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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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lang, was der Tom von gegenüber mal über unsere Kari gesagt hat.« Sie schüttelte den Kopf. »Aber da war nichts, was tödlich hätte enden können. Das waren ganz normale Leute.«
    Normal, aber wohlhabend, dachte ich und ging zu dem Farmhaus hinüber. Es war ein Haus, dessen Bau sich nur eine wohlhabende Familie leisten konnte. Das Fundament, die Mauern des Erdgeschosses und auch noch die Ecken des Obergeschosses waren aus massivem grauem Stein.
    Trotzdem neigten sich die Wände nach innen, und das Haus war kurz davor einzustürzen. Die Fenster und die Tür klafften, und an allen Kanten leckte Ruß aus dem Haus. Ich spähte in den Hauseingang und sah, dass die grauen Steinmauern drinnen ebenfalls rußgeschwärzt waren. Möbeltrümmer und Steingutscherben lagen über den verkohlten Dielenboden verstreut.
    »Wenn deine Sachen da drin waren«, sagte ich zu Denna, »dann haben sie das, glaube ich, nicht überstanden. Ich könnte hineingehen und nachsehen …«
    »Mach keine Dummheiten, das Haus kann jeden Moment einstürzen.« Sie klopfte an den Türrahmen. Es klang hohl.
    Neugierig geworden, sah ich es mir genauer an. Ich kratzte miteinem Fingernagel am Türrahmen entlang, und ein Splitter, so groß wie meine Hand, löste sich. »Das ist ja eher Treibholz als Bauholz«, sagte ich. »Wenn man so viel Geld für ein Haus ausgibt – warum spart man dann am Türrahmen?«
    Denna zuckte die Achseln. »Vielleicht kommt es von der Hitze des Feuers.«
    Ich nickte gedankenverloren, ging weiter und sah mich um. Ich hob ein Stück von einer verkohlten Holzschindel auf und murmelte eine Bindungsformel. Kälte fuhr mir die Arme hinauf, und das Schindelstück begann an einer Kante zu brennen.
    »So was sieht man auch nicht alle Tage«, sagte Denna. Ihre Stimme klang ganz ruhig, aber das war gespielt.
    Ich brauchte einen Moment, bis ich verstand, was sie damit meinte. Simple Sympathie war an der Universität so gang und gäbe, dass ich gar nicht daran gedacht hatte, wie das auf eine Außenstehende wirken musste.
    »Nur ein kleiner Zaubertrick«, sagte ich leichthin und hielt das brennende Holzstück empor. »Die Flammen gestern Abend waren blau?«
    Sie nickte. »So wie bei Kohlengas. Wie bei diesen Lampen in Anilin.«
    Das Schindelstück brannte mit einer ganz normalen, orangefarbenen Flamme, die nichts Blaues an sich hatte, was natürlich nichts über die Farbe der Flammen am Vorabend aussagte. Ich ließ das Holzstück fallen und trat es unter dem Absatz aus.
    Dann ging ich noch einmal um das Haus. Irgendetwas ließ mir keine Ruhe, aber ich kam nicht darauf, was es war. Ich wäre gerne hineingegangen, um mich drinnen umzusehen. »Das Feuer war ja eigentlich gar nicht so schlimm«, rief ich Denna zu. »Was hast du denn im Haus zurückgelassen?«
    »Nicht so schlimm?«, erwiderte sie ungläubig und kam zu mir. »Das Haus ist vollkommen ausgebrannt.«
    »Die Flammen sind nur um den Schornstein herum durchs Dach geschlagen«, sagte ich und zeigte nach oben. »Das bedeutet, dass der Brand im Obergeschoss wahrscheinlich keine größeren Schäden angerichtet hat. Was hattest du denn dabei?«
    »Ein paar Kleider und eine Leier, die Lord Esche mir geschenkt hat.«
    »Du spielst Leier?«, fragte ich erstaunt. »Wie viele Saiten?«
    »Sieben. Und ich habe erst angefangen, es zu lernen.« Sie lachte verlegen. »Für eine Dorfhochzeit bin ich gut genug, aber das war’s dann auch.«
    »Du solltest deine Zeit nicht mit einer Leier vergeuden«, sagte ich. »Das ist ein altertümliches Instrument, das keinen Raum für Feinheiten lässt. Es liegt mir natürlich fern, deine Instrumentenwahl zu kritisieren«, fügte ich schnell hinzu. »Ich will damit nur sagen, dass deine Stimme eine bessere Begleitung verdient, als eine Leier sie dir bieten kann. Wenn du ein Saiteninstrument willst, das du überallhin mitnehmen kannst, dann nimm doch eine kleine Harfe.«
    »Du bist nett«, sagte sie. »Aber ich habe sie mir nicht ausgesucht. Lord Esche hat sie für mich ausgesucht. Beim nächsten Mal werde ich ihn um eine Harfe bitten.« Sie sah sich um und seufzte. »Wenn er überhaupt noch am Leben ist.«
    Ich spähte in eines der Fenster, doch als ich mich auf der Fensterbank aufstützte, brach ein großes Stück davon ab. »Das hier ist auch alles völlig morsch«, sagte ich. Das Holz zerfiel buchstäblich unter meinen Fingern.
    »Allerdings.« Denna nahm meinen Arm und zog mich von dem Fenster fort. »Das Haus kann jeden Moment über dir einstürzen. Es ist

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