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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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fähigen Lautenisten aber normalerweise nicht überfordert. Sir Savien war jedoch eine Ballade, und der Gesangspart beruhte auf einer Gegenmelodie in einem anderen Takt als dem des Lautenparts. Haarig. Und wenn das Lied so aufgeführt wurde, wie es eigentlich gedacht war, und die Strophen abwechselnd von einer Männer- und einer Frauenstimme gesungen wurden, erschwerten die Gegenharmonien in den Refrains des weiblichen Parts das Lied noch zusätzlich. Trefflich aufgeführt, brach es einem das Herz. Doch leider waren nur sehr wenige Musiker einem solchen Sturm von einem Lied gewachsen.
    Stanchion trank noch einen Schluck und wischte sich dann mit dem Ärmel den Bart ab. »Singst du allein?«, fragte er und wirkte trotz seiner nur angedeuteten Warnung ein wenig aufgeregt. »Oder hast du jemanden mitgebracht, der dich begleiten wird? Ist etwa einer der Jungen, mit denen du hereingekommen bist, ein Kastrat?«
    Ich stellte mir Wilem als Sopran vor und hätte fast laut losgelacht. Ich schüttelte den Kopf. »Nein, ich kenne niemanden, der das singen kann. Ich dachte, ich wiederhole den dritten Refrain, damit jemand die Gelegenheit hat, als Aloine einzuspringen.«
    »Wie bei den fahrenden Sängern, hm?« Er sah mich ernst an. »Junge, es ist nicht an mir, dir das zu sagen, aber willst du dich wirklich mit jemandem, mit dem du nie geprobt hast, um dein Abzeichen bewerben?«
    Es beruhigte mich, dass ihm klar war, wie schwierig es werden würde. »Wie viele Träger des Abzeichens werden denn heute Abend hier sein – so ungefähr?«
    Er überlegte kurz. »Ungefähr? Acht. Oder vielleicht zwölf.«
    »Dann werden also aller Wahrscheinlichkeit nach mindestens drei Frauen da sein, die ihr Können schon unter Beweis gestellt haben?«
    Stanchion nickte und sah mich neugierig an.
    »Nun«, sagte ich. »Wenn es stimmt, was ich überall gehört habe – wenn man hier wirklich nur mit hervorragenden Leistungen so ein Abzeichen erringt, dann wird mindestens eine dieser Frauen Aloines Part beherrschen.«
    Stanchion nahm einen weiteren tiefen Schluck und beäugte mich dabei über seinen Humpen hinweg. Als er ihn schließlich wieder absetzte, vergaß er, sich den Bart abzuwischen. »Du bist ein stolzer Junge, was?«, fragte er frei heraus.
    Ich ließ den Blick durch den Saal schweifen. »Ist das hier nicht das Eolian ? Man sagte mir, dies sei der Ort, an dem der Stolze mit Silber bezahlt, um Gold zu erspielen.«
    »Gefällt mir«, sagte Stanchion, fast wie im Selbstgespräch. »Gold erspielen.« Er knallte seinen Humpen auf den Tresen, und Schaum sprudelte heraus. »Verdammt noch mal, Junge, ich hoffe, du bist wirklich so gut, wie du offenbar glaubst. Ich könnte hier gut noch jemanden gebrauchen, der über Illiens Feuer verfügt.« Er strich sich durch sein rötliches Haar, um die doppelte Bedeutung zu unterstreichen.
    »Und ich hoffe, dieser Ort ist wirklich so gut wie offenbar alle glauben«, sagte ich in ernstem Ton. »Ich brauche einen Ort, an dem ich brennen kann.«

    »Er hat dich nicht rausgeschmissen«, witzelte Simmon, als ich an den Tisch zurückkam. »Dann ist es also nicht so schlecht gelaufen, wie es hätte laufen können.«
    »Es ist ganz gut gelaufen, glaube ich. Aber ich bin mir nicht ganz sicher.«
    »Wie kannst du dir da nicht sicher sein?«, entgegnete Simmon. »Ich habe ihn lachen sehen. Das muss doch was Gutes bedeuten.«
    »Nicht unbedingt«, sagte Wilem.
    »Ich versuche mich gerade an alles zu erinnern, was ich zu ihm gesagt habe«, gestand ich. »Manchmal plappert mein Mund einfach drauflos, und mein Hirn kommt kaum hinterher.«
    »Das passiert dir oft, nicht wahr?«, sagte Wilem und zeigte ein seltenes Lächeln.
    Das Geplänkel nahm mir die Anspannung. »Immer öfter«, gestand ich grinsend.
    Wir tranken und scherzten über Kleinigkeiten, über Gerüchte rund um die Meister und über Studentinnen, die uns aufgefallen waren. Wir sprachen darüber, wen wir an der Universität mochten, aber weit mehr sprachen wir darüber, wen wir nicht mochten, und warum, und was wir mit denjenigen anstellen würden, wenn sich eine Gelegenheit bot.
    Und so verging die Zeit, und das Eolian füllte sich allmählich. Simmon wurde durch Wilems Spott weich und begann, Scutten zu trinken, einen kräftigen, dunklen Wein von den Hängen des Shalda-Gebirges.
    Und die Wirkung ließ nicht lange auf sich warten: Er lachte lauter, grinste breiter und rutschte aufgekratzt auf seinem Sitz hin und her. Wilem hingegen blieb so wortkarg wie eh und

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