Der Naechste bitte!
alleine im Schlafzimmer gestanden hatte. Jetzt, in Cadences Gegenwart, die in einem hautengen, eleganten Kostüm steckte, wünschte ich mir nichts sehnlicher, als dass sich die Erde unter mir auftun und mich bei lebendigem Leibe verschlingen möge.
Wir schwiegen uns an. Besser gesagt, Dane und ich hüllten uns in Schweigen, während Cadence nach draußen blickte, das Handy ans Ohr presste und so intelligente Kommentare wie »Oho!«, »Nein?« oder »Huch!« von sich gab. Ich hoffte, ihr Schreibstil war von mehr Kreativität geprägt.
Ehe ich wusste, was ich tat, blickte ich zu Dane und sagte: »Ich gehe auf eine Party, zu einem Brautjungfernball, wenn Sie es genau wissen wollen. Dazu gehört auch, dass eine jede in ihrem scheußlichsten Brautjungfernkleid kommt. Ansonsten ist es eine ganz normale Party. Die Musik ist gut, die Leute sind nett, es gibt ein riesiges Büffet, und am Ende des Abends wird diejenige gekürt, die das peinlichste Kleid trägt.« Ich hielt inne, um Luft zu holen, und merkte, dass ich wie ein schweißgebadeter Sünder bei der Beichte klang. Vermutlich lag es daran, dass ich mit betretener Stille nicht sonderlich gut umgehen konnte.
»Was kann man denn gewinnen?«, wollte er grinsend wissen.
»Einen Blumenstrauß«, antwortete ich, starrte zum Fenster hinaus und stellte fest, dass es zu regnen begonnen hatte.
»Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, aber ich finde, Sie haben ziemlich gute Aussichten auf den ersten Platz.« Er lachte. »Findet der Ball jedes Jahr statt?«
»Ja, aber ich war schon länger nicht mehr da.« Ich zuckte die Achseln und warf einen kurzen Blick zu Cadence hinüber, die noch immer telefonierte.
»Weshalb denn nicht?«
»Weil nur Singles eingeladen sind«, erklärte ich und spürte, wie mir die Röte ins Gesicht schoss.
»Ein Kriterium, das Sie in den letzten Jahren nicht erfüllt haben, stimmt’s?«, hakte er nach und beugte sich zu mir herüber, was mir angesichts der Enge eine Gänsehaut bescherte.
Mit einem Nicken wandte ich mich wieder ab.
»Gibt es auch männliche Brautjungfern bei diesen Partys?«
»Nein.« Ich zuckte mit den Schultern. »Na ja, abgesehen von einigen Schwulen kommen nur Frauen.« Ich lachte.
»Sehr interessant.« Er lächelte mich an, als ich ihm aus Versehen in die dunkelblauen Augen blickte. »Haben sich eigentlich die Verlage bei Ihnen gemeldet?«, fragte er.
»Welche Verlage?« Cadence klappte das Handy zu und sah von Dane zu mir.
Na super. Das war das letzte Thema, über das ich mich unterhalten wollte. War es nicht schon schlimm genug, dass die beiden mich in dem abscheulichsten Kleid der Welt und meiner Headbangerfrisur erwischt hatten? War es wirklich nötig, dass er mir noch einen einschenkte? Ausgerechnet in ihrer Gegenwart?
Ich schüttelte nur den Kopf und starrte wieder auf die Straße. Als ich sah, dass die Ampel rot wurde, wusste ich, dass ich schnell handeln musste. »Hier ist es!«, sagte ich, riss die Tür auf und schälte mich aus dem Auto. Ohne ersichtlichen Grund – vielleicht lag es daran, dass ich so aufgerieben und ziemlich erledigt war – warf ich Dan einen Zehndollarschein zu. »Danke fürs Mitnehmen.« Ich lächelte schief, während mir der Regen den Rücken hinunterlief.
»Was soll das?«, fragte er und starrte auf den zerknitterten Geldschein. »Wir sind doch noch gar nicht Downtown.«
»Ich hab’s mir anders überlegt«, log ich und schüttelte mich innerlich bei den Worten. Fieberhaft überlegte ich, wo die die nächste U-Bahn-Haltestelle war.
Dane saß wie erstarrt da, während Cadence sich schier den Kopf verrenkte, um einen Blick auf mich zu erhaschen.
Dann wurde die Ampel grün, und jemand hinter uns rief: »Herrje, entscheide dich endlich.«
Ich warf die Tür zu und sprintete ins Trockene.
25
Das Schönste an meinem Job als Flugbegleiterin ist, dass ich einigermaßen frei darüber bestimmen kann, wann, wohin und wie viel oder wie wenig ich fliegen möchte. Die Kehrseite der Medaille ist, dass sich das Ganze als Nachteil entpuppen kann, wenn man zu ehrgeizig wird.
Ursprünglich hatte ich angenommen, mein mietfreies Wohnen bei Kat sei die beste Möglichkeit, weniger zu fliegen. Seitdem mich die Chefetage aber jeden Tag mit deprimierenden E-Mails bombardierte, in denen von »herausfordernden Zeiten«, »unvorhergesehenen Engpässen«, »schwierigen Entscheidungen«, »Rationalisierung der Geschäftskosten« und – das war mein absoluter Favorit – dem
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