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Der Name Der Dunkelheit

Titel: Der Name Der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Scholten
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bei der Polizei gewesen.
    »Was wir immer antworten.«
    Die Säpo antwortete nie.
    »Dann ging die Aktion offiziell auf unser Konto?«
    Tholander imitierte ein Lächeln. »Gegen unerwünschte E-Mails kann man bekanntlich nicht viel tun. Schickt man dem Absender ein Virus, wie es das FBI versucht hat, macht der Absender einfach ein Backup und hat seine Daten wieder. Ende August 1999 begann ein schwedischer Mitbürger mit dem Namen
Spider from Mars , sich wie das FBI in die Server der Absender einzuschleichen. Er löschte allerdings keine Daten, sondern verschaffte sich Zugang zur elementarsten Betriebsebene des Computers, wo die Grundfunktionen gesteuert werden: das Basic Input Output System, kurz BIOS. Dort gibt es eine Einstellung, die dem Propeller, der den Prozessor kühlt, vorschreibt, wie oft er sich in einer Minute drehen soll. Spider from Mars ersetzte den Wert ›4200‹ durch den symbolischen Betrag ›1‹. Die Server hatten alle an ebenso sonnigen wie rechtsfreien Plätzen gestanden, die meisten davon in Haiti. »Nach einer Weile piepst der Computer. Niemand versteht jedoch diese Warnung. Das FBI schätzt, dass etwa vierhundert Computer Opfer von Johanssons Materialschlacht wurden. Sie hat das Übel an der Wurzel ausgerissen.«
    Kullgren verschränkte die Arme vor der Brust. »Jerker, ich glaube, wir können ewig so weitermachen. Irgendetwas Verdächtiges aus diesem Jahrhundert hast du nicht gefunden, oder?«
    »Jaha, das habe ich. Sie hat beim Technischen Dienst eine Überwachungskamera mit Datenübertragung ausgeliehen. Als Verwendungszweck gab sie die Überwachung der Wohnung von Elin Gustafsson in der Långholmsgatan 7 an.«
    »Du bist hingefahren, oder?«
    »Ich konnte keine Kamera finden, also habe ich mir Zugang zum Kamerabild verschafft.«
    »Und was zeigt das Bild?«
    »Einen Hausflur. Vielleicht ihrer. Sie will sich schützen.«
    »Das ist kein Wunder, wenn man bedenkt, was heute passiert ist. Was ist daran verdächtig?«
    »Verdächtig daran ist, dass sie von Judit Juholt erst heute morgen erfahren hat. Die Kamera hat sie aber schon gestern ausgeliehen.«

39
    Der Taxifahrer hatte seinen rechten Arm wohl den ganzen Tag lang auf der Lehne des Beifahrersitzes liegen. Er musste ihn nur ein wenig anheben und konnte für die Touristen auf der Rückbank auf ein vorbeiziehendes Gebäude deuten. Und beim Bezahlen war die Angewohnheit auch günstig.
    »Die Tram fährt erst wieder seit heute Nachmittag«, sagte er.
    »Tram?« Kjell kannte den Ausdruck nicht.
    »Der Sturm hat die Leitungen zerfetzt.«
    Kjell beugte sich vor und sah hinaus. Regentropfen auf der Scheibe brachen die Sicht. Was Stockholm mit Schnee bedeckt hatte, war als trockener Sturm über Mitteleuropa gezogen und hatte überall Verwüstungen angerichtet. Für die alten Bäume am Stadtring war es das Ende gewesen. Sie lagen zersägt und angehäuft am Straßenrand und warteten auf den Abtransport. Es war überhaupt nicht das Wien, das er im Frühling gesehen hatte. Damals hatte Linda ihre Wohnung bezogen.
    Kjell beugte sich weiter vor. »Verletzt wurde niemand, sagten Sie?«
    »Hier in Wien nicht. Wien ist stabil.«
    Kjell sank in die Lehne. Linda fuhr mit großer Leidenschaft Straßenbahn, das wusste er.
    Einige Minuten später stand Kjell vor dem weißen Haus in der Lehárgasse und legte den Kopf in den Nacken. Kein einziges Fenster leuchtete. Nur ausländische Studenten wohnten in dem Gebäude. Linda hatte als einzige Studentin die Weihnachtstage über hierbleiben wollen. Da sie im Februar ohnehin nach Stockholm zurückkehrte, hätte sich die Reise nicht gelohnt. Sie feilte gerade an einer wichtigen Arbeit. Ihre Klasse
an der Kunstakademie trug den geheimnisvollen Namen »Erweiterter Raum«.
    Kjell fischte das Kuvert aus der Tasche seines Mantels. Darin wartete der Ersatzschlüssel auf den Tag, an dem Linda anrief und um eine Eilsendung bat. Der Tag war nie gekommen. Linda hatte sich in der Fremde verändert. Sie war umsichtiger geworden und mit ihren Gedanken anwesender.
    Leider nicht mit ihrem Körper, dachte Kjell und nahm Treppe um Treppe. Die Tür war verschlossen. Im Flur lehnten mannshohe Leinwände an der Wand. Kjell machte Licht und prüfte, ob die Bilder von Linda stammten oder von ihrer Mitbewohnerin. Wenn er sich nicht irrte, stammte die aus Bratislava oder Prag. Es roch nach Farbe. Zu Hause in Stockholm hatte sich der gewohnte Geruch aus der tochterlosen Wohnung verflüchtigt. Lindas Zimmer lag rechts. Auch dort machte er

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