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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Füßen zu haben. Der Hengst schafft noch zehn Meilen, schätze ich mal. Aber von mir kann ich das nicht behaupten.«
    Der Kessler betrachtete noch einmal das Pferd und seufzte dann laut. »Also, wie gesagt, ich sitze hier ein wenig in der Klemme. Wie viel willst du für ihn haben?«
    »Nun ja«, sagte ich. »Keth-Selhan ist ein reinrassiger Khershaner, und seine Farbe ist wunderschön, das müsst Ihr zugeben. Er ist vollkommen schwarz. Kein einziges helles Haar –«
    Der Kessler brach in Gelächter aus. »Ich nehme alles zurück«, sagte er. »Du bist ein grottenschlechter Lügner.«
    »Wie bitte?«, fragte ich.
    Der Kessler sah mich seltsam an. »Kein einziges helles Haar, was?« Er deutete an mir vorbei auf Selhans Hinterhand. »Also, wenn der ganz schwarz ist, bin ich Oren Velciter.«
    Ich sah mich um und musste feststellen, dass Keth-Selhan an der linken Hinterhand eine weiße Socke hatte, die halb bis zum Sprunggelenk hinaufreichte. Völlig verblüfft, ging ich hin, bückte mich und sah es mir an. Es war kein reines Weiß, eher ein verwaschenes Grau.Es roch schwach nach dem Wasser des Flusses, den wir auf dem letzten Abschnitt unserer Reise durchquert hatten – Lösungsmittel.
    »Dieser verdammte Rosstäuscher«, sagte ich fassungslos. »Er hat mir ein gefärbtes Pferd angedreht.«
    »Hat dich der Name nicht stutzig gemacht?«, fragte der Kessler und kicherte. » Keth-Selhan? Mein lieber Mann, da hat dich aber einer zum Narren gehalten.«
    »Der Name bedeutet Abenddämmerung«, sagte ich. Der Kessler schüttelte den Kopf. »Dein Siaru ist eingerostet. Ket-Selem wäre ›Anfang der Nacht‹. Selhan bedeutet Socke. Er heißt ›eine Socke‹.«
    Ich dachte daran, wie der Pferdehändler reagiert hatte, als ich den Namen ausgesucht hatte. Kein Wunder, dass er so beunruhigt gewirkt hatte. Kein Wunder auch, dass er so schnell beim Preis nachgegeben hatte. Er hatte angenommen, ich hätte sein kleines Geheimnis entdeckt.
    Der Kessler lachte, als er meinen Gesichtsausdruck sah, und klopfte mir auf die Schulter. »Mach dir nichts draus, mein Junge. Vor so etwas ist keiner gefeit.« Er drehte sich um und begann in seinen Bündeln herumzuwühlen. »Ich glaube, ich habe etwas, das dir gefallen wird. Lass mich dir einen Tausch anbieten.« Er wandte sich wieder um und hielt einen schwarzen, knorrigen Gegenstand in der Hand, der aussah wie ein Stück Treibholz.
    Ich nahm es in die Hand und sah es mir an. Es war schwer und fühlte sich kalt an. »Ein Stück Eisenschlacke?«, fragte ich. »Sind Euch die Zauberbohnen ausgegangen?«
    Der Kessler hielt eine Nadel in der Hand. Er hielt sie gut eine Handspanne von dem Klumpen entfernt und ließ sie dann los. Doch statt zu Boden zu fallen, flog die Nadel quer durch die Luft und blieb an dem schwarzen Eisenklumpen hängen.
    »Oh«, sagte ich, »ein Lodenstein? Ich habe noch nie einen gesehen.«
    »Im strengen Sinne ein Trebon-Stein«, erwiderte der Kessler. »Er war nie auch nur in der Nähe von Loden. Aber ansonsten liegst du richtig. Und für dieses schöne Stück finden sich drunten in Imre sicherlich eine Menge Interessenten …«
    Ich nickte geistesabwesend und drehte den Stein in den Händen hin und her. Immer schon hatte ich einen Magnetstein sehen wollen,schon als kleiner Junge. Ich zog die Nadel fort und spürte die sonderbare Anziehung, die das glatte schwarze Metall darauf ausübte. Ich staunte: Ein Stück Sterneneisen in meiner Hand. »Wie viel ist der wert?«, fragte ich.
    Der Kessler kaute ein wenig auf seinen Zähnen herum. »Na ja, ich schätze mal, hier und jetzt ist er genauso viel wert wie ein reinrassiges Khershaner-Lastpferd …«
    Ich drehte den Stein hin und her, zog die Nadel ab und ließ sie wieder an den Stein schnellen. »Das Problem ist bloß, dass ich bei einer sehr gefährlichen Frau Schulden gemacht habe, um dieses Pferd kaufen zu können. Wenn ich es nicht zu einem guten Preis verkaufe, gerate ich in eine ausgesprochen missliche Lage.«
    Er nickte. »Wenn du für ein Stück Himmelseisen von dieser Größe weniger als achtzehn Talente nimmst, schneidest du dir selbst ein Loch in den Geldbeutel. Jeder Juwelier wird es dir abkaufen, oder auch reiche Leute, die solche Kostbarkeiten sammeln.« Er tippte sich mit dem Finger an den Nasenflügel. »Doch wenn du damit an die Universität gehst, kannst du sogar noch mehr dafür kassieren. Die Handwerker dort sind ganz versessen auf Lodensteine, und die Alchemisten auch. Wenn du einen findest, der in der

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