Der Naechste bitte!
Models, Fotografinnen, Künst lerinnen, Lehrerinnen, Börsenmaklerinnen, Finanz analystinnen, Fitnesstrainerinnen oder Geschäftsfrauen arbeiteten. Meiner Meinung nach war es eine Frage des Lebensstils, sich für den Beruf des Flugbegleiters zu entscheiden, und kein Akt der Verzweiflung.
»Dann sind Sie also Stewardess?«, fragte er mit leuchtenden Augen.
»Ja«, antwortete ich zögerlich und zuckte bei dem Wort Stewardess zusammen. Man musste ihm zugute halten, dass er schon ein wenig älter war. Und dass er für seine Wortwahl gefeiert wurde. Da stand es mir wohl kaum zu, ihn zu korrigieren.
»Ich hole Ihnen noch etwas zu trinken, und dann möchte ich alles über Ihren Job erfahren«, sagte er, nahm mir mein Glas aus der Hand und steuerte die Bar an.
Ich nutzte die Gunst der Stunde und ließ den Blick durch den Raum schweifen. Es war erstaunlich, wie schnell man in der Gunst anderer steigen konnte, denn auf einmal betrachteten mich viele der Anwesenden voller Interesse. Eben noch hatte ich mich wie ein hässliches Entlein gefühlt, und jetzt plauderte ich zwanglos mit dem Ehrengast, gerade weil ich mich von der Masse abhob. Wenn sich zwischen Harrison und mir tatsächlich so etwas wie eine Freundschaft entwickelte, würde er vielleicht irgendwann mein Manuskript lesen und mir wertvolle Tipps geben. Was für eine Vorstellung: Harrison und ich treffen uns beim Starbucks um die Ecke, essen gemeinsam ein paar Kekse und plaudern über Bücher …
»Hailey!« Ich wandte mich um und erblickte Dane, eine umwerfende Schönheit am Arm.
»Freut mich, dass Sie es einrichten konnten.« Er lächelte. »Das ist Cadence«, sagte er und deutete mit dem Kopf auf die Augenweide mit den langen, glatten, schwarzen Haaren, makellos brauner Haut, großen, unschuldigen Rehaugen, Beinen bis zum Himmel und einer Oberweite, die sich auch ohne BH in einer senkrechten Position befand.
»Hi.« Ich lächelte ebenfalls, fühlte mich aber mit einem Mal wie eine Landpomeranze. Nur zu gerne hätte ich gewusst, ob das ein Künstlername war oder ob sie wirklich so hieß.
»Wir wollten nur kurz vorbeischauen. Wir haben gleich noch eine Verabredung mit Cadences Agent«, sagte er.
Agent? Arbeitete sie als Model oder bei einem Begleitservice? Mit oder ohne Sex? Zugegeben, mein Verhalten war unreif und kindisch, doch Gedanken sind bekanntermaßen frei. Mit einem gekünstelten Lächeln sah ich mich um und fragte mich, warum Harrison nicht zurückkam. Dane an der Seite dieser Traumfrau zu erblicken weckte in mir den Wunsch, mich an der Seite des Ehrengastes zu präsentieren.
»Sind Sie alleine gekommen?«, wollte Dane wissen und warf mir einen mitleidigen Blick zu.
»Nein!«, sagte ich und suchte hektisch nach Harrison.
»Ich meine ja. Aber ich habe jemanden kennengelernt, der mir gerade etwas zu trinken holt.« Ich nickte und fragte mich, was wohl schlimmer war: die Tatsache, dass ich verunsichert klang, oder dass ich unwissentlich mit britischem Akzent gesprochen hatte?
Schweigend standen wir da und warteten, dass irgendetwas passierte. Just, als ich ansetzen wollte, um etwas zu sagen, kam Harrison zurück. »Wie ich sehe, habt ihr meine Freundin, die Stewardess, bereits kennengelernt«, sagte er und reichte mir eine Sektflöte.
»Sie sind Flugbegleiterin?«, fragte Dane mit einem Gesichtsausdruck, aus dem ich nicht ganz schlau wurde.
Immerhin hat er sich für die politisch korrekte Berufsbezeichnung entschieden, dachte ich und fuhr mir achselzuckend mit der freien Hand durch mein langes, unbändiges, Anti-Cadence-Haar.
»Was macht Ihr Buch?«, erkundigte sich Harrison bei Cadence und legte mir den Arm um die Schulter.
Buch? Welches Buch? Ich stierte sie fassungslos an. Bitte lass es einen Ratgeber sein. Einen Band mit Schönheitstipps. Bitte lass das Leben nicht so unfair sein, dass sie neben den vielen Vorzügen, die sie ohnehin schon hat, auch noch mit schriftstellerischem Talent gesegnet ist.
»Die ersten Rezensionen treffen gerade ein. Soweit ich es beurteilen kann, kommt es bislang ganz gut an«, antwortete sie mit einem bescheidenen Lächeln und entblößte ihre strahlend weißen Zähne.
»Cadence hat einen Band mit Kurzgeschichten veröffentlicht«, erklärte Dane. »Sie wird schon als nächste Jhumpa Lahiri gehandelt.«
Ach, ist das alles? Ich heuchelte Interesse, während in meinem Innern pure Eifersucht tobte.
»Es war nett, Sie kennenzulernen, Hailey. Aber wir müssen uns so langsam auf den Weg machen«, sagte sie mit einem
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