Der Name Der Dunkelheit
sich weg. Eine Geste, die sogar Tholander verstand. »Willst du damit sagen, dass sie nicht die Frau sein kann?«
»Johansson stand oben am Fenster, als unten geschossen wurde.«
Der Generalmajor war wie Tholander ein Mann der Vernunft. »Sehen wir den Tatsachen ins Gesicht. Wir stehen wieder am Anfang.«
MONTAG 31. DEZEMBER
81
Barbro zog ihren Morgenmantelknoten fester. »Passwort? Da klingelt bei mir gar nichts.«
Sie blickte auf den kleinen Bildschirm neben ihrer Wohnungstür und wartete ab, wie die beiden Säpo-Agenten unten vor dem Haus reagieren würden.
Der eine, der einen Schritt hinter dem anderen stand, begann sich links und rechts auf dem Strandvägen umzusehen, was Barbro als eher schlechtes Zeichen deutete. Das Haus der Setterlinds war jedoch eines der bestgesicherten Häuser am Strandvägen. An dieser Tür würden die beiden scheitern. Barbro erwog, die rote Taste neben dem Monitor zu drücken, entschied sich dann aber für die gelbe. Damit konnte man einen Abzug des Kamerabildes speichern. Zum Beispiel, um anderen damit später das Leben zur Hölle zu machen. Diese Sonderfunktion war bei allen Nachbarn beliebt, die erst vor kurzem zu Vermögen gekommen waren und seinen Segen noch genießen konnten.
Barbro war sich darüber im Klaren, dass sie die beiden nicht aufhalten, sondern nur ein bisschen ärgern konnte. Das hatte sich bei einem Telefonat mit dem Justizkanzler am gestrigen Abend herausgestellt. Sein Rat war unmissverständlich: Dem Exekutivbefehl der Säpo durfte sie sich nicht widersetzen. Natürlich sah das schwedische Recht eine Einspruchsmöglichkeit beim Rechtsausschuss des Reichstags vor. Später allerdings, wenn die Sache gelaufen war.
»Doch«, sagte der andere gelassen, obwohl einen verdächtigen Augenblick zu spät. »Deine Fingerabdrücke sind auf den Tasten, und die von Sofi Johansson auch. Deswegen stehen wir hier.«
Dank der Abdrücke wusste man sogar, welche Zeichen das Passwort enthielt, die beiden Agenten standen nur noch wegen der richtigen Reihenfolge der Zeichen zu dieser frühen Stunde vor Barbros Tür.
»Wie kommt ihr darauf, dass wir das Passwort herausgefunden haben?«
Weil auch Funktionstasten gedrückt worden waren. »Wir brauchen ungefähr drei Tage ohne dich.«
»Ich will deinen Ausweis sehen.«
Der Mann klappte ihn auf und hielt ihn dicht vor die Kamera.
Barbro drückte wieder die gelbe Taste. Und dann auf die grüne. Das Türschloss summte. »Komm allein hoch.«
Die Setterlinds hatten bereits am Strandvägen gewohnt, als auf der anderen Seite der Straße noch Fässer über die Landungsstege gerollt wurden. Der Altadel renovierte seine Häuser behutsam. Deshalb konnte Barbro am Quietschen der Treppenstufen hören, dass er tatsächlich allein kam. In der Zwischenzeit notierte sie das Passwort auf eine alte Parkquittung.
»Das da«, sagte sie und überreichte ihm den Zettel.
Der Kerl war jung. Er betrachtete den Satz und runzelte die Stirn. »Wie habt ihr das herausbekommen?«
»Ihr solltet die Arbeit lieber Leute machen lassen, die etwas davon verstehen. Frohes neues Jahr, falls wir uns nicht mehr sehen!«
Barbro schloss die Tür und hätte am liebsten Kjell angerufen. Aber das ließ sie lieber bleiben. Auf dem Weg zum Ankleidezimmer schlüpfte sie aus ihrem Morgenmantel.
82
Durch die Vorderscheibe des Wagens war der letzte Tag des Jahres ein Sonnendezembertag. Die halbe Stadt hatte sich auf dem zugefrorenen Fjord versammelt. Irgendwo da draußen mussten auch die Mädchen sein. Linda hatte sich Schlittschuhe angezogen und Lilly auf den Schlitten gesetzt. Ihr Ziel war das Stadthaus gewesen, das von hier aus in der Sonne glänzte. Ihre Strahlen brachten den Staub auf dem Armaturenbrett zum Schweben.
Ein Polizeiwagen bremste auf der Fahrbahn. Kjell sah ihn im Rückspiegel langsam über den Kai auf sich zurollen. Als Einsatzleiter Tom-Olof Klingberg die Beifahrertür aufriss, wirbelte Eiswind herein und brachte den Stadtplan, den Kjell über dem Lenkrad ausgebreitet hatte, in Unordnung. Klingberg trug Uniform und hängende Schultern. Augenfällig erwartete er eine Zurechtweisung, weil seine Großfahndung nach der Frau mit dem Kinderwagen in der vergangenen Nacht ergebnislos verlaufen war.
Kjell deutete einladend auf die Thermoskanne neben Klingbergs Stiefeln. »Es gibt also keine einzige Spur von ihr?«
»Leider nicht.«
Wieder breitete sich Kaffeeduft im Wagen aus.
»Zufällig Appetit auf Butterkekse? Die haben meine Töchter für uns
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