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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Ich war ein wenig besorgt angesichts dieses Treffens. Ich hatte über einen Monat gebraucht, bis ich Auri aus den Tunneln unter der Universität hervorgelockt hatte. Es machte mir Sorgen, dass sie auf eine falsche Reaktion von Mola hin wieder dorthin fliehen würde, wo ich sie nicht finden könnte.
    Ich zeigte auf Mola, die immer noch stand. »Das ist meine Freundin Mola.«
    »Hallo, Mola.« Auri sah zu ihr hoch und lächelte. »Du hast Sonnenhaar, so wie ich. Möchtest du einen Apfel?«
    Mola blickte professionell neutral. »Ja, gerne, Auri. Vielen Dank.«
    Auri sprang auf, flitzte zu dem Apfelbaum, flitzte wieder zurück und überreichte Mola einen Apfel. »Dieser hier enthält einen Wunsch«, sagte sie. »Bevor du hineinbeißt, solltest du dir genau überlegen, was du dir wünschen willst.« Dann setzte sie sich wieder, nahm noch eine Bohne und kaute sehr sorgfältig.
    Mola betrachtete den Apfel eine ganze Weile, bevor sie hineinbiss.
    Auri beendete ihr Mahl und band den Salzbeutel wieder zu. »Und jetzt spiel!«, forderte sie aufgeregt. »Spiel!«
    Lächelnd holte ich die Laute hervor und strich mit den Fingern über die Saiten. Glücklicherweise war mein verletzter Daumen der der Griffhand, so dass er mich nicht allzu sehr behinderte.
    Ich sah zu Mola hinüber und stimmte die Saiten. »Du kannst gehen, wenn du magst«, sagte ich. »Ich möchte dir nicht versehentlich ein Ständchen bringen.«
    »Oh, du darfst nicht gehen«, wandte sich Auri an Mola, mit todernstem Blick. »Seine Stimme ist wie ein Gewitter, und seine Finger kennen jedes Geheimnis, das tief unter der kalten, dunklen Erde verborgen liegt.«
    Mola rang sich ein Lächeln ab. »Also das muss ich hören.«
    Und so spielte ich für die beiden, während die Sterne droben am Firmament weiter ihre Bahnen zogen.

    »Warum hast du niemandem davon erzählt?«, fragte mich Mola, als wir über die Dächer zurück kletterten.
    »Weil ich finde, dass das niemanden etwas angeht«, sagte ich. »Wenn sie wollte, dass die Leute wissen, dass sie dort unten lebt, würde sie es ihnen, glaube ich, selber sagen.«
    »Du weißt ganz genau, was ich meine«, erwiderte Mola gereizt.
    »Ja, ich weiß, was du meinst.« Ich seufzte. »Aber was sollte dabei Gutes herauskommen? Sie ist glücklich da, wo sie ist.«
    »Glücklich?«, erwiderte Mola ungläubig. »Sie ist abgerissen und halb verhungert. Sie braucht Hilfe. Essen und Kleidung.«
    »Ich bringe ihr Essen«, sagte ich. »Und ich werde ihr auch Kleider bringen, sobald …« Ich zögerte, weil ich nicht gestehen wollte, wie arm ich war. »Sobald ich das hinbekomme.«
    »Wozu warten? Wenn du doch nur jemandem davon erzählt hättest …«
    »Ja, klar«, sagte ich sarkastisch. »Jamison würde natürlich sofort mit einer Schachtel Pralinen und einem Federbett hier anrücken, wenn er erfahren würde, dass eine halb verrückte Studentin in den Tunneln unter seiner Universität lebt. Sie würden sie in die Irrenanstalt stecken, das weißt du doch ganz genau.«
    »Nicht unbedingt …« Sie sprach nicht weiter, denn sie wusste, dass ich recht hatte.
    »Mola, wenn die Leute nach ihr suchen würden, würde sie sich in den Tunneln verstecken. Sie würden sie verjagen, und dann hätte ich keine Möglichkeit mehr, ihr zu helfen.«
    Mola sah mich an, die Arme vor der Brust verschränkt. »Also gut. Aber du musst mich wieder mit hier raufnehmen. Ich werde ihr ein paar Kleider von mir mitbringen. Sie werden ihr zu groß sein, aber besser als das, was sie jetzt trägt.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das würde nicht funktionieren. Ich habe ihr vor ein paar Spannen schon mal ein Kleid aus zweiter Hand mitgebracht. Sie hat sich geweigert, es anzuziehen. Sie sagt, es sei widerlich, die abgelegten Kleider anderer Leute zu tragen.«
    Mola guckte verwirrt. »Sie sah mir gar nicht kealdisch aus. Nicht mal ein bisschen.«
    »Vielleicht wurde sie aber so erzogen.«
    »Geht es dir besser?«
    »Ja«, log ich.
    »Du zitterst. Hier, stütz dich auf mich.«
    Meinen neuen Umhang fest um mich geschlungen, nahm ich ihren Arm und ging langsam zum Anker’s zurück.

Kapitel 69
    Wie der Wille einer Frau

    I n den nächsten beiden Spannen hielt mich mein neuer Umhang auf meinen gelegentlichen Ausflügen nach Imre warm, aber es gelang mir auch weiter nicht, Denna ausfindig zu machen. Ich fand immer neue Gründe, um den Fluss zu überqueren: Manchmal lieh ich mir von Devi ein Buch, manchmal aß ich mit Threpe zu Mittag, manchmal trat ich im Eolian auf. Doch

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