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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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einem Messer herumläuft, doch offensichtlich auf Ärger aus.«Sie griff tief in ihre Tasche und zog einen langen, schlanken Metallgegenstand hervor, der an einer Seite glänzte. »Eine Frau jedoch, die insgeheim ein Messer dabei hat, ist für alle Fälle gewappnet. Es ist im Allgemeinen einfacher, harmlos zu erscheinen. Damit erspart man sich eine Menge Ärger.«
    Ich erschrak nur deshalb nicht, weil sie das so sachlich-nüchtern erklärte. Ihr Messer war nicht viel länger als meins, aber kein Klappmesser. Es war ein einziges Stück Metall, am Griff mit einem dünnen Lederband umwunden, und eindeutig nicht dazu bestimmt, als Speise- oder Kochmesser zu dienen. Eher ähnelte es den Skalpellen, die ich aus der Mediho kannte. »Wie trägst du das in der Tasche, ohne dich zu schneiden?«, fragte ich.
    Denna zeigte es mir. »Meine Tasche hat innen einen Schlitz. Das Messer habe ich mir ans Bein geschnallt. Und weil es so flach ist, sieht man nicht, dass ich es trage.« Sie hielt es mir an dem Ledergriff entgegen. »Siehst du? So geht das. Mit dem Daumen auf der stumpfen Seite.«
    »Versuchst du mir die Unschuld zu rauben, indem du mir zeigst, wie ich sie am besten verteidigen kann?«, fragte ich.
    »Als ob du so etwas hättest«, lachte sie. »Ich will nur verhindern, dass du dir deine hübschen Hände zerschneidest, wenn du das nächste Mal ein Mädchen vor einem Schwein retten musst.« Sie legte den Kopf auf die Seite. »Apropos. Weißt du eigentlich, dass deine Augen, wenn du wütend bist …«
    »Schweinchen, hou, hou, Schweinchen!«, ertönte es hinter den Bäumen, gefolgt vom Scheppern einer Glocke. »Schweinchen-Schweinchen-Schweinchen …«
    Die Sau hob die Schnauze und trottete durchs Unterholz in Richtung der Stimme davon. Denna steckte ihr Messer weg, und ich schulterte meinen Reisesack. Dann folgten wir dem Schwein und entdeckten ein Stück den Bach hinab einen Mann, um den ein halbes Dutzend Säue herumliefen. Er hatte auch einen alten Eber dabei, und etwa zwanzig Ferkel tollten in der Nähe umher.
    Der Schweinehirte sah uns argwöhnisch entgegen. »Hallo!«, rief er. »Keine Bange. Die beißen nicht.«
    Er war hager und wettergegerbt und hatte einen zottigen Bart.An seinem langen Wanderstab hing eine schlichte Bronzeglocke, und über der Schulter trug er eine zerlumpte Tasche. Er roch längst nicht so schlimm wie man vielleicht erwartet hätte, denn frei weidende Schweine halten sich sauberer als eingepferchte. Und selbst wenn er wie ein eingepferchtes Schwein gestunken hätte, hätte ich ihm das nicht verübeln können, denn ich selbst hatte an diversen Zeitpunkten meines Lebens zweifellos noch schlimmer gestunken.
    »Dacht ich doch, dass ich hier am Wasser was gehört hab«, sagte er mit einem kräftigen Akzent, der darauf hindeutete, dass er an einem wirklich abgelegenen Ort aufgewachsen war, wahrscheinlich weitab im Gebirge.
    Diese Leute, das wusste ich noch von den Reisen mit meiner Truppe, lebten in jeder Hinsicht ausgesprochen traditionell. So schätzten sie beispielsweise selbstbewusste Frauen überhaupt nicht, und wenn bei ihnen die Männer miteinander sprachen, hatten die Frauen den Mund zu halten. Die kluge Denna gab mir mit einem Augenzwinkern zu verstehen, dass sie sich dessen bewusst war.
    Der Hirte kam auf uns zu, und sein sonnengegerbtes Gesicht wirkte streng. »Was macht ihr denn hier draußen?«, fragte er argwöhnisch. »Ich hab jemanden singen hören.«
    »Das war meine Kusine«, sagte ich und bediente mich dabei des gleichen Akzents. Ich zeigte auf Denna. »Sie hat wirklich eine liebliche Stimme, nicht wahr?« Ich streckte ihm eine Hand entgegen. »Freut mich sehr, Euch kennen zu lernen, Sir. Mein Name ist Kvothe.«
    Er schien erstaunt, dass ich nun ebenfalls mit diesem hinterwäldlerischen Akzent sprach, und das Misstrauen wich aus seiner Miene. Lächelnd schüttelte er mir die Hand und sagte: »Ich bin Skoivan Schiemmelpfenneg.«
    »Das ist ja ein geradezu königlicher Name«, erwiderte ich. »Wärt Ihr gekränkt, wenn ich das abkürzen würde?«
    »Meine Freunde nennen mich Schiem«, sagte er, grinste und klopfte mir auf den Rücken. »Und so hübsche junge Leute wie ihr dürfen mich auch Schiem nennen.« Er sah immer wieder zwischen Denna und mir hin und her.
    Denna hatte mit keiner Wimper gezuckt, als ich begonnen hatte, mit diesem Akzent zu sprechen. »Oh, Verzeihung«, sagte ich und wies auf sie. »Schiem, das ist meine Lieblingskusine.«
    »Dinnaeh«, sagte Denna.
    Ich senkte

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