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Der Naechste bitte!

Der Naechste bitte!

Titel: Der Naechste bitte! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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mich erdreistet hatte, während eines Jahrhundertschneesturms mit Fellstiefeln zum Flughafen zu fahren. Dass ich vor meinem offiziellen Dienstbeginn in die vorgeschriebenen Pumps geschlüpft war, hatte ihn dabei nicht interessiert. Vermutlich hatte ich Atlas einen unwiderruflichen Imageschaden zugefügt, weil die Crack-Abhängigen, die um vier Uhr morgens an der Bushaltestelle an der Ecke 125. und Lexington herumlungerten, den Anblick meiner Schneestiefel hatten ertragen müssen. Aber das war längst nicht alles, was Lawrence an mir auszusetzen hatte. O nein. Im Laufe der letzten Jahre hatte er mir Standpauken gehalten, weil ich
     
     
    Ohrringe angelegt hatte, die größer als ein Vierteldollarstück waren;
    die Dreistigkeit besessen hatte, die Haare so zu frisieren, dass sie die obere Kante meines Kragens bedeckten;
    mich bei stürmischem Wetter für blickdichte Strumpfhosen entschieden hatte;
    zwei Silberringe an ein und derselben Hand, aber an verschiedenen Fingern getragen hatte;
    ein unvorschriftsmäßiges Gepäckstück benutzt hatte – an diesem Punkt muss erwähnt werden, dass mein Trolley auseinandergebrochen war (in weiser Voraussicht hätte ich einen Ersatzkoffer mitnehmen können, was wiederum gegen die Nur-ein-Gepäckstück-Regel verstoßen hätte);
    während des Boardings keinen Blazer getragen hatte (allerdings nur, weil es draußen knapp unter und in der Kabine weit über vierzig Grad heiß und es uns aus Sparmaßnahmen untersagt war, die Klimaanlage anzuschalten);
    beim Kaugummikauen in Uniform gesehen worden war;
    meinen Firmenausweis nicht vorschriftsmäßig an einem Band mit Firmenlogo befestigt hatte.
     
     
    Eines Morgens war er sogar so weit gegangen, mich vor einen Spiegel zu zerren, damit ich über mich und die folgenden Maximen nachdenken konnte: »Image ist alles« und »So sehen Ihre Kunden Sie«.
    Ich hatte Mitleid mit den Passagieren. Nicht genug damit, dass sie es mit einer überarbeiteten und unterbezahlten Flugbegleiterin mit Rändern unter den Augen zu tun bekamen, die dazu verdonnert war, eine potthässliche Uniform zu tragen. (Dafür, dass sich ihr Haar weigerte, sich in einen französischen Zopf verwandeln zu lassen, konnte sie ja nun wirklich nichts.) Nein, neben ihr stand auch noch ein absoluter Armleuchter mit überzupften Augenbrauen, schlechtem Make-up und einem Napoleonkomplex, an dem die besten Psychiater Manhattans ihre Freude hätten.
    Kein Wunder, dass sie ihn nicht nach oben lassen, dass er ein Dasein in den Katakomben des JFK-Flughafens fristen muss, hatte ich bei mir gedacht, als er mit dem Finger auf die winzigen Haarsträhnen gedeutet hatte, die der Gefangenschaft der Haarklammern erfolgreich entkommen waren.
    »So etwas wollen Passagiere nicht sehen«, hatte er mir erklärt. »Vielleicht sollten Sie es mal mit einem stärkeren Haarspray probieren.«
    Ausgerechnet dieser Kerl wollte mich nun unter vier Augen sprechen? Keine Chance. Gab es denn keinen wichtigen Papierkram, den er zu erledigen hatte? Vorgesetzte, denen er in den Hintern kriechen sollte? Oder Glühlampen, die dringend ausgewechselt werden mussten? Ich trat durch die schlierige Glastür ins Freie und steuerte auf die Bushaltestelle zu. Ob er mir gefolgt war? Zum Glück nichn.
     
     
9
     
    Vollkommen aufgelöst kam ich bei Kat an. Für wie viele Katzenleichen werde ich wohl verantwortlich sein?, fragte ich mich immer wieder, während ich den Flur entlanglief und mich innerlich gegen alle möglichen Horrorszenarien wappnete. Würde ich drei bis auf die Knochenabgemagerte Perserkatzen auf dem Küchenboden vorfinden, die mich mit ihren verhungernden Augen anklagend anstarrten? Oder würde Kat mit vernichtendem Blick am Tischende sitzen, umringt von einem Trupp Staranwälten, die nur daraufwarteten, mich wegen grober Fahrlässigkeit in den Boden zu stampfen?
    Zögernd stand ich im Türrahmen, verunsichert, ob ich den Mut für den nächsten Schritt aufbrachte. Ich atmete tief ein und lief schnurstracks in die Küche, wo Harold, Conrad und William auf mich zugerast kamen – wie eine Szene aus der Fernsehserie Wenn Tiere angreifen. Ihre winzigen weißen Krallen klackerten auf dem Steinboden, während ihre blauen Augen auf ihre Beute gerichtet waren – mich. Ich blieb wie angewurzelt stehen. Für den Bruchteil einer Sekunde dachte ich darüber nach, in meinem Zimmer Zuflucht zu suchen. Dann ließ ich mein Gepäck fallen. Was auch immer als Nächstes kommen mochte, ich hatte es verdient.
    Statt mir die

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