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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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es nicht wert, hineinzugehen. Wie du schon sagtest: Es ist doch nur eine Leier.«
    Ich ließ mich von ihr fortführen. »Die Leiche deines Gönners könnte noch im Haus liegen.«
    Denna schüttelte den Kopf. »Er ist nicht der Typ, der in ein brennendes Haus läuft.« Sie sah mich ernst an. »Was glaubst du denn überhaupt dort zu finden?«
    »Ich weiß es nicht«, gestand ich. »Aber wo sollte ich sonst nach Anhaltspunkten dafür suchen, was hier wirklich geschehen ist?«
    »Was sind das denn für Gerüchte, von denen du gehört hast?«, fragte Denna.
    »Sie gaben nicht sehr viel her«, erwiderte ich und dachte daran, was der Flussschiffer erzählt hatte. »Eine Hochzeitsgesellschaft wurde ermordet. Alle Mann tot. Hin und her geschleudert wie Puppen. Blaue Flammen.«
    »Hin und her geschleudert wie Puppen stimmt nicht«, erwiderte Denna. »Nach dem, was ich in der Stadt gehört habe, wurden die meisten mit Schwertern erschlagen oder erdolcht.«
    In der Stadt hatte ich niemanden auch nur ein Messer am Gürtel tragen sehen. Das einzige, was mir dazu einfiel, waren die Bauern mit ihren Sicheln und Sensen. Ich betrachtete wieder das ausgebrannte Farmhaus und war mir sicher, dass ich irgendetwas übersah.
    »Was glaubst denn du, was hier geschehen ist?«, fragte Denna.
    »Ich weiß es nicht«, sagte ich. »Ich habe fast damit gerechnet, gar nichts zu vorzufinden. Du weißt ja, wie manche Gerüchte aufgebauscht werden.« Ich sah mich zu ihr um. »Ich hätte auch die blauen Flammen als Gerücht abgetan, wenn du es nicht bestätigt hättest.«
    »Das haben gestern Abend auch noch andere Leute gesehen«, erwiderte sie. »Das Feuer glomm noch, als sie heraufkamen, um die Toten zu bergen, und mich fanden.«
    Ich sah mich weiter um. Immer noch hatte ich das Gefühl, dass ich etwas übersah, kam aber auf Biegen und Brechen nicht drauf, was es war. »Was glauben sie denn in der Stadt?«, fragte ich.
    »Mir gegenüber waren sie nicht sehr gesprächig«, erwiderte sie bitter. »Aber ich habe ein Gespräch zwischen dem Bürgermeister und einem Wachtmeister aufgeschnappt. Die Leute sprechen hinter vorgehaltener Hand von Dämonen. Daran sind sicher die blauen Flammen schuld. Manche sprechen von Butzemännern. Das Erntedankfest wird dieses Jahr sicher sehr traditionell ausfallen. Viele Feuer, viel Apfelwein, viele Strohmänner …«
    Ich sah mich noch einmal um: Der Trümmerhaufen, der einmal die Scheune gewesen war, eine Windmühle mit nur noch drei Flügeln und das ausgebrannte Farmhaus. Frustriert fuhr ich mir mit den Fingern durchs Haar. Ich war mir immer noch sicher, dass ich etwas übersah. Ich hatte erwartet, … irgendetwas zu finden.
    Während ich dort stand, wurde mir klar, wie töricht diese Hoffnung war. Was hatte ich denn zu finden gehofft? Einen Fußabdruck? Einen Fetzen von einem Gewand? Einen zusammengeknüllten Zettel mit einer entscheidenden Information, praktischerweise für mich aufgeschrieben? So etwas gab es doch nur in Geschichten.
    Ich zog meine Wasserflasche hervor und trank den letzten Schluck.»Also, ich wäre dann fertig hier«, sagte ich und ging zu dem Wasserbottich. »Was hast du jetzt vor?«
    »Ich muss mich noch ein bisschen umsehen«, erwiderte sie. »Es besteht die Möglichkeit, dass mein adliger Freund verletzt ist und irgendwo dort draußen liegt.«
    Ich ließ den Blick über die Hügel schweifen, die gold gefärbt waren von dem Herbstlaub und den Weizenfeldern und grün von den Wiesen und den Kiefern- und Tannenwäldern. Dazwischen ragten dunkle Felsen und Steilhänge auf. »Es ist ein ziemlich großes Gebiet, das man da absuchen müsste …«, sagte ich.
    Denna nickte resigniert. »Ich muss es wenigstens versuchen.«
    »Soll ich dir helfen?«, fragte ich. »Ich finde mich im Wald ganz gut zurecht …«
    »Ich habe bestimmt nichts dagegen, dass du mich begleitest«, sagte sie. »Besonders da hier offenbar eine Horde von Dämonen ihr Unwesen treibt. Und du hast außerdem angeboten, heute Abend etwas für mich zu kochen.«
    »Ja, das stimmt.« Ich ging an der verkohlten Windmühle vorbei zu der Wasserpumpe und ergriff den eisernen Schwengel, drückte ihn hinunter und wäre fast hingefallen, als er am anderen Ende abbrach.
    Ich starrte den abgebrochenen Pumpenschwengel an. Er war vollkommen durchgerostet und zerbröckelte mir buchstäblich in der Hand.
    Da fiel mir mit einem Mal wieder ein, wie ich an jenem Abend vor vielen Jahren ins Lager zurückgekommen war und meine Truppe ermordet vorgefunden

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