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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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irgendwelcher Unrat herum, den man als Waffe hätte gebrauchen können. Hektisch ging ich im Geiste durch, was ich in den Taschen meines Umhangs dabei hatte, und überlegte verzweifelt, was ich tun sollte. Eine kleine Rolle Kupferdraht war nutzlos. Salz – sollte ich es ihnen in die Augen schleudern? Nein. Ein getrockneter Apfel, Feder und Tinte, eine Murmel, Bindfäden, Wachs …
    Der Größere der beiden hatte mittlerweile das brennende Hosenbein gelöscht, und nun kamen sie langsam die Gasse herauf. Das Licht der brennenden Pfütze fing sich auf den Klingen ihrer Dolche.
    Immer noch dabei, meine Taschen zu durchsuchen, stieß ich auf einen Klumpen, den ich nicht erkannte. Dann fiel es mir wieder ein. Das war der Beutel mit den Bassalfeilspänen, die ich für meine Sympathielampe gekauft hatte.
    Bassal ist ein silbriges Leichtmetall. Ich wollte es einigen Legierungen beimengen. Und Manet, stets der sorgsame Lehrmeister, hatte großen Wert darauf gelegt, mir bei jedem Material, das wir verwendeten, die damit verbundenen Gefahren zu erläutern. Bassal, so hatte er mir erklärt, brennt, wenn es ausreichend erhitzt wird, mit heißer, weißer Flamme.
    Geschwind öffnete ich den Beutel. Das Dumme war, dass ich nicht wusste, wie ich es bewerkstelligen sollte. Einen Kerzendocht oder Alkohol zu entzünden, ist nicht schwer. Dazu braucht es nur einen gebündelten Hitzestoß. Bei Bassal aber ist es anders. Es entzündet sich nur bei großer Hitze. Deshalb dachte ich mir auch nichts dabei, es in der Tasche mit mir herumzutragen.
    Die Männer kamen noch ein paar Schritte näher, und ich warf die Hand voll Bassalspäne in hohem Bogen in ihre Richtung. Ich zielte auf ihre Gesichter, machte mir aber keine großen Hoffnungen, denn die Späne waren sehr leicht, und es war, als würde man eine Hand voll losen Schnee werfen.
    Ich hielt eine Hand an die Flamme an meinem Hosenbein und besann mich auf mein Alar. Die brennende Obstbrandpfütze hinter den beiden Männern erlosch, und nun war die Gasse in Dunkelheit getaucht. Die Hitze aber reichte noch nicht aus. In meiner Verzweiflung berührte ich meine blutende Seite und konzentrierte mich. Eine fürchterliche Kälte fuhr mir in die Glieder, als ich die Wärme meines Bluts anzapfte.
    Die Gasse wurde mit einem Schlag in grelles weißes Licht getaucht. Ich hatte die Augen geschlossen, aber selbst durch die zugekniffenen Lider war es noch stechend hell. Einer der Männer schrie erschrocken auf. Als ich die Augen wieder öffnete, war ich so geblendet, dass ich nur Schemen sah.
    Der Schrei ging in ein Stöhnen über, und ich hörte einen dumpfen Laut, so als wäre einer der Männer hingefallen. Der Größere begann zu stammeln, seine Stimme kaum mehr als ein verängstigtes Schluchzen. »O Gott, Tam. Meine Augen. Ich bin blind.«
    Allmählich konnte ich die Gasse wieder erkennen. Ich sah die dunklen Gestalten der beiden Männer. Der eine hockte auf den Knien und hielt sich die Hände vors Gesicht, und der andere lag etwas weiter hinten ausgestreckt am Boden. Er war offenbar mit dem Kopf an einen niedrigen Dachbalken geprallt und bewusstlos zu Boden gegangen. Über das Kopfsteinpflaster verteilt, sprühten die Bassalspäne noch letzte Funken.
    Der hockende Mann war sicherlich nur vorübergehend geblendet, aber es würde noch einige Minuten anhalten. Zeit genug, um mich aus dem Staub zu machen. Ich ging langsam an ihm vorbei und gab mir dabei große Mühe, leise aufzutreten. Mein Herz machte einen Satz, als seine Stimme wieder erklang.
    »Tam?« Der Mann hörte sich völlig verängstigt an. »Ich schwör dir, Tam, ich bin blind. Der Junge hat einen Blitz auf mich herabbeschworen.« Nun kroch er auf allen Vieren und tastete mit den Händen umher. »Du hattest recht. Wir hätten nicht herkommen sollen. Mit solchen Leuten sollte man sich nicht anlegen.«
    Einen Blitz. Natürlich. Er verstand ja nichts von echter Magie. Da kam mir eine Idee.
    Ich atmete tief durch und beruhigte meine Nerven ein wenig. »Wer hat euch gesandt?«, fragte ich in meinem besten Taborlin-der-Große-Tonfall. Er war zwar nicht so gut wie der meines Vaters, aber auch nicht schlecht.
    Der Größere der beiden stöhnte jämmerlich und erstarrte. »Oh, Sir. Bitte tut mir nichts …«
    »Ich frage nicht noch einmal«, schnitt ich ihm wütend das Wort ab. »Sag mir, wer euch gesandt hat. Und wenn du es wagst mich anzulügen, wird es dir schlecht ergehen.«
    »Ich weiß keine Namen«, sagte er hastig. »Wir haben nur einen

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