Der Name Der Dunkelheit
kam er heim, leerte noch eine knappe Flasche und öffnete das Fenster. Daran ist er gestorben?«
Barbro steckte sich eines ihrer Zitronendrops in den Mund.
»Seid ihr euch da wirklich sicher?«, fragte Henning. »Der hat sich selbst umgebracht?«
»Sicher«, antwortete Suunaat und lehnte das Bonbon ab, das Barbro ihr anbot. Sie war mit der Weisheit aufgewachsen, dass jede Lebenslage ihren eigenen Geschmack hat. Und diese schmeckte gewiss nicht nach Zitrone.
Kjell spazierte nachdenklich zum Fenster. »Er kann dennoch der Mörder sein«, sagte er nach seiner Rückkehr. »Und nachdem seine Serie abgeschlossen war, hat er sich selbst umgebracht.«
Henning beugte sein Gesicht tief über das des Toten, als wollte er seine Fragen an ihn richten. »Warum nimmt er dazu nicht das Schlafmittel, dessen Wirkung dreifach erprobt ist?«
»Vielleicht hatte er nichts mehr.«
»Das ist doch Unsinn«, fand Barbro. »Man bringt nicht mit kühler Planung zwei bis drei Frauen um und betrinkt sich dann, um zu sterben. Ihr habt doch die Bilder in seiner Wohnung gefunden. Er wusste, dass sie tot sind, und hat sich aus Verzweiflung umgebracht.«
Kjell tauschte einen Blick mit Henning. Barbros Szenario war einfach und bestechend. »Dann ist die Frau die Mörderin?«
Barbro nickte. Der Psychiater McKenzie hatte sie überzeugt.
»Unsicher«, glaubte dagegen Henning.
»Sie ist zumindest dringend tatverdächtig«, erwiderte Barbro.
»Nehmen wir an, sie war es«, sagte Kjell. »Warum hat sie ihn nicht umgebracht?«
Auch darauf wusste Barbro eine Antwort. »Er kam ihr zuvor.«
»Das wirft erhebliche Fragen auf«, bemerkte Henning.
»Welche denn?«
»Zuerst die, warum er nicht zur Polizei geht, wenn er auf der Seite der Opfer steht. Auch sonst sieht es nicht so aus, als hätte er den Kampf aufgenommen. Kann es nicht doch sein, dass er den Whiskey nicht freiwillig getrunken hat?«
Suunaat wies darauf hin, niemand könne einen zwingen, so viel Alkohol zu trinken. Außerdem schmecke Connemara wie eine Torfgrube und eigne sich nicht für große Mengen.
»Lass es mich anders formulieren«, sagte Henning. »Alle Frauen haben das Schlafmittel mit Flüssigkeit zu sich genommen. Der typische Knockout-Trick. Wir wissen nicht, wo das
jeweils geschah, aber bestimmt nicht an den Stellen, an denen sie verschwunden und als Leiche wieder aufgetaucht sind. Bei ihm war das Mittel vielleicht gar nicht nötig. Er läuft die Straße entlang, da kommt ihm eine junge Frau entgegen. Man landet in einer Bar, in der er diesen Rachenputzer trinkt, bis die beiden hinausgeschmissen werden.«
»Das klingt etwas hypothetisch«, fand Barbro. »Nach dem Tagtraum eines einfältigen Mannes.«
»Mir ist neulich genau das passiert, Barbro. Man geht also noch zu ihm und nimmt eine weitere Flasche in Angriff.«
»Ist dir das auch passiert?«
»Das nicht. Bevor sie geht, muss sie nur das Fenster öffnen. Es war bitterkalt.«
»Die Sache hat einen Haken«, erwiderte Kjell. »Warum musste sie heute Nacht die Tür aufbrechen und warum kam sie überhaupt zurück? Das ergibt nur einen Sinn, wenn sie ihn erst heute Nacht dorthin gebracht hat. Dann wäre diese Auffindesituation wie alle anderen: ein Arrangement mit großem Aufwand.«
Per hatte sich alles geduldig angehört, nun ging er zur Anrichte mit den Analysegeräten. Darauf stand ein stabiler Stuhl. Per schleppte ihn herüber und krempelte die Folie vom Sitzpolster. »Seht ihr das? Sie hätte den Stuhl mitbringen müssen, denn er hat seinen ganzen Tod darauf verbracht.«
Eine Männerleiche und eine sperrige Antiquität. Das war ein bisschen viel für einen Kinderwagen. Außerdem hatte das Haus keinen Aufzug.
»Es gibt eine weitere Entdeckung. Deshalb bat ich euch her.«
Suunaat verstand ihr Stichwort. Sie drehte den Kopf der Leiche und schwenkte die Sezierlampe dicht über die Haut.
»Er hat mit dieser Gesichtshälfte auf dem Tisch gelegen. Ob es der Tisch in seinem Zimmer war, kann ich nicht mit
absoluter Sicherheit sagen, aber die Verkrümmung des Körpers stimmt mit ihm überein. Die Tischplatte war jedoch nicht frei, so wie wir sie später fanden. Die rote Verfärbung hier beweist, dass der Kopf auf einem rechteckigen Gegenstand lag, der nicht höher als ein bis zwei Zentimeter sein kann.«
»Was sind das für violette Flecken?«, wollte Kjell wissen.
»Die sind von uns. Ein Kontrastmittel.«
»Den Maßen nach haben wir auf einen tragbaren Computer getippt«, sagte Per. »Bis wir den Computer dann zu
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