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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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steckt kein Mädchen dahinter. Wirklich nicht.« Ich schluckte und gab mir Mühe, die Fassung zu wahren.
    »Sim, ich glaube, wir haben etwas übersehen«, sagte Wilem und sah mich mit einem seltsamen Blick an. »Schau ihn dir mal genau an.«
    Simmon musterte mich ebenfalls prüfend. Nun gingen mir die Blicke der beiden auf die Nerven, und die Tränen waren mit einem Mal weg.
    »Also«, sagte Wilem, als würde er einen Vortrag halten. »Seit wie vielen Trimestern ist unser junger E’lir hier an der Universität?«
    Sim ging sichtlich ein Licht auf. »Oh.«
    »Würde mir mal jemand sagen, worum es hier geht?«, fragte ich bockig.
    Wilem überhörte mich. »Und welche Fächer studierst du?«
    »Alle«, sagte ich, froh über einen Vorwand, mich zu beklagen. »Geometrie, Medizin, höhere Sympathie bei Elxa Dal, und im Handwerkszentrum gehe ich bei Manet in die Lehre.«
    Simmon blickte leicht entsetzt. »Dann ist es ja kein Wunder, dass du aussiehst, als ob du seit einer Spanne nicht mehr geschlafen hättest«, sagte er.
    Wilem nickte. »Und außerdem arbeitest du ja auch noch in Kilvins Werkstatt, nicht wahr?«
    »Jeden Abend ein paar Stunden.«
    Simmon war entgeistert. »Und dann lernst du auch noch gleichzeitig ein Instrument? Bist du denn von allen guten Geistern verlassen?«
    »Die Musik ist das einzige, was mir Halt gibt«, sagte ich und berührte meine Laute. »Und ich lerne nicht. Ich übe nur.«
    Wilem sah zu Simmon hinüber. »Was meinst du, wie lange hat er noch?«
    Simmon musterte mich. »Allerhöchstens anderthalb Spannen.«
    »Was meint ihr damit?«
    Wilem beugte sich vor. »Wir alle halsen uns früher oder später mal zu viel auf. Aber manche Studenten merken es erst, wenn es schon zu spät ist. Sie machen sich kaputt. Und dann brechen sie notgedrungen ihr Studium ab oder rasseln bei den Prüfungen durch. Manche holen sich auch noch einen Knacks.« Er tippte sich an die Stirn. »Das passiert meist im ersten Studienjahr.« Er sah mich viel sagend an.
    »Aber ich habe mir nicht zu viel aufgehalst«, sagte ich.
    »Guck doch mal in den Spiegel«, entgegnete Wilem.
    Ich wollte den beiden eben versichern, dass mit mir alles in Ordnung sei, doch da hörte ich, dass die Stunde geschlagen wurde, und so blieb mir nur noch Zeit, mich flugs zu verabschieden, denn ich musste mich sputen, damit ich nicht zu spät zu meinem Seminar über höhere Sympathie kam.

    Elxa Dal stand zwischen zwei mittelgroßen Kohlenbecken. Mit seinem sorgfältig gestutzten Bart und dem dunklen Talar entsprach er dem Klischeebild des bösen Zauberers, wie er in so vielen schlechten aturischen Theaterstücken vorkommt. »Ihr müsst immer daran denken, dass der Sympathetiker der Flamme verbunden ist«, sagte er. »Wir sind ihr Herr, aber auch ihr Diener.«
    Er schob die Hände in die weiten, langen Ärmel und begann auf und ab zu gehen. »Wir sind die Herren des Feuers, denn es untersteht unserer Gewalt.« Er schlug mit der flachen Hand an eines der Kohlenbecken, und Flammen züngelten darin empor. »Die Energie in allen Dingen steht dem Arkanisten zu Gebote. Wir befehlen dem Feuer, und das Feuer gehorcht.« Er ging langsam in die andere Ecke des Raums. In dem Kohlenbecken hinter ihm wurden die Flammen nun wieder kleiner, und in dem, auf das er zuging, loderten sie in die Höhe. Ich wusste sein Talent für effektvolle Darbietungen durchaus zu schätzen.
    Dal blieb stehen und wandte sich zum Auditorium. »Aber wir sind auch Diener des Feuers. Denn das Feuer ist die gängigste Form von Energie, und ohne Energie ist unser ganzes Können als Arkanisten nicht allzu nützlich.« Er wandte dem Auditorium den Rücken zu und begann die Schiefertafel abzuwischen. »Packt eure Sachen zusammen, und dann wollen wir mal sehen, wer heute gegen E’lir Kvothe antritt.« Er schrieb eine Namensliste der Studenten an die Tafel. Mein Name stand an erster Stelle.
    Vor drei Spannen hatte Dal begonnen, uns gegeneinander antreten zu lassen. Er bezeichnete das als »Duelle«. Es war zwar eine willkommene Abwechslung zur Eintönigkeit der Vorlesungen, hatte aber durchaus auch eine dunkle Seite.
    Gut hundert Studenten gingen alljährlich aus dem Arkanum hinaus in die Welt, etwa ein Viertel davon mit einem Gildenabzeichen. Das bedeutete, dass es jedes Jahr hundert Menschen mehr auf der Welt gab, die in der Anwendung der Sympathie geschult waren, Menschen, gegen die man später im Leben aus dem einen oder anderen Grunde möglicherweise seinen Willen durchsetzen musste. Dal

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