusstlosen der Länge nach in den Gang zu legen. Ich beugte mich über ihn, das Ohr dicht über seiner Nase und seinem Mund. Als ich merkte, dass er nicht mehr atmete, wurde ich panisch, wühlte im Erste-Hilfe-Koffer nach der Beatmungsmaske, legte sie ihm aufs Gesicht und atmete langsam und kräftig in seinen Mund. Sein Brustkorb hob und senkte sich sanft. Ich legte ihm Zeige- und Mittelfinger auf die Halsschlagader, in der Hoffnung, einen Puls zu spüren. Nichts.
    O Gott, o Gott. Verzweifelt blickte ich den Gang hinunter. Das Mädchen war noch dabei, Clay von dem Vorfall zu berichten. Ich wusste, dass mir keine Zeit blieb, auf ihn und den Defibrillator zu warten. Ich musste sofort handeln! Verflixt, wie war das noch mal? Ach ja, zieh eine imaginäre Linie zwischen den Brustwarzen, nimm den Mittelpunkt und beginne mit der Herzmassage, betete ich stumm die Regeln herunter. Was, wenn ich ihm dabei eine Rippe brach?
    Ich bemerkte, dass sein Gesicht schneeweiß war und seine Lippen einen leichten Stich ins Bläuliche hatten. In dem Wissen, dass es vermutlich längst zu spät war, atmete ich tief ein und überließ meinen im Unterbewusstsein verschollenen Erste-Hilfe-Kenntnissen die Zügel, bis Clay und Jennifer eintrafen. Clay half mir, das Hemd des Mannes aufzuschneiden, ihm die Brust zu rasieren und die klebrigen Pads an den richtigen Stellen anzubringen, während Jennifer losrannte, um einen Arzt ausrufen zu lassen und sich um das verstörte Teenager-Mädchen zu kümmern.
    Im Laufe der Jahre hatte ich diverse kleinere medizinische Notfälle miterlebt, glücklicherweise war jedoch stets ein Arzt, eine Krankenschwester oder ein Rettungssanitäter an Bord gewesen. Dieses Mal dagegen, da es um Leben oder Tod ging, waren Clay und ich auf uns alleine gestellt. Verzweifelt versuchten wir, Luft in die Lungen des Mannes zu pusten und ihn zum Leben zu erwecken, bis wir schließlich wieder in San Juan landeten, ein Notarzt samt Team an Bord gestürmt kam und ihn auf einer Trage fortbrachte.
    Wie betäubt und völlig durchgeschwitzt standen wir da. Ich sah, wie eine Atlas-Mitarbeiterin die Tochter des Toten von Bord begleitete. »Mein Dad!«, schrie das Mädchen immer wieder. Aber mir fiel beim besten Willen nichts ein, das ich zu ihr hätte sagen können. Es war bereits zu spät gewesen, als ich mich um den Mann gekümmert hatte.
     
    Endlich auf dem Kennedy-Flughafen, erwartete uns die übliche Schar Vorgesetzter.
    »Alles in Ordnung bei euch?«, erkundigte sich Dotty, eine Südstaatenblondine mit lockigem Pony und einem veilchenfarbenen Anzug, der ihr seit 1987 nicht mehr richtig passte.
    »Ihr müsst dringend diese Formulare hier ausfüllen«, sagte Shannon, unsere überängstliche und unterqualifizierte Bodenpersonalmanagerin.
    »Ihr habt doch noch nicht mit der Presse gesprochen?« Die Frage stammte von Lawrence, meinem direkten Vorgesetzten, den ich auf den Tod nicht ausstehen konnte.
    Ich hielt kurz die Luft an und ging einfach weiter. Auf so eine Frage würde ich erst gar nicht antworten. Was dachte sich dieser aufgeblasene Kerl eigentlich? Dass ich noch vom Bordtelefon aus CNN kontaktiert hatte? Dass mein Manager mir bereits die Rechte an der Story gesichert hatte?
    Der Vater eines Teenies war gerade vor meinen Augen gestorben, und dieser Trottel hatte nichts Besseres zu tun, als sich um das Image der Fluggesellschaft zu sorgen?
    Ich sah zu Clay hinüber, der von mehreren Schlipsträgern umringt war. Im Gegensatz zu mir war er beim Eintreten des Todes offiziell im Dienst gewesen. Es blieb ihm also nichts anderes übrig, als die Flut von Fragen zu beantworten, während ich die Chance nutzte, mich zu verdrücken, auch wenn das politisch nicht ganz korrekt war. Doch ich brauchte dringend ein wenig Ruhe.
    Ich zog den Trolley hinter mir her und ging mit schnellen Schritten die Flugzeugbrücke entlang, in der Hoffnung, Lawrence abzuschütteln.
    »Hailey, ich weiß, dass Sie einen traumatischen Flug hinter sich haben, aber Sie können jetzt nicht einfach davonlaufen.« Er war nur wenige Schritte hinter mir. »Wir müssen darüber reden. Unter vier Augen.«
    »Ich gehe jetzt nach Hause und schicke Ihnen morgen meinen Bericht per E-Mail«, rief ich ihm über die Schulter zu, als ich das Terminal betrat und schnurstracks auf den Ausgang zuhielt.
    Keine zehn Pferde hätten mich zu einem Vieraugengespräch mit ihm bewogen. Schließlich hatte dieser Mistkerl mich schon mal abgemahnt, weil ich

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