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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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er sie dann mit einem schwer gereizten Seufzer niederlegte. »Name«, sagte er, ohne aufzusehen.
    »Kvothe.«
    Er blätterte im Register, fand die Seite, die er suchte, und runzelte die Stirn. »Du stehst nicht drin.« Er hob kurz den Blick, verzog dann wieder verdrießlich die Miene und widmete sich erneut den Versen, an denen er feilte. Als ich keine Anstalten machte zu gehen, schnippte er mit den Fingern, so als wäre ich irgendein Insekt. »Verfatz dich.«
    »Aber –«
    Ambrose legte erneut die Feder nieder. »Hör mal«, sagte er ganz langsam, so als würde er mit einem absoluten Einfaltspinsel sprechen. »Du stehst nicht drin.« Er wies mit übertriebener Geste mit beiden Händen auf das Register. »Du kommst nicht rein.« Er zeigte auf die Türen hinter sich. »Schluss, aus, Ende.«
    »Ich habe gerade erst die Zulassungsprüfung bestanden.«
    Er warf verärgert die Hände hoch. »Dann stehst du natürlich nicht drin.«
    Ich zog meine Zulassungsbescheinigung aus der Tasche. »Das hat mir Meister Lorren persönlich gegeben.«
    »Und wenn er dich huckepack hierher getragen hätte«, entgegnete Ambrose und tunkte ostentativ seine Feder in die Tinte. »Und jetzt hör auf, meine Zeit zu stehlen. Ich habe zu tun.«
    »Deine Zeit stehlen?«, entgegnete ich. Ich verlor allmählich die Beherrschung. »Hast du eine Ahnung, was ich durchgemacht habe, um es bis hierher zu schaffen?«
    Ambrose sah zu mir hoch, nun mit einem Mal belustigt. »Lass mich raten«, sagte er, legte die Hände flach auf den Tisch und erhob sich. »Du warst immer klüger als die anderen Kinder in dem Ein-Nutten-Kaff, aus dem du stammst. Deine Rechen- und Lesefertigkeiten ließen die anderen Dorfbewohner vor Ehrfurcht erstarren.«
    Ich hörte, wie die Eingangstür hinter mir geöffnet und wieder geschlossen wurde. Ambrose beachtete das nicht. Er kam hinter dem Empfang hervor und lehnte sich vorn ans Pult. »Deinen Eltern war klar, dass du etwas ganz Besonderes bist, und deshalb haben sie jahrelang gespart, dir ein Paar Schuhe gekauft und dir aus der Schweinedecke ein Hemd genäht.« Er rieb den Stoff meiner neuen Kleider zwischen den Fingern.
    »Es war eine monatelange Wanderschaft, du musstest Hunderte von Meilen auf Maultierkarren mitfahren. Aber letztendlich …« Er machte mit beiden Händen eine ausladende Geste. »Gelobt seien Tehlu und das Heer seiner Engel! Du hast es geschafft! Jetzt bist du hier! Mit strahlenden Augen und nichts als Flausen im Kopf!«
    Ich hörte Gelächter und sah mich um. Zwei Männer und eine junge Frau waren während seiner Tirade hereingekommen. »Ambrose, was bringt dich denn so in Rage?«
    »Diese verdammten Studienanfänger«, meckerte Ambrose und ließ sich wieder auf seinem Platz hinter dem Empfang nieder. »Kommen in Lumpen hier herein und tun so, als ob ihnen der Laden gehört.«
    Die drei Neuankömmlinge gingen zu der Tür mit der Aufschrift MAGAZIN. Sie musterten mich von Kopf bis Fuß, und ich kämpfte gegen die Verlegenheit an. »Gehen wir heute Abend ins Eolian ?«
    Ambrose nickte. »Natürlich. Um sechs.«
    »Willst du gar nicht nachsehen, ob die drinstehen?«, fragte ich, als sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte.
    Ambrose wandte sich wieder zu mir, sein Lächeln nun strahlend, aber alles andere als freundlich. »Hör mir zu, ich gebe dir jetzt mal einen Rat. Bei dir zu Hause warst du etwas Besonderes. Hier aber bist du bloß irgendein Junge mit einer großen Klappe. Also sprich mich mit Re’lar an, geh zurück in deinen Schlafsaal und danke dem Heidengott, zu dem du betest, dass wir hier nicht in Vintas sind. Mein Vater und ich würden dich wie einen tollwütigen Köter an einen Pfahl ketten lassen.«
    Er zuckte die Achseln. »Oder tu das nicht. Bleib hier. Mach eine Szene. Brich in Tränen aus. Besser noch: Schlag mich.« Er lächelte. »Dann prügle ich dich windelweich und sorge dafür, dass du rausfliegst.« Er griff wieder zur Feder und wandte sich erneut seinen Versen zu.
    Ich ging.
    Ihr glaubt vielleicht, dieser Zwischenfall hätte mich entmutigt. Ihr glaubt vielleicht, ich fühlte mich im Stich gelassen, meine Kindheitsträume von der Universität auf grausame Weise zerschmettert.
    Doch ganz im Gegenteil. Es gab mir neue Sicherheit. Ich hatte mich dort recht fehl am Platze gefühlt, bis Ambrose mir auf seine Weise gezeigt hatte, dass zwischen der Universität und den Straßen von Tarbean gar kein großer Unterschied bestand. Wo auch immer man ist – die Menschen sind im Grunde doch

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