Der Name Der Dunkelheit
besonderes Talent.«
Henning nippte wieder an seinem Kaffee und schaltete den Computer ein. »Ich habe die ganze Nacht überlegt, ob die beiden Frauen eine Bedeutung für den Täter haben.«
»Wie meinst du das? Immerhin sind die beiden tot.«
»Mir kommt ständig das Bild mit dem Schachspiel in den Sinn. Die Bedeutung der Frauen liegt ganz in ihrer taktischen Rolle.«
»Der Gedanke bringt uns nicht weiter, Henning.«
»Vielleicht doch«, murmelte er.
Bei Henning wusste man nie, ob er sich als Nächstes einfältig benahm oder den Schlauen herauskehrte. Anscheinend war wieder eine seiner Ahnungen im Anmarsch. Bei Barbro kochten Erkenntnisse immer so unvorhersehbar über wie ein Topf Milch. Obwohl jeder wusste, dass Milch irgendwann überkochte, war man doch immer wieder davon überrascht.
»Ein Schachspiel macht nur Spaß, wenn man die Regeln kennt«, sagte Henning. »Ich will darauf hinaus, dass die beiden Frauen für uns keine Bedeutung haben. Wir kennen die Bedeutung nicht.«
»Sie sind Bauernopfer.«
»Linda dagegen hätte für uns durchaus eine persönliche Bedeutung. Sie passt nicht hinein.«
»Vielleicht solltest du Kjell anrufen und ihm das sagen. Er hat die ganze Nacht mit der Wiener Polizei …«
Henning sprang auf. Barbro hielt inne und fragte, was los sei. Er drehte den Kopf langsam zu seinem Regal, ging darauf zu und begann zu wühlen. Er fluchte, bis er schließlich fand, wonach er gesucht hatte. Einen Zeitungsartikel. Er strich ihn auf der Tischplatte glatt, schritt zum Posteingang und holte die Ausgabe von Svenska Dagbladet zurück, die er vorhin
erst durchgeblättert hatte. Eine Weile verglich er beide Stücke, dann hob er den Kopf. »Am besten kommst du mal rüber.«
Barbro umrundete die Tische.
»Svenska Dagbladet. Autor: Hjalmer Fehman. Am 27. Oktober schreibt er über Elin Gustafsson, am 29. Oktober über Judit Juholt.«
Barbro beugte sich über die beiden Texte. »Ein Abstand von zwei Tagen.«
»Der gleiche Abstand wie zwischen dem 24. und dem 26. Dezember.«
»Und derselbe Autor«, murmelte Barbro. Sie starrten eine Weile auf das, worauf sie gestoßen waren. Wieso schrieb ein Musikkritiker auch über die Hochschulaufnahmeprüfung? »Wäre er nicht sehr dumm, wenn er Frauen umbringt, die er nachweislich kennt?«
»Ich bin immer gut damit gefahren, den Menschen zunächst Dummheit und Dreistigkeit zu unterstellen«, antwortete Henning ohne Verzögerung.
»Hm.«
Er zog seine Jacke von der Lehne. »Er kennt beide Frauen.«
»Wohin willst du?«, fragte Barbro.
»Zur Zeitung. Ich interessiere mich für die Ausgabe vom 31. Oktober.«
»Aha.«
»Ich will wissen, über wen Hjalmer Fehman am 31. Oktober geschrieben hat. Wenn das hier die Regeln für das Spiel sind, dann kann ich dir sagen, wessen Leiche wir heute Abend finden.«
42
Sofis Lage verschlechterte sich. Plötzlich kam die Lockige aus dem Schlafzimmer geschossen und stellte sich neben ihren Freund. Sie trug nur eine Bettdecke. Sofi war die ganze Zeit davon ausgegangen, dass Andersson allein war.
»Entschuldige, liebe Sofi, wenn ich mich einmische. Aber mit dir stimmt irgendetwas nicht. Du klingelst hier am Morgen und wirfst Ebbe abenteuerliche Beschuldigungen an den Kopf.«
Sofi wunderte sich, wie der feingliedrige Andersson an eine Frau mit so dicken Unterschenkeln geraten war, aber wie sie ihn kannte, würde er das bei seiner nächsten Geliebten wieder kompensieren.
Andersson selbst war nicht in Wut geraten, sondern betrachtete Sofi besorgt. »Wir waren gar nicht zu Hause zur … Tatzeit. Das wäre wohl der richtige Ausdruck, oder?« Andersson lächelte milde. »Wir kamen erst um drei.«
»Das Video ist nun einmal eindeutig«, wiederholte Sofi mit funkelnden Augen. Sie war immer noch in voller Fahrt. »Da kam ein Mann in Ebbes Größe, hat durch meinen Briefschlitz geschaut und ist weiter zu eurer Tür.«
»Dann wird er wohl durch meinen auch geschaut haben. Sieht man meinen Schlitz mit deiner Kamera?«
»Nein.«
»Da hast du es. Außerdem ist er später wieder aus dem Haus gegangen. Ich dagegen bin noch hier.«
»Aber erst sieben Minuten später. Er hat wohl kaum sieben Minuten lang durch deinen Schlitz gestarrt.«
Andersson antwortete mit einem besorgten Blick.
»Also gut«, sagte Sofi. »Entschuldigung. Ich habe mich verrannt.«
»Du solltest dich wirklich mal untersuchen lassen«, bekam sie von der Lockigen mit auf den Weg.
Draußen biss die Kälte auf der Haut. Sie lief zu ihrem Fiat und hoffte, dass
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