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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Ehre Gottes‹ übersetzen lässt. Sie waren fahrende Ritter, aber auch eine unabhängige Streitmacht. Sie durften in geistlichen wie in weltlichen Verfahren als Richter fungieren. Und sie alle waren, in unterschiedlichem Grade, dem Gesetz selbst nicht unterworfen.«
    Das wusste ich größtenteils bereits. »Aber woher kamen sie?«, fragte ich.
    »Sie entstanden aus einer Gruppe reisender Richter«, sagte Lorren. »Männern, die von Stadt zu Stadt zogen und den kleineren Ortschaften des Aturischen Reichs die Herrschaft des Rechts brachten.«
    »Dann stammten sie aus Atur?«
    Er sah mich an. »Woher sollten sie denn sonst stammen?«
    Ich brachte es nicht fertig, ihm die Wahrheit zu sagen: dass ich den Erzählungen eines alten Mannes wegen die Vermutung hegte, dass die Amyr Wurzeln hatten, die weit älter waren als das Aturische Reich. Und dass ich hoffte, es gebe sie irgendwo auf der Welt immer noch.
    Lorren nahm mein Schweigen als eine Antwort. »Ich gebe dir einen Rat«, sagte er freundlich. »Die Amyr sind dramatische Gestalten. Wenn wir jung sind, tun wir alle so, als wären wir Amyr, und schlagen Schlachten mit Schwertern aus Weidenruten. Es ist ganz natürlich, dass sich Jungen von diesen Geschichten angezogen fühlen.« Er sah mir in die Augen. »Ein Mann jedoch, ein Arkanist , muss sich auf die Gegenwart konzentrieren. Und er muss sich um praktische Belange kümmern.«
    Er sah mir weiter in die Augen. »Du bist jung. Viele werden dich allein danach beurteilen.« Ich atmete scharf ein, doch er hob eine Hand. »Ich unterstelle dir nicht, dass du dich kindischen Fantasien hingibst. Ich rate dir vielmehr, nicht so zu wirken, als würdest du dich kindischen Fantasien hingeben.« Er sah mich mit festem Blick an, und sein Gesichtsausdruck war dabei so ruhig wie eh und je.
    Ich dachte daran, wie Ambrose mich behandelt hatte, und nickte, und ich spürte, wie mir die Röte in die Wangen stieg.
    Lorren nahm eine Feder und strich meine Bestellung durch. »Ich habe großen Respekt vor Neugier«, sagte er noch einmal. »Andere sehen das jedoch anders. Ich möchte nicht, dass dein erstes Trimester von derlei Dingen unnötig kompliziert wird. Es wird für dich vermutlich auch so schon schwierig genug.«
    Ich schlug den Blick nieder und kam mir vor, als hätte ich ihn irgendwie enttäuscht. »Ich verstehe. Vielen Dank, Sir.«

Kapitel 39
    Einen Strick drehen

    A m nächsten Tag kam ich zehn Minuten zu früh in Hemmes Seminar und setzte mich in die erste Reihe. Ich hoffte, den Meister vor Seminarbeginn abpassen zu können und mir so einen weiteren seiner Vorträge zu ersparen.
    Doch leider kam es nicht dazu. Der Hörsaal war schon voll besetzt, als er durch die Hintertür hereinkam und die drei Stufen zu dem hölzernen Podium hinaufging. Dann sah er sich im Saal nach mir um. »Ah, da ist ja unser Wunderkind. Steh doch bitte einmal auf.«
    Ohne eine Ahnung von dem, was hier vor sich ging, erhob ich mich.
    »Ich habe gute Neuigkeiten für euch«, sagte er. »Kvothe hat mir versichert, dass er die Grundlagen der Sympathie vollkommen beherrscht. Damit hat er auch angeboten, den heutigen Unterricht zu leiten.« Er lud mich mit großer Geste ein, zu ihm aufs Podium zu kommen. Er lächelte, doch sein Blick blieb hart. »Kvothe?«
    Er machte sich natürlich über mich lustig und erwartete, dass ich eingeschüchtert und verlegen auf meinem Sitz zusammensinken würde.
    Ich hatte mich aber in meinem Leben schon genug einschüchtern lassen. Also betrat ich das Podium und schüttelte ihm die Hand. Mit bester Bühnenstimme wandte ich mich darauf an die Studenten: »Ich bedanke mich bei Meister Hemme für diese Gelegenheit. Ich hoffe, dass ich ihm helfen kann, einige Einblicke in dieses äußerst wichtige Thema zu geben.«
    Da er dieses Spielchen begonnen hatte, konnte Hemme ihm nun keinen Einhalt mehr gebieten, ohne sich lächerlich zu machen. Während er mir die Hand schüttelte, blickte er mich an wie ein Wolf ein auf einen Baum gehetztes Kätzchen. Lächelnd verließ er das Podium und setzte sich auf meinen Platz in der ersten Reihe. Da er fest von meiner Unwissenheit überzeugt war, war er bereit, das Spiel mitzuspielen.
    Ich wäre nie im Leben damit durchgekommen, hätte Hemme da nicht zwei Fehler gemacht: Erstens war er so dumm, nicht zu glauben, was ich ihm am Vortag gesagt hatte. Und zweitens wollte er unbedingt, dass ich mich vor seinen Augen bis auf die Knochen blamierte.
    Schlicht gesagt, verließ er sich darauf, dass ich mir

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