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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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und zu verhindern, dass dem Gegner dies gelang. Dazumusste man seinen Geist in zwei Hälften aufspalten. Die eine Hälfte glaubte mit dem Alar, dass der eigene Docht (oder der Strohhalm, wenn man so dumm war) eins mit dem Docht der Kerze war, die man entzünden wollte. Dann zog man aus der Quelle die nötige Energie, um das geschehen zu lassen.
    Währenddessen war die andere Geisteshälfte damit befasst, den Glauben aufrecht zu erhalten, dass der Docht des Gegners nicht eins war mit dem Docht der eigenen Kerze.
    Wenn sich das schwierig anhört, so könnt ihr mir glauben, dass dies erst der Anfang der Schwierigkeiten ist.
    Noch weiter erschwert wurde das Ganze durch den Umstand, dass wir beide keine Quelle hatten, aus der wir schöpfen konnten. Man muss sehr vorsichtig sein, wenn man sich selbst als Quelle nutzt. Der menschliche Körper hat schließlich nicht ohne Grund eine bestimmte Wärme. Und er reagiert unberechenbar, wenn man diese Körperwärme anzapft.
    Auf einen Wink von Elxa Dal hin ging es los. Ich richtete sofort meine gesamte Geisteskraft auf die Verteidigung meiner Kerze und begann hektisch nachzudenken. Es war aussichtslos, ich konnte nicht gewinnen. Da konnte man ein noch so guter Fechter sein: Wenn der Gegner über eine Klinge aus Ramston-Stahl gebietet und man selber mit einer Weidenrute angetreten ist, hat man keine noch so geringe Chance.
    Ich versenkte mich in das Steinerne Herz. Dann, während ich immer noch einen Großteil meiner Geisteskräfte auf den Schutz meiner Kerze richtete, verband ich seine Kerze mit ein paar gemurmelten Worten mit meiner. Ich kippte meine Kerze um und zwang Fenton so, nach seiner Kerze zu greifen, ehe sie ebenfalls umgefallen wäre.
    Ich versuchte diese Ablenkung auszunutzen und seine Kerze zu entzünden. Ich legte meine ganze Kraft darein und spürte, wie von meiner rechten Hand, in der ich den Strohhalm hielt, eine Kälte meinen Arm emporkroch. Doch nichts geschah. Seine Kerze ließ sich nicht entflammen.
    Ich legte die linke Hand um den Docht meiner Kerze und verbarg sie so vor Fentons Blick. Das war ein billiger Trick, der bei einemfähigen Sympathetiker nicht gefruchtet hätte, aber meine einzige Hoffnung bestand darin, dass es mir irgendwie gelang, ihn durcheinander zu bringen.
    »He, Fen«, sagte ich. »Kennst du schon den Witz mit dem Kessler, dem Tehlaner, der Bauerstochter und dem Butterfass?«
    Fenton antwortete nicht. Sein blasses Gesicht wirkte aufs Äußerste konzentriert.
    Ich gab den Versuch auf, ihn abzulenken. Fenton war zu klug, um sich auf diese Weise aus dem Konzept bringen zu lassen. Und außerdem fiel es mir sehr schwer, dabei die zum Schutz meiner Kerze nötige Konzentration zu wahren. Ich versenkte mich noch tiefer in das Steinerne Herz und vergaß die ganze Welt – außer den beiden Kerzen, einem Stück Docht und einem Strohhalm.
    Nach einer Minute war ich in kalten Schweiß gebadet und zitterte. Fenton sah das, und auf seinen bleichen Lippen zeigte sich ein Lächeln. Ich verdoppelte meine Anstrengungen, aber es gelang mir einfach nicht, seine Kerze zu entzünden.
    Fünf Minuten vergingen, das ganze Seminar war mucksmäuschenstill. Die meisten Duelle dauerten nur ein oder zwei Minuten, und einer der Duellanten erwies sich schnell als klüger oder willensstärker. Mittlerweile waren meine beiden Arme kalt. Ich sah bei Fenton einen Halsmuskel spastisch zucken, wie bei einem Pferd, das eine Bremse von seiner Flanke zu schütteln versucht. Er versteifte sich und kämpfte gegen das Zittern an. Vom Docht meiner Kerze stieg ein Rauchfähnchen auf.
    Ich legte mich noch mehr ins Zeug. Ich merkte, dass ich zischend atmete, mit zusammengebissenen Zähnen und zurückgezogenen Lippen. Fenton schien das nicht zu bemerken. Sein Blick war glasig. Ich schlotterte so heftig, dass ich das Zittern seiner Hand fast übersehen hätte. Und dann sank Fentons Kopf ganz langsam in Richtung Tischplatte. Seine Augenlider wurden schwer. Ich biss die Zähne zusammen und wurde damit belohnt, dass von Fentons Kerze ein kleines Rauchfähnchen aufstieg.
    Mit ausdrucksloser Miene sah er hin, doch statt seine Verteidigung zu verstärken, machte er eine bleierne, müde Geste und legte den Kopf in seine Armbeuge.
    Er hob den Blick auch nicht, als die Kerze neben seinem Ellenbogen aufflackerte. Es gab Beifall und ungläubige Ausrufe.
    Jemand klopfte mir auf den Rücken. »Unglaublich, was? Er hat sich völlig erschöpft.«
    »Nein«, sagte ich mit schwerer Zunge und langte über

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