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Der Name Der Dunkelheit

Titel: Der Name Der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Scholten
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mit dem Gerät, das er umklammert hält, einen kurzen Streifzug durch euer Haus machen?«
    Per Arrelöv musste bemerkt haben, dass über ihn gesprochen wurde. Dennoch rührte sich nichts in seinem grimmigen Gesicht.
    Offenkundig hatte Henning Tonlage und Gesichtsausdruck richtig getroffen, denn Jakob Gustafsson verstand auf Anhieb. Er kramte in seiner Jackentasche nach dem Schlüssel.
    Henning winkte seinen Kollegen herbei. Per Arrelöv kletterte aus dem Wagen und überquerte vorsichtig die rutschige Fahrbahn. Das Gerät, das er vor sich hertrug, hatte zwei Antennen und ließ ihn wie einen kleinen Jungen mit einer riesigen Fernbedienung für ein Spielzeugboot aussehen. Als er den Schlüssel übernahm, fragte er nach dem Mobiltelefon.
    »Das liegt auf dem Küchentisch.«
    Henning und Gustafsson machten sich auf durch den quietschenden Schnee. Unter der nächsten Laterne zündete sich Henning eine Prince Denmark an. »Ihr habt gar nicht angerufen und euch nach dem Gang der Dinge erkundigt.«
    »Die Psychologin hat uns alles erklärt.«
    »Ist sie nett?«
    »Ich hätte nicht gedacht, dass Psychologen so viel Ahnung haben.«
    »Wisst ihr schon, wie ihr den Jahreswechsel verbringen wollt?«
    »Wohl wie die letzten Tage. Einige Verwandte und Nachbarn.«
    »Ihr solltet es nicht ausfallen lassen. Das wäre mein Ratschlag. Was auch immer aus dem Abend wird. Wenn man erst
in einer Zeitstarre gefangen ist, wird das mit der Dauer ziemlich unangenehm. Nichts löst sich dadurch.«
    Jakob Gustafsson stülpte seine Lippen ein und aus. Da war wohl was dran.
    »Hast du irgendetwas Außergewöhnliches im Haus bemerkt? In den letzten Wochen? Das dich stutzig gemacht hat?«
    Gustafsson warf einen Blick über die Schulter zurück zum Haus. »Nein«, sagte er nach einer Weile.
    »Wir haben einige Dinge herausgefunden. Bevor ich dir davon erzähle, hätte ich einige Fragen. Tu für den Augenblick so, als wäre Elin nur auf Reisen und ich ein Nachbar, der in dem Haus dort drüben wohnt.«
    Jakob schmunzelte. Das Haus war so winzig, dass Henning darin nur im Stehen wohnen könnte. So war er von der Aufforderung abgelenkt, Elins Tod solle gar nicht stattgefunden haben.
    »Ich habe mir vorhin noch einmal die Akte von vorne bis hinten durchgelesen. Meiner Kollegin hast du erzählt, euer Kontakt sei in den letzten Monaten etwas lockerer geworden.«
    »Das stimmt, ja.«
    »Gab es einen äußeren Anlass dafür? Einen Streit oder einen unterschwelligen Vorwurf?«
    »Das hat es zwischen uns nie gegeben. Leider. Ich war zu fürsorglich. Für anspornende Vorwürfe war Iris zuständig. Das hat sich mit den Jahren eingefahren und kann kaum der Grund gewesen sein. Es hätte Elin nicht ähnlich gesehen, sich zurückzuziehen. Sie konnte viel mehr einstecken.«
    »Wenn man ihre Krankenakte liest, drängt sich einem eine Verbindung zwischen ihrer seelischen und körperlichen Verfassung auf.«
    »Das hat sie selbst erkannt. Im Sommer ging es ihr oft schlechter als im Winter.«

    Hennings Wangen waren steif von der angenehm erfrischenden Kälte. »Sie war also kein Sommerkind?«
    Jakob sah ihn fragend an.
    »Das hat meine Kollegin an den Rand der Akte geschrieben. Offenbar hat sie es verstanden. Einzelgänger fühlen sich im Sommer plötzlich einsam. Die Sonne mahnt sie dazu, aus sich selbst heraus und ins Freie zu treten.« Eine ganzjährige Variante der Mittsommereinsamkeit, dachte Henning. Sofi hatte ein gutes Gefühl für Elin gehabt.
    Jakob stimmte zu. Elin hatte sich beim Winter geborgener gefühlt. Der Winter drängte einen zu nichts.
    »In diesem Sommer jedoch nicht«, sagte Henning. »Da hatte sie keine Beschwerden. Die kamen erst vor kurzem.«
    Jakob nickte entschieden. Das war wahr.
    Henning fragte weiter. Jakob gestand sich ein, er habe bereits im Frühling vergessen, sich um sie zu sorgen. Eine Querstraße weiter konnte er den Grund in Worte fassen. Sie wirkte nicht niedergeschlagen, wenn er mit ihr sprach. Ein Unterton in ihrer Stimme war so unauffällig verschwunden, dass er es nicht bemerkt hatte.

78
    Das Mädchen, das neben ihm auf ihre Bahn wartete, wippte unaufhörlich mit dem rechten Bein, das sie über das linke Knie geschlagen hatte. Ihre gelb-schwarz geringelte Strumpfhose machte alles nur schlimmer.
    Kjell konnte sich herrlich unter nervösen Menschen entspannen. Die Vierzehn nach Fruängen hatte er ausgelassen. Als die Dreizehn nach Norsborg einfuhr, stieg er in den dritten Wagon des Zuges ein und spazierte ohne Eile bis zum letzten

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