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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Geh nur hinein.«
    Zwei Flügeltüren führten aus diesem Vorraum hinaus, die eine mit MAGAZIN, die andere mit PRÄSENZ beschriftet. Da ich den Unterschied nicht kannte, ging ich zu der Tür mit der Aufschrift MAGAZIN.
    Ich hatte die Hand schon auf der Türklinke, als Felas Stimme mich zurückhielt. »Entschuldige bitte. Du bist zum ersten Mal hier, nicht wahr?«
    Ich nickte, ließ aber die Klinke nicht los. Ich stand so kurz vor dem Ziel meiner Wünsche. Was würde jetzt geschehen?
    »Zum Magazin haben nur Mitglieder des Arkanums Zutritt«,sagte sie entschuldigend. Sie erhob sich und ging zu der anderen Flügeltür. »Komm, ich zeige es dir.«
    Ich ließ die Türklinke widerstrebend los und ging zu ihr hinüber.
    Mit beiden Händen zog sie die schwere, hölzerne Tür auf und gab den Blick frei in einen hohen Saal, in dem lange Tische standen. Dort saßen etwa ein Dutzend Studenten und lasen. Der Raum war vom Licht Dutzender Sympathielampen hell erleuchtet.
    Fela beugte sich zu mir und flüsterte: »Das ist der Lesesaal. Hier findest du die nötige Literatur für die meisten Grundkurse.« Mit einem Fuß hielt sie die Tür auf. Sie zeigte auf ein langes Regal mit drei- oder vierhundert Büchern darauf. Es waren mehr Bücher, als ich überhaupt jemals gesehen hatte.
    Fela flüsterte weiter: »Es ist ein Ort der Stille. Hier darf allerhöchstens geflüstert werden.« Mir war schon aufgefallen, dass es im Saal beinahe unnatürlich still war. »Wenn du ein Buch haben möchtest, das hier nicht steht, kannst du dort an dem Pult eine Bestellung aufgeben«, sagte sie und zeigte hinüber. »Die suchen das Buch dann heraus und bringen es dir.«
    Ich wandte mich um, um ihr eine Frage zu stellen, und da erst bemerkte ich, wie nah sie mir stand. Ich war so gebannt vom Anblick dieses Saals, dass ich gar nicht bemerkt hatte, dass eine der hübschesten Frauen der Universität direkt neben mir stand. »Wie lange dauert es denn normalerweise, bis sie ein Buch gefunden haben?«, fragte ich im Flüsterton und bemühte mich, sie nicht anzustarren.
    »Das kommt darauf an«, sagte sie und strich sich das dunkle Haar zurück. »Manchmal ist viel zu tun und manchmal nicht. Und manche sind im Finden von Büchern schneller als andere.« Sie zuckte die Achseln, und ihr Haar strich mir über den Arm. »Normalerweise höchstens eine Stunde.«
    Ich nickte, enttäuscht, dass ich keinen Zutritt zur ganzen Bibliothek hatte, aber dennoch aufgeregt, überhaupt dort zu sein. »Danke, Fela.« Ich ging hinein, und sie schloss hinter mir die Tür. Einen Augenblick später kam sie mir jedoch hinterher. »Eins noch«, sagte sie leise. »Das versteht sich eigentlich von selbst, aber da du zum ersten Mal hier bist …« Sie blickte ernst. »Kein Buch verlässt diesen Saal.«
    »Natürlich«, sagte ich. »Selbstverständlich.« Das hatte ich nicht gewusst.
    Fela lächelte und nickte. »Ich wollte nur sicher gehen, dass du das weißt. Vor ein paar Jahren hatten wir hier einen jungen Herrn, der es gewöhnt war, sich Bücher aus der Bibliothek seines Vaters mitzunehmen. Bis dahin hatte ich nie gesehen, dass Lorren mal die Stirn gerunzelt oder lauter als mit Flüsterstimme gesprochen hätte. Aber als er den Jungen mit einem seiner Bücher auf der Straße erwischte …« Sie schüttelte den Kopf und blickte betreten.
    Ich versuchte mir den großgewachsenen, düsteren Meister wütend vorzustellen, aber es gelang mir nicht. »Danke für die Warnung.«
    »Gern geschehen.« Fela ging zurück in den Vorraum.
    Ich ging zu dem Pult, das sie mir gezeigt hatte. »Wie bestellt man denn hier ein Buch?«, fragte ich den Bibliothekar leise.
    Er zeigte mir ein großes Registrierbuch, zur Hälfte gefüllt mit den Namen von Studenten und ihren Bestellungen. Manche Bestellungen benannten genau Titel und Autoren, andere waren eher allgemein gehalten. Ein Eintrag fiel mir ins Auge: »Basil – Yllischer Mondkalender. Geschichte des aturischen Kalenders.« Ich sah mich im Saal um und entdeckte den Jungen aus Hemmes Seminar, wie er sich über ein Buch beugte und Notizen machte.
    Ich schrieb: »Kvothe – Die Geschichte der Chandrian. Berichte über die Chandrian und ihre Zeichen: Schwarze Augen, blaue Flammen usw.«
    Anschließend ging ich zu den Regalen und betrachtete die Bücher. Ein oder zwei kannte ich von meinen Studien mit Ben. Das Einzige, was man im Saal hörte, war das gelegentliche Schaben einer Feder auf Papier oder das leise, vogelschwingenartige Geräusch, mit dem eine

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