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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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meinte. »Und wenn er geht, berührt sein ganzer Fuß den Boden. Nicht nur der Ballen, als ob er laufen würde, und nicht nur die Ferse, als zögere er. Er tritt mit dem ganzen Fuß auf und beansprucht damit dieses Stück Boden für sich.«
    Mit einer gewissen Verlegenheit versuchte ich, mich selbst zu beobachten – stets ein fruchtloses Unterfangen.
    Simmon sah ihn von der Seite an. »Da hat aber jemand Zeit mit Puppet verbracht, hm?«
    Wilem bestätigte es mit einem Achselzucken und warf dann einen Stein in den Wald am Straßenrand.
    »Wer ist denn dieser Puppet, den ihr ständig erwähnt?«, fragte ich, auch, um von mir selber abzulenken. »Ich sterbe noch vor Neugier, wenn ich das nicht endlich erfahre.«
    »Wenn jemand das schaffen könnte, dann du«, sagte Wilem.
    »Er ist meist den ganzen Tag in der Bibliothek«, erwiderte Sim zögernd, da er wusste, dass er damit bei mir einen wunden Punkt berührte. »Es wäre schwierig, euch miteinander bekannt zu machen, denn … na ja, du weißt ja …«
    Wir kamen an die alte Steinbrücke, die den Omethi überspannte. Sie maß vom einen zum anderen Ufer über siebzig Meter und wölbte sich in der Mitte gut zwanzig Meter empor, und es gab über sie mehr Geschichten und Legenden als über jedes andere Wahrzeichen der Universität.
    »Runterspucken bringt Glück«, sagte Wilem, als wir die Brücke betraten, und befolgte dann gleich seinen eigenen Rat. Simmon schloss sich an und spuckte mit kindlichem Überschwang übers Geländer.
    Fast hätte ich gesagt: »Mit Glück hat das nichts zu tun.« Meister Arwyls Worte, die an der Mediho eine geflügelte Redensart waren. Sie lagen mir schon auf der Zunge, doch dann schwieg ich und spuckte auch.

    Das Eolian lag im Herzen Imres, direkt am zentralen Marktplatz der Stadt. Dort standen Bänke und ein paar blühende Bäume, und ein Marmorspringbrunnen sprenkelte Wasser über die Statue eines Satyrs, der eine Gruppe knapp geschürzter Nymphen jagte, die eher pro forma vor ihm zu fliehen versuchten. Gut gekleidete Leute flanierten hier umher, und fast jeder Dritte hatte irgendein Musikinstrument dabei. Ich zählte mindestens sieben Lauten.
    Wir gingen zum Eingang des Lokals, und der Türsteher griff sich an die breite Hutkrempe und begrüßte uns mit einem Nicken. Er war ein Hüne, braungebrannt und muskulös. »Das macht einenJot, junger Herr«, sagte er lächelnd, und Wilem gab ihm eine Münze.
    Mich lächelte er ebenfalls an. Als er den Lautenkasten auf meinem Rücken sah, hob er eine Augenbraue. »Schön, ein neues Gesicht zu sehen. Du kennst die Regeln?«
    Ich nickte und gab ihm einen Jot.
    Er zeigte in den Saal. »Siehst du den Tresen?« Der fast zwanzig Meter lange Tresen aus geschwungenem Mahagoni, der sich bis ans andere Ende des Raums erstreckte, war nicht zu übersehen. »Siehst du, wo er am Ende einen Bogen Richtung Bühne macht?« Ich nickte. »Siehst du den Mann da auf dem Hocker? Wenn du versuchen willst, dein Abzeichen zu erringen, ist er derjenige, mit dem du sprechen solltest. Er heißt Stanchion.«
    Wir sahen einander an. »Danke –«, sagte ich und hielt inne, da ich seinen Namen nicht wusste.
    »Deoch«, sagte er und lächelte zurück.
    Einem plötzlichen Impuls folgend, streckte ich ihm meine Hand entgegen. »Deoch bedeutet trinken . Darf ich dir nachher einen ausgeben?«
    Er sah mich einen Moment lang an und lachte dann. Es war ein ungezwungenes, fröhliches Lachen, das von Herzen kam. Er schüttelte mir die Hand. »Warum nicht.«
    Dann ließ er meine Hand los und blickte hinter mich. »Simmon, hast du diesen jungen Mann angeschleppt?«
    »Eher er mich.« Simmon schien mein kurzer Wortwechsel mit dem Türsteher verstimmt zu haben, und ich verstand nicht, wieso. »Ich glaube nicht, dass der sich irgendwo hinschleppen lässt.« Er gab Deoch einen Jot.
    »Da könntest du recht haben«, erwiderte Deoch. »Er gefällt mir. Ich hoffe, er spielt heute Abend etwas für uns.«
    »Das hoffe ich auch«, sagte ich. Dann gingen wir hinein.
    Ich sah mich so beiläufig wie möglich im Eolian um. Hinten im Saal befand sich eine halbkreisförmige Bühne. Über etliche Wendeltreppen gelangte man auf eine Art Rang, und darüber war noch ein zweiter Rang zu sehen, der sich wie ein schmales Mezzanin rings um den Raum zog.
    Der Saal stand voller Tische und Stühle. An den Wänden zogen sich Sitzbänke entlang. Sympathielampen und Kerzen spendeten Licht.
    »Na, das war jetzt aber klug von dir«, sagte Simmon in schneidendem Ton.

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