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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Heil, indem wir den Zeitpunkt eurer Vernichtung antizipierten, wir waren die einzigen wahren Apostel Christi, alle anderen waren Verräter, und Gherardo Segarelli war eine göttliche Pflanze gewesen, planta Dei pullulans in radice , unsere Regel kam unmittelbar von Gott und nicht von euch gottverdammten Hunden und Lügenpriestern, die ihr den Gestank des Schwefels um euch verbreitet und nicht den Duft des Weihrauchs, gemeine Hunde seid ihr, stinkender Unrat, Rabenaas, Knechte der Hure von Avignon, zur Hölle werdet ihr fahren! Ja, damals glaubte ich, meine Seele war gläubig, und auch unser Leib hatte sich erlöst, wir waren das Schwert des Herrn und mußten auch Unschuldige töten, um euch alle töten zu können so schnell wie möglich, denn es war Eile geboten, wir wollten eine bessere Welt errichten, eine Welt in Frieden und Freundlichkeit, eine Welt, in der alle glücklich sind, wir wollten den Krieg vernichten, den ihr mit eurer Habgier in die Welt gebracht habt, und ihr wollt uns vorwerfen, ihr ausgerechnet, daß wir in unserem Kampf für Glück und Gerechtigkeit zwangsläufig auch ein bißchen Blut vergießen mußten? Es
    . . . es war gar nicht so sehr viel nötig, um schnell zu machen, und war doch der Mühe wert und genügte, das Wasser des Flusses Carnasco rot zu färben an jenem Tag von Stavello, auch unser Blut war dabei, wir verschonten uns nicht, unser Blut, euer Blut, viel, viel, rasch, rasch, die Zeiten der Prophezeiung Dolcinos drängten, es galt, den Lauf der Ereignisse zu beschleunigen . . .«
    Er hielt keuchend inne, zitternd am ganzen Leibe, und wischte sich die Hände an seiner Kutte ab, als wollte er sie von dem Blute reinigen, das er heraufbeschworen hatte. »Der Schlemmer ist wieder zum Reinen geworden«, murmelte William. »Aber ist denn dies Reinheit?« fragte ich ihn entsetzt. »Es wird sie gewiß noch in anderen Formen geben«, sagte William, »aber in jeder Form macht sie mir Angst.«
    »Was schreckt Euch am meisten an der Reinheit?«
    »Die Eile.«
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    Der Name der Rose – Fünfter Tag
    »Das reicht jetzt!« rief nun der Inquisitor. »Ich habe von dir ein Geständnis verlangt, nicht einen Aufruf zum Massaker! Aber gut, um so besser, du bist also nicht nur damals Ketzer gewesen, du bist es noch heute!
    Und du bist nicht nur damals Mörder gewesen, du hast auch weitergemordet! Sag uns jetzt, wie du deine Mitbrüder hier in der Abtei ermordet hast, und warum!«
    Remigius hörte zu zittern auf und blickte sich um, als erwachte er aus einem Traum. »Nein«, sagte er klar und deutlich, »mit den Verbrechen in der Abtei habe ich nichts zu tun. Ich habe Euch alles gestanden, was ich getan habe. Zwingt mich jetzt nicht zu gestehen, was ich nicht getan habe . . .«
    »Aber was bleibt denn noch übrig, das du nicht getan haben könntest? Jetzt willst du auf einmal unschuldig sein? Oh sanftes Lamm, Muster an Friedfertigkeit! Ihr habt es gehört, einst troffen seine Hände von Blut, und jetzt ist er unschuldig! Vielleicht haben wir uns getäuscht und Remigius von Varagine ist ein Ausbund an Tugend, ein treuer Sohn der Kirche, ein Feind aller Feinde Christi? Stets hat er die Ordnung geachtet, die der wachsame Arm der Kirche den Dörfern und Städten aufzuerlegen sich müht, nie hätte der Brave gewagt, den Frieden der Händler anzutasten oder die Läden der Handwerker oder die Schätze der Kirchen! Er ist unschuldig, er hat nie etwas Böses getan, in meine Arme, Bruder Remigius, daß ich dich trösten kann, daß ich dich schützen kann vor den Anklagen, die üble Verleumder gegen dich zu erheben sich erdreisteten!« Sprach's und hatte sich halb erhoben, als wollte er gleich die Arme ausbreiten, und während Remigius ihn noch ungläubig anstarrte (hoffte er wirklich auf einen überraschenden Freispruch?), setzte der Inquisitor sich wieder zurecht und wandte sich im Befehlston an den Hauptmann der Bogenschützen:
    »Ich greife ungern zu Mitteln, die unsere Kirche stets kritisiert hat, wenn sie vom weltlichen Arm angewandt wurden. Aber es gibt ein Gesetz, dem sich auch meine persönlichen Gefühle zu beugen haben.
    Laßt Euch vorn Abt einen Raum anweisen, wo man die Folterwerkzeuge herrichten kann. Aber man soll nicht sofort beginnen. Man lasse ihn erst drei Tage in einer Zelle liegen, Hände und Füße in Ketten. Dann zeige man ihm die Geräte. Nur zeigen. Am vierten Tage beginne man. Die Gerechtigkeit hat keine Eile, wie die Pseudo-Apostel meinten, und Gottes Gerechtigkeit kann sich Jahrhunderte

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