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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Schuld für andere Kadaver aufbürden. Wohlan, Kadaver bin ich sowieso bald, also gebe ich dir, was du willst. Ich habe Adelmus von Otranto getötet, aus Haß auf seine Jugend und aus Neid auf seine Geschicklichkeit im Umgang mit Monstern, die mir ähnelten, mir, dem alten, fetten, kleinen und ignoranten Monster. Ich habe Venantius von Salvemec umgebracht, weil er so gebildet war und Bücher las, die ich nicht verstand. Ich habe Berengar von Arundel getötet aus Haß auf seine Bibliothek, ich, der ich Theologie betrieb, indem ich die viel zu reich gewordenen Kirchen plünderte.
    Und schließlich habe ich Severin von Sankt Emmeram erschlagen, weil . . . ja, weil er Kräuter sammelte, während wir auf dem Monte Rebello fraßen, was wir in die Finger bekamen, ohne uns groß Gedanken zu machen, ob es giftig war oder nicht. Ich könnte ohne weiteres auch all die anderen hier töten, inklusive den Abt: Ob Papst oder Kaiser, immer hat er sich mit meinen Feinden verbündet, und immer habe ich ihn gehaßt, auch als er mir zu essen gab, weil ich ihm zu essen gab. Genügt dir das? Ach nein, du willst ja auch wissen, wie ich all diese Mitbrüder umgebracht habe . . . Wohlan, ich habe sie umgebracht . . . warte . . .
    indem ich die Kräfte der Hölle beschwor, indem ich die tausend Legionen der Hölle benutzte, die ich mir gefügig zu machen verstand durch die Schwarze Magie, die Salvatore mir beigebracht hatte. Um jemanden umzubringen, brauchst du nicht selber Hand anzulegen, das besorgt der Teufel für dich, wenn du dir den Teufel dienstbar zu machen weißt.«
    Der Cellerar blickte im Saal herum mit verschlagener Miene und lachte, aber es war jetzt das Lachen eines Irren, mochte dieser Irre auch – worauf mich William später hinwies – noch genug Geistesgegenwart aufgebracht haben, Salvatore in seinen Untergang mit hineinzureißen aus Rache für dessen Verrat.
    »Und wie macht man sich den Teufel dienstbar?« wollte Bernard wissen, der dieses Delirium offenbar für ein justiziables Geständnis hielt.
    »Das weißt du doch selber, man hat nicht so viele Jahre lang Umgang mit Besessenen, ohne ihre Gebräuche zu übernehmen! Du weißt es genau, du alter Apostelschlächter! Du nimmst eine schwarze Katze, nicht wahr? Eine kohlschwarze Katze, an der kein weißes Härchen sein darf, wie du weißt, und bindest ihr die Pfoten zusammen und bringst sie um Mitternacht an einen Kreuzweg, und dann rufst du mit lauter Stimme: Oh großer Luzifer, Herr der Hölle, ich nehme dich und führe dich ein in den Leib meines Feindes, so wie ich jetzt diese Katze gefangenhalte in meinen Händen, und wenn du meinen Feind zu Tode bringst, werde ich dir an dieser selben Stelle morgen um Mitternacht diese Katze zum Opfer darbringen, und du wirst tun, was ich dir befehle, denn ich befehle es dir kraft der Magie, die ich jetzt ausüben werde gemäß dem okkulten Buch des Sankt Cyprianus, im Namen aller Fürsten der höllischen Heerscharen, die ich jetzt anrufen werde mitsamt ihren Brüdern: Adramelch, Astharoth, Azalzel . . .« Die Lippen zitterten ihm, die Augen schienen ihm aus den Höhlen zu treten, und er begann zu beten, will sagen, es klang wie ein Gebet, doch in Wahrheit richtete er seine Anrufungen an die Fürsten der Hölle . . . »Abigor, pecca pro nobis . . .
    Ammon, miserere nobis . . . Asmodeus, libera nos a bono . . . Belial eleyson . . . Beelzebub, in corruptionem meam intende . . . Böliman, damnamus dominum . . . Jazariel, anum meum aperies . . . Chlungeri, asperge me spermate tuo et inquinabor . . . Blutschink . . .«
    »Aufhören! Aufhören!« schrie es von allen Seiten, die Anwesenden bekreuzigten sich entsetzt und riefen:
    »Herr, vergib uns und erlöse uns von dem Übel!«
    Remigius verstummte, zitternd, mit Schaum vor dem Munde: Er hatte sie ausgesprochen, die Namen all dieser Teufel! Reglos verharrte er ein paar Sekunden, dann brach er zusammen, stürzte kopfüber mit dem Gesicht nach unten zu Boden und wand sich in heftigen Krämpfen, weißlicher Geifer troff ihm aus dem Mund, die Hände, eben noch ganz erstarrt unter den Ketten, öffneten sich und schlössen sich konvulsivisch, die Füße traten wild zuckend in die Luft. Auch ich war von einem Tremor horroris ergriffen, der mich am ganze Leibe erzittern ließ. William, der es bemerkte, strich mir beruhigend mit der Hand über den Kopf, legte mir den Arm um die Schultern und drückte mir fest den Nacken. »Merke dir«, sagte er leise, »unter der Folter oder bedroht von der Folter

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