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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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lächelnd auf sie. »Das ist es. Irgendwas Protziges, womit man die Leute beeindrucken kann. Er ist ein protziger Mistkerl, dieser Mauthen.«
    »Dann weiß also keiner, was es war?«, fragte ich.
    Schiem nickte. »Nur eine Hand voll Leute wusste das. Mauthen und sein Bruder, zwei seiner Söhne und vielleicht noch seine Frau. Und die haben dieses große Geheimnis ein halbes Jahr lang gehütet.«
    Das rückte alles in ein neues Licht. Ich musste zurück zur Farm und mir alles noch einmal ansehen.
    »Habt Ihr denn hier heute jemanden gesehen?«, fragte ich. »Wir suchen einen Onkel von uns.«
    Schiem schüttelte den Kopf. »Nein, ich habe niemanden gesehen.«
    »Ich mache mir große Sorgen um ihn«, fügte Denna hinzu.
    »Ich will dir nichts vormachen«, sagte er. »Wenn er allein in diesen Wäldern unterwegs ist, hast du auch wirklich Grund zur Sorge.«
    »Treiben sich hier etwa böse Leute herum?«, fragte ich.
    »Nicht, was du jetzt denkst«, erwiderte er. »Ich komme nur einmal im Jahr hier herunter, im Herbst. Das Futter für die Schweine ist es wert. Aber es geschehen seltsame Dinge in diesen Wäldern. Besonders oben im Norden.« Er sah erst zu Denna hinüber und dann zu Boden und wusste offenbar nicht so recht, ob er fortfahren sollte oder nicht.
    Das war genau das, was ich erfahren wollte, und darum wischte ich seine Bemerkung beiseite und hoffte, ihm damit etwas zu entlocken. »Jetzt erzähl uns doch keine Schauermärchen, Schiem.«
    Schiem runzelte die Stirn. »Vorgestern Nacht, als ich mal aufstehen musste …« Er zögerte mit einem Seitenblick zu Denna, »– um was dringendes Privates zu erledigen, da habe ich Lichter im Norden gesehen. Es waren blaue Flammen, so groß wie ein Freudenfeuer. Und plötzlich«, er schnippte mit dem Finger, »waren sie wieder weg. So ging das drei Mal. Es hat mir einen höllischen Schrecken eingejagt.«
    »Vorgestern?«, fragte ich. Die Hochzeit lag erst einen Tag zurück.
    »Hab ich doch gesagt, oder etwa nicht?«, erwiderte er unwirsch. »Und seitdem bin ich auf dem Weg nach Süden. Was auch immer da nachts blaues Feuer macht, damit will ich nichts zu tun haben.«
    »Schiem, jetzt mal im Ernst: blaues Feuer?«
    »Ich bin doch kein verlogener Ruh, der sich irgendwelche Geschichten ausdenkt, um dir ein paar Pennys abzuluchsen, mein Junge«, erwiderte er gereizt. »Ich hab mein ganzes Leben hier auf diesen Bergen verbracht. Jeder weiß, dass da im Norden irgendwas ist. Darum halten sich die Leute auch fern von da.«
    »Gibt es dort oben keine Bauernhöfe?«, fragte ich.
    »Auf diesen Hängen wächst nichts, da könnte man höchstens Steine anbauen«, erwiderte er. »Oder glaubst du etwa, ich erkenn eine Kerze oder ein Lagerfeuer nicht, wenn ich eins sehe? Es war blau, das sag ich dir. Und es waren große Flammen.« Er unterstrich das mit einer Handbewegung. »Wie wenn man Schnaps ins Feuer kippt.«
    Ich ließ es dabei bewenden und lenkte das Gespräch auf ein anderes Thema. Bald darauf erhob sich Schiem mit einem Ächzen. »DieSchweine haben jetzt hier alles abgeweidet«, erklärte er und schüttelte die Glocke an seinem Wanderstab. Gehorsam kamen seine Tiere aus allen Himmelsrichtungen angetrottet. »Schweinchen, hou, hou, Schweinchen!«, rief er. »Schweinchen-Schweinchen-Schweinchen! Kommt her, lasst euch zählen!«
    Ich wickelte die Reste des Schweinebratens in ein Stück Sackleinen, und Denna ging ein paar Mal mit der Wasserflasche hin und her und löschte das Feuer. Als wir dann zum Aufbruch bereit waren, hatte Schiem seine Herde schon zusammengetrieben. Sie war größer, als ich gedacht hatte. Es waren über zwei Dutzend ausgewachsene Sauen, dazu die vielen Ferkel und der Eber mit den grauen Rückenborsten. Schiem winkte uns noch einmal zu und zog dann wortlos davon, und die Glocke an seinem Wanderstab läutete, während die Schweine ihm in einem losen Pulk folgten.
    »Na, das war jetzt aber nicht sehr geschickt«, sagte Denna.
    »Ich musste ihm ein bisschen auf die Füße treten«, erwiderte ich. »Abergläubische Leute reden nicht gern über das, wovor sie sich fürchten, und ich musste erfahren, was er da im Wald gesehen hat.«
    Ich schulterte meinen Reisesack und ging los. Denna mussterte verzagt die Umgebung. »Tja, dann sollten wir mal weitersuchen. Meinen Gönner und Antworten auf deine Fragen.«
    »Das hat doch keinen Sinn«, sagte ich.
    »Ich weiß, aber ich will es wenigstens versucht haben.«
    »Das meine ich nicht. Schau mal …« Ich zeigte auf eine

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