Der Naechste bitte!
mich, welcher von beiden wohl für mich bestimmt war. Dann trottete ich hinter dem Trio her zum Hotelausgang und trat auf die Straße, wo wir ein Taxi anhielten.
Irgendwann zwischen der Linsensuppe mit Zimtaroma und dem Kardamomeis war klar, dass Cindy und Daniel sich prächtig verstanden. Das hatte zur Folge, dass mir mehr Aufmerksamkeit von Mark zuteil wurde, als mir lieb war.
»Was unternehmen wir nach dem Essen?«, fragte meine Mutter in die Runde und klang dabei wie ein rebellierender Teenager, der trotz Stubenarrest um die Häuser zog.
»Ein paar Blocks weiter hat ein neuer Club eröffnet. Wie wär’s mit Cocktails und Live Jazz?«, schlug Daniel vor, rutschte in wenig näher an sie heran und fuhr mit dem Finger über ihren Arm.
»Wenn’s euch nichts ausmacht, klinke ich mich an dieser Stelle aus«, sagte ich und schleuderte Cindy einen vielsagenden Blick entgegen.
»Die Nacht ist doch noch jung!«, protestierte sie.
»Ja, aber ich habe den ganzen Tag gearbeitet und bin ziemlich erledigt«, erwiderte ich und ließ meinen Worten zur Sicherheit ein langes Gähnen folgen.
»Na und? Ich bin auch den ganzen Tag geflogen und fühle mich großartig!« Sie strahlte.
»Du musstest dabei aber auch keine Polyesteruniform tragen und einen knapp hundert Kilo schweren Getränketrolley vor dir herschieben!« Ich schickte einen vernichtenden Blick über den Tisch.
Doch sie zuckte nur die Achseln, griff nach ihrer Handtasche, zog einen Hotelschlüssel in Form einer Plastikkarte aus ihrem Louis-Vuitton-Portemonnaie und ließ ihn über den Tisch schlittern. »Hier. Wir wohnen in Suite drei-null-sechs. Bis nachher«, sagte sie.
Wie vor den Kopf geschlagen saß ich da und spürte, wie mir die scharfen Kanten der Karte in den Handteller schnitten, während meine Mutter sich zu Daniel hinüberlehnte und wie ein Girlie kicherte, als er ihr etwas ins Ohr flüsterte.
Konsterniert riss ich meine Handtasche an mich, stand auf und stapfte in Richtung Ausgang. Dass Mark mir noch etwas nachrief, überhörte ich geflissentlich.
Wutentbrannt hastete ich den Flur entlang und spielte mit dem Gedanken, Cindy eins auszuwischen, indem ich mich in ein Taxi setzte und auch diese Nacht auf dem Sofa des Grauens verbrachte. Als ich aber die Tür aufschloss und das hübsche, saubere und stilvoll eingerichtete Hotelzimmer betrat, wurde mir klar, dass ich mir nur ins eigene Fleisch schnitt, wenn ich schmollend zu Lisette fuhr. Dafür hatte ich schon zu viel durchgemacht!
Ich schleuderte die Pumps von mir, schälte mich aus der Jeans und warf mein schwarzes Top über eine Stuhllehne. Dann ging ich ins Bad, um mich an all jenen Luxusartikeln zu erfreuen, die ich mir im echten Leben nicht leisten konnte. Nachdem ich mir das Gesicht gewaschen, mich mit der nach Zitronen duftenden Designerlotion eingecremt und das coole neue Parfüm meiner Mutter ausprobiert hatte, schlüpfte ich unter die edle Bettdecke und beobachtete den hoteleigenen Goldfisch dabei, wie er in seinem schicken, minimalistischen Glasgefängnis seine Runden drehte.
Irgendwann drehte ich mich auf die andere Seite, blickte auf die Uhr und wartete.
Ready-Position
Flugbegleiter gehören auf den Notsitz, die Füße leicht gespreizt, Hände mit Handflächennach oben unter den Oberschenkeln.
12
Schläfst du noch?«
Ich öffnete die Augen, weil meine Mutter mich an der Schulter rüttelte, und bemerkte, dass sie auf mich herunterstierte.
»Wie spät ist es?«, fragte ich verschlafen, rieb mir die Augen und blinzelte zu ihr hinauf.
»Zeit, aufzustehen!«, trällerte sie, zog die Vorhänge zurück und ließ das grelle Morgenlicht herein.
Mit einem Blinzeln schielte ich auf den Wecker neben mir und stellte erschrocken fest, dass es schon halb elf war. So lange hatte ich seit meinem letzten Europaflug nicht mehr geschlafen. Ich gähnte herzhaft und sah wieder zu meiner Mutter. War sie gerade erst zurückgekommen?
»Ich habe einen tollen Plan!«, verkündete sie, lächelte mich aufgeregt an und kniff mir durch die dicke Baumwolldecke in den großen Zeh.
Ein Blick auf das andere Bett – jenes, in dem sie eigentlich hätte schlafen müssen – verriet mir, dass es noch jungfräulich war. Jetzt entdeckte ich auch, dass sie noch immer dieselben Kleider wie am Abend trug und dass ihre Wimperntusche leicht verschmiert war. In dem Moment ging mir ein Licht auf: Ach, du meine Güte! Meine Mutter ist der personifizierte Morgen danach.
»Bist du etwa jetzt erst
Weitere Kostenlose Bücher