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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Wort erwähnt, was dich überhaupt in diese abgelegene Gegend verschlagen hat.«
    »Die Meister der Universität haben seltsame Gerüchte gehört und mich hergeschickt, damit ich herausfinde, ob an ihnen etwas dran ist«, sagte ich. Ich log, ohne mit der Wimper zu zucken. Dabei hatte ich gar nicht vorgehabt zu lügen, es rutschte mir einfach so heraus. Innerhalb eines Augenblicks entschied ich, dass ich es nicht riskieren konnte, ihr die Wahrheit über meine Suche nach den Chandrian zu erzählen. Ich hätte es nicht ertragen, wenn Denna mich für verrückt gehalten hätte.
    »So was machen die von der Universität?«, fragte sie. »Ich dachte, ihr hockt da alle bloß rum und lest Bücher.«
    »Manche von uns«, sagte ich. »Aber wenn wir von eigenartigen Gerüchten erfahren, muss einer los und herausfinden, was tatsächlich dahinter steckt. Denn wenn die Leute abergläubisch werden, nehmen sie sofort die Universität aufs Korn und denken: Wer beschäftigt sich denn mit dunklen Mächten, an die man besser nicht rühren sollte? Wen sollten wir denn mal auf einen schönen großen Scheiterhaufen werfen? «
    »So was treibst du also?«, fragte sie und machte mit ihrem halb verspeisten Apfel eine Geste. »Ermittlungen anstellen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Einer der Meister hat mich auf dem Kieker. Und der hat dafür gesorgt, dass ich diesen kleinen Ausflug unternehmen musste.«
    Keine schlechte Lüge, wenn man bedenkt, dass ich sie einfach so aus dem Ärmel schüttelte. Sie hätte sogar standgehalten, wenn Denna ein wenig nachgebohrt hätte, denn zum Teil stimmte es ja. Wenn es nötig ist, bin ich ein ausgezeichneter Lügner. Das ist zwar nicht gerade die edelste aller Fertigkeiten, sie kann aber sehr nützlich sein. Es hat viel mit Schauspielerei und Geschichtenerzählen zu tun,und ich habe das von meinem Vater gelernt, der in allen drei Disziplinen ein Meister war.
    »Du erzählst mir hier doch einen vom Pferd«, sagte Denna ganz sachlich.
    Ich erstarrte. Ich hatte gerade in den Apfel gebissen. Nun nahm ich ihn wieder aus dem Mund, und weiße Bissspuren blieben in der roten Schale zurück. »Wie bitte?«
    Sie zuckte die Achseln. »Du musst es mir nicht erzählen, wenn du nicht willst. Aber denk dir bitte nicht irgendwelche Märchen aus, nur weil du meinst, mich beruhigen oder beeindrucken zu müssen.«
    Ich atmete scharf ein, zögerte und atmete langsam wieder aus. »Ich will dir nichts vorlügen, warum ich hier bin«, sagte ich. »Aber ich habe Angst davor, was du von mir denkst, wenn ich dir die Wahrheit sage.«
    Dennas dunkle Augen blickten nachdenklich. »Na gut«, sagte sie schließlich und nickte kaum merklich. »Das glaube ich dir.«
    Sie biss noch einmal von dem Apfel ab und sah mir, während sie kaute, lange in die Augen. Ihre Lippen waren feucht und röter als der Apfel. »Ich habe Gerüchte gehört«, sagte ich schließlich. »Und ich will wissen, was hier geschehen ist. Das ist im Grunde alles. Ich …«
    »Kvothe, es tut mir leid.« Denna seufzte und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Ich hätte dich nicht drängen sollen. Es geht mich ja auch wirklich nichts an. Ich weiß selber, wie es ist, wenn man Geheimnisse hat.«
    In diesem Moment hätte ich ihr beinahe alles erzählt. Die ganze Geschichte mit meinen Eltern, den Chandrian und dem Mann mit den schwarzen Augen und dem Lächeln wie aus einem Alptraum. Aber ich hatte Angst, dass es sich wie die verzweifelte Erfindung eines Kindes anhören würde, das sich in einem Lügengespinst verfangen hat. Und so schlüpfte ich stattdessen in die Rolle des Feiglings und schwieg.
    »So wirst du nie deine große Liebe finden«, sagte Denna.
    »Wie bitte?«
    »Du isst das Kerngehäuse mit«, sagte sie belustigt. »Erst isst du drumherum alles weg und dann auch noch das Kerngehäuse, von unten nach oben. Ich habe noch nie gesehen, dass jemand so was macht.«
    »Eine alte Angewohnheit von mir«, sagte ich. Ich wollte ihr nicht die Wahrheit gestehen: Dass es in meinem Leben Zeiten gegeben hatte, in denen ich froh war, wenn ich überhaupt das Kerngehäuse einen Apfels abbekam. »Wie hast du das gerade gemeint?«
    »Hast du nie dieses Spiel gespielt?« Sie hielt ihr Kerngehäuse in die Höhe, den Stiel zwischen Daumen und Zeigefinger. »Du denkst an einen Buchstaben und drehst den Stiel. Wenn er dran bleibt, denkst du an einen weiteren Buchstaben und drehst noch mal. Und wenn der Stiel abreißt …« Ihrer tat es. »… kennst du den Anfangsbuchstaben von dem Namen

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