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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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dass dort kein Platz wäre, um eine Festung zu errichten.«
    Denna sah sich nachdenklich um und nickte. »Also gut, du hast mich überzeugt. Hier stand früher eine Festung. Und was jetzt?«
    »Ich würde es gerne bis auf den Gipfel dieses Hügels schaffen, bevor wir unser Nachtlager aufschlagen. Es sind nur ein oder zwei Meilen, und wenn im Norden etwas Seltsames vor sich geht, haben wir es von dort am Besten im Blick.« Ich überlegte einen Moment. »Und wenn Esche sich hier irgendwo im Umkreis von zwanzig Meilen aufhält, kann er unser Lagerfeuer sehen und uns finden. Wenn er so scheu ist und nicht in die Stadt will, geht er ja vielleicht eher zu einem Lagerfeuer.«
    Denna nickte. »Das ist in jedem Fall besser, als ziellos im Unterholz herum zu stolpern.«
    »Ich habe durchaus auch meine lichten Momente«, sagte ich und wies mit großer Geste den Hügel hinab. »Bitte. Ladys first.«

Kapitel 74
    Graustein

    T rotz unserer Erschöpfung kamen Denna und ich gut voran und erreichten bei Sonnenuntergang den Gipfel des nördlichen Hügels. Er war ringsherum von Wald umgeben, die Hügelkuppe aber war so kahl wie der Schädel eines Priesters. Die Aussicht in alle Himmelsrichtungen war atemberaubend. Während unserer Wanderung waren leider Wolken aufgezogen, die nun schiefergrau den Himmel bedeckten.
    Im Süden sah ich eine Hand voll kleinerer Bauernhöfe. Durch die Wälder schlängelten sich einige Flüsse und schmale Straßen, und im Westen ragte das Gebirge in der Ferne wie eine Wand empor. Im Südosten stiegen Rauchfahnen in den Himmel, und ich konnte die flachen, braunen Häuser von Trebon erkennen.
    Als ich mich nach Norden wandte, bestätigte sich die Schilderung des Schweinehirten. In dieser Richtung gab es keine Anzeichen für eine menschliche Besiedlung. Weder Straßen noch Bauernhöfe noch Rauchfahnen, nur ringsum unwegsames und unfruchtbares Gelände, nackte Felsen und einzelne Bäume, die sich an die Hänge klammerten.
    Das Einzige, was wir auf der Hügelkuppe vorfanden, waren fünf Grausteine. Drei der riesigen Felsblöcke waren zu einer Art Torbogen aufgestellt. Die anderen beiden lagen daneben, als würden sie sich im Gras ausruhen. Ich empfand ihre Gegenwart als tröstlich, wie eine unerwartete Begegnung mit alten Freunden.
    Denna setzte sich auf einen der liegenden Grausteine, während ich stehen blieb und mich umsah. Dann fielen die ersten Regentropfen auf mein Gesicht, und leise fluchend setzte ich meine Umhangkapuze auf.
    »Das geht schnell vorüber«, sagte Denna. »So war es an den vergangenen Abenden immer. Wolken ziehen auf, es regnet eine halbe Stunde, und dann ist alles wieder vorbei.«
    »Gut«, sagte ich. »Ich schlafe nämlich nicht gerne im Regen.«
    Meinen Reisesack stellte ich in den Windschatten der Grausteine, und wir begannen unser Lager aufzuschlagen. Dabei arbeiteten wir so reibungslos zusammen, als hätten wir das schon hundertmal gemacht. Denna suchte eine Feuerstelle aus und sammelte die dafür nötigen Steine. Ich holte zwei Arme voll Holz und machte Feuer. Dann ging ich noch einmal los, um etwas Salbei zu pflücken, und grub ein paar wilde Zwiebeln aus, die ich beim Aufstieg auf den Hügel entdeckt hatte.
    Es goss in Strömen, doch als ich mit der Zubereitung des Abendessens begann, hörte der Regen wieder auf. In meinem kleinen Kochtopf bereitete ich einen Eintopf zu – mit den Resten des Schweinebratens vom Mittag, einigen Möhren und Kartoffeln und den Zwiebeln. Ich würzte mit Salz, Pfeffer und Salbei, wärmte in der Nähe des Feuers ein Fladenbrot auf und wickelte das Stück Käse aus. Zu guter Letzt legte ich für den Nachtisch noch zwei Äpfel zum Backen auf die heißen Steine der Feuerstelle.
    Bis das Abendessen fertig war, hatte Denna einen kleinen Berg Feuerholz zusammengetragen. Wir ließen uns auf meiner ausgebreiteten Decke nieder, und als wir dann zu essen begannen, gab Denna anerkennende Laute von sich.
    »Daran könnte ich mich gewöhnen«, sagte sie, als wir aufgegessen hatten. Sie lehnte sich mit dem Rücken an einen Graustein. »Wenn du jetzt noch deine Laute dabei hättest, könntest du mich in den Schlaf singen, und alles wäre wunderbar.«
    »Ich bin heute Morgen einem Kessler begegnet, und der wollte mir eine Flasche Obstwein verkaufen«, sagte ich. »Ich wünschte, ich hätte das Angebot angenommen.«
    »Ich liebe Obstwein«, sagte sie. »War es Erdbeere?«
    »Ich glaube schon.«
    »Das haben wir nun davon, dass du nicht auf einen fahrenden Kessler

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