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Der Naechste bitte!

Der Naechste bitte!

Titel: Der Naechste bitte! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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die Hand, wählte die angegebene Nummer und schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass Lisette noch keinen Untermieter gefunden hatte.
    Schweißgebadet und röchelnd kam ich in der fünften Etage an. Ich schwor mir, mich in einem Fitnessclub anzumelden, sobald ich eingezogen war. Ehe ich an Lisettes Tür klopfte, fuhr ich mir noch mal durch die Locken. Die Tür öffnete sich, und ich staunte nicht schlecht. Vor mir stand Lisa, mit der ich seinerzeit die Ausbildung gemacht hatte.
    »Oh, hallo«, sagte ich und fuhr mir mit dem Handrücken über die verschwitzte Stirn, in der Hoffnung, dass sie mir das Zimmer nicht vor der Nase weggeschnappt hatte. »Ich wollte eigentlich zu Lisette.«
    »Das bin ich«, sagte sie, machte Platz und gab den Blick frei auf eine winzige, vollgestellte Wohnung ohne natürliche Lichtquelle.
    »Moment mal, du bist Lisette?«, fragte ich und blieb verwirrt auf der Türschwelle stehen. Zugegeben, sie hatte sich verändert. Ihr brauner Pferdeschwanz war einer pechschwarzen, strengen und kinnlangen Frisur gewichen. Ihre einstige Tubenbräune hatte sich in ein blasses, milchiges Weiß zurückverwandelt. Doch es bestand kein Zweifel. Vor mir stand jene Lisa, die mich bei einer »Notlandung im Ozean«, die wir im Atlaseigenen Swimmingpool hatten nachstellen müssen, ins Rettungsfloß gezogen hatte.
    »Ich habe den Französischtest bestanden und fliege nur noch Nizza, Lyon und Paris«, sagte sie, als beantwortete das alle Fragen.
    Ich nickte und kramte verzweifelt in meinem Gedächtnis nach etwas, das wir damals im Süden vor sechs Jahren gemeinsam erlebt hatten.
    »Sieh dich ruhig um«, sagte sie voller Stolz. »Dort ist die Küche, hier das Badezimmer mit Wanne und Dusche, und das ist die Tür zu meinem Zimmer.« Ihr Zeigefinger deutete auf alle wichtigen Bestandteile der kleinen Wohnung.
    »Wie findest du’s?«, erkundigte sie sich, in der Hoffnung, ich möge mich vor Begeisterung überschlagen.
    »Na ja …«, sagte ich, um Zeit zu gewinnen, und ließ den Blick von der halb vertrockneten Zimmerpflanze in einer Ecke über den schmuddeligen und zerschrammten Holzfußboden bis zur abgeblätterten gelben Wandfarbe gleiten. Eins war mir klar: Das hier konnte nur eine Notlösung sein. »Könnte ich mal einen Blick in das Zimmer werfen, das wir uns teilen würden?«
    »Oh, wir teilen uns kein Zimmer«, antwortete sie und schüttelte herrisch den Kopf. »Das Schlafzimmer ist mein Zimmer. Du kannst auf dem Sofa schlafen. Angeblich ist es ganz bequem«, sagte sie und strich mit ihren kurzen roten Fingernägeln über die braune Armlehne, als präsentierte sie Produkte bei einem Shopping-Kanal.
    Der Anblick des abgewetzten Cords trieb mir fast die Tränen in die Augen. Da ich jedoch entschlossen war, Nägel mit Köpfen zu machen, wischte ich mir noch einmal den Schweiß von der Stirn, nickte und sagte: »Einverstanden. Wie hoch wäre mein Mietanteil?«
    Sie warf mir einen langen Blick zu. »Da du auf der Couch schlafen müsstest, habe ich beschlossen, dass du etwas weniger als die Hälfe zahlst.« Sie lächelte.
    »Wie viel wäre das genau?«, hakte ich nach. Ich war nicht in der Stimmung für Spielchen.
    »Ein Tausender pro Monat plus die Hälfte der Nebenkosten«, sagte sie ohne Umschweife.
    »Fürs Sofa? Willst du mich für dumm verkaufen?«, antwortete ich und starrte sie ungläubig an.
    »Die Miete beträgt zweitausendzweihundert! Ich zahle mehr als du!«, hielt sie dagegen.
    »Ja, aber du hast ja auch eine Tür, die du zumachen kannst, während ich hier auf dem Präsentierteller schlafe!«, erklärte ich ihr und fühlte mich hundeelend, weil ich so tief gesunken war, dass ich um ein versifftes Sofa feilschte.
    »D’accord«, seufzte sie theatralisch. »Neunhundertfünfzig.«
    »Neunhundert«, sagte ich mit zusammengekniffenen Augen.
    »Einverstanden.« Sie klatschte zweimal in die Hände, um zu signalisieren, dass das Tauziehen beendet war.
    Kopfschüttelnd setzte ich mich auf das heruntergekommene, durchgesessene Sofa, das ab sofort mein Bett sein würde, und stellte ihr einen Scheck für zwei Monate aus – für den ersten und den letzten, wie ich hoffte. Wenn ich Glück hatte, war der erste auch gleichzeitig der letzte.
    »Ich komme später wieder und bringe meine Sachen her«, sagte ich, nachdem wir Scheck gegen Schlüssel getauscht hatten.
    Auf dem Weg zur Tür blieb ich stehen, drehte mich um und blickte von Lisette zum Sofa. Mir war klar, dass sie mich über den Tisch gezogen hatte. Wenn ich

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