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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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schlitzen uns die Pulsadern auf.«
    Ich winkte einer Kellnerin. »Ach was«, sagte ich. »Wir steigen nur auf etwas um, das einen nicht so wehmütig macht wie Wein.«

    Ich bemerkte gar nicht, dass ich verfolgt wurde, als ich zur Universität zurückging. Vielleicht war in meinen Gedanken kein Raum für etwas anderes als für Denna. Oder vielleicht führte ich mittlerweile schon so lange ein zivilisiertes Leben, dass die Reflexe, die ich mir in Tarbean angeeignet hatte, allmählich zu schwinden begannen.
    Der Brombeerbrand trug wahrscheinlich auch das Seinige dazu bei. Deoch und ich hatten uns noch lange unterhalten und gemeinsam eine halbe Flasche von dem Zeug geleert. Den Rest hatte ich mitgenommen, da ich wusste, dass Simmon ein Faible dafür hatte.
    Aber es spielt ja auch keine Rolle, wieso ich sie nicht bemerkte. Ich schlenderte jedenfalls gerade einen schlecht beleuchteten Abschnitt der Newhall Lane hinab, als ich einen stumpfen Gegenstand auf den Hinterkopf bekam und fast bewusstlos in eine nahe Gasse gezerrt wurde.
    Ich war nur einen Moment lang benommen, und als ich wieder zu Sinnen kam, hielt mir eine kräftige Hand den Mund zu. »Hör gut zu«, zischte mir der große Mann, der hinter mir stand, ins Ohr. »Ich habe ein Messer. Wenn du dich wehrst, steche ich zu. So einfach ist das.« Ich spürte etwas Spitzes an meinem Brustkorb, unter dem linken Arm. »Was sagt der Peiler?«, fragte er seinen Begleiter.
    Eine große Gestalt war alles, was ich im Schummerlicht der Gasse erkannte. Der Mann neigte den Kopf und starrte in seine Hand. »Ich kann es nicht erkennen.«
    »Dann nimm ein Streichholz. Wir müssen sicher sein.«
    Jetzt bekam ich Panik. Das war kein Raubüberfall. Sie hatten nicht einmal meine Taschen nach Geld durchsucht. Hier ging es um etwas anderes.
    »Wir wissen doch, dass er es ist«, sagte der Größere ungeduldig. »Bringen wir es hinter uns. Mir ist kalt.«
    »Von wegen. Wir überprüfen das jetzt, wo wir ihn schon haben. Er ist uns schon zwei Mal entwischt. Und noch so eine beschissene Verwechslung wie in Anilin kann ich nicht gebrauchen.«
    »Das verwünschte Ding«, sagte der Größere und wühlte in seinen Taschen, immer noch auf der Suche nach einem Streichholz.
    »Du bist doch ein Idiot«, erwiderte der andere, der hinter mir stand. »Es ist so viel sicherer. Und auch viel einfacher. Keine verwirrenden Beschreibungen. Keine Namen. Keine Tarnung. Wir folgen der Nadel, finden den Mann und erledigen die Arbeit.«
    Ihr sachlich-nüchterner Tonfall jagte mir einen Schrecken ein. Es waren offenbar Profis. Ich war mir nun schlagartig sicher, dass Ambrose tatsächlich etwas unternommen hatte, dass ich ihm nie wieder auf die Nerven gehen konnte.
    Ich überlegte hektisch und tat das Einzige, was mir einfiel: Ich ließdie halbvolle Flasche Obstbrand fallen. Sie zersprang auf dem Kopfsteinpflaster, und die Abendluft war plötzlich von Brombeerduft erfüllt.
    »Na toll«, zischte der Größere. »Warum lässt du ihn nicht gleich auch noch eine Glocke läuten?«
    Der Mann hinter mir packte meinen Hals fester und schüttelte mich, so wie man einen jungen Hund schüttelt, um ihm Manieren beizubringen. »Lass den Scheiß«, sagte er gereizt.
    Ich erschlaffte in der Hoffnung, ihn so in Sicherheit zu wiegen, konzentrierte mich dann und flüsterte unter seiner Pranke eine Bindeformel.
    »Wenn du in die Glasscherben trittst, bist du selber schuld«, murmelte der Mann. Dann schrie er erschrocken auf, als die Schnapspfütze zu unseren Füßen in Brand geriet.
    Ich nutzte die Verwirrung und löste mich aus seinem Griff, war aber nicht schnell genug. Er erwischte mich gerade noch mit seinem Messer am Brustkorb. Dann rannte ich die Gasse hinunter.
    Meine Flucht war jedoch zu Ende, bevor sie richtig begonnen hatte. Die Gasse war eine Sackgasse und endete an einer Ziegelmauer. Keine Türen, keine Fenster, nichts, wohinter man sich hätte verstecken können oder was man hätte nutzen können, um die Mauer hochzuklettern. Ich saß in der Falle.
    Als ich mich umdrehte, sah ich, dass die beiden Männer den Ausgang der Sackgasse blockierten. Der Größere war immer noch damit beschäftigt, die Flammen an seinem Hosenbein zu löschen.
    Mein linkes Hosenbein brannte ebenfalls, aber ich verschwendete keinen Gedanken darauf. Eine kleine Brandwunde war das geringste meiner Probleme, wenn ich jetzt nicht schnell etwas unternahm. Ich sah mich noch einmal um, aber die Gasse war beklagenswert sauber. Hier lag nicht einmal

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