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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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hörst«, schalt sie mich mit schon schläfrigem Blick. »Ein kluger Junge wie du müsste es doch eigentlich besser wissen.« Plötzlichsetzte sie sich wieder auf und zeigte über meine Schulter hinweg. »Sieh mal!«
    Ich blickte mich um. »Was soll ich sehen?«, fragte ich. Der Himmel war immer noch wolkenverhangen und das Land darunter in Dunkelheit gehüllt.
    »Schau hin. Vielleicht kommt es wieder … Da!«
    Da sah ich es. Ein blaues Flackern in der Ferne. Ich stand auf und stellte mich mit dem Rücken zum Feuer, damit es meine Sicht nicht störte. Denna kam zu mir, und wir hielten einen Moment lang den Atem an und warteten. Wieder war ein blaues Flackern zu sehen, diesmal heller.
    »Was mag das sein?«, fragte ich.
    »Die Eisenminen liegen von hier aus alle im Westen«, sagte Denna nachdenklich. »Das kann es nicht sein.«
    Wieder ein blaues Leuchten. Es schien von einem Felsvorsprung zu kommen, und das bedeutete, dass es, wenn es denn eine Flamme war, eine große Flamme sein musste. Um vieles größer als unser Lagerfeuer.
    »Du sagtest, Lord Esche hätte eine bestimmte Methode, dir etwas zu signalisieren«, sagte ich. »Ich will ja nicht neugierig sein, aber das ist es nicht, oder?«
    »Nein. Mit blauem Feuer hat er es nicht so«, sagte sie lachend wegen meiner Verunsicherung. »Das wäre dann doch zu unheimlich, selbst für seine Verhältnisse.«
    Wir sahen noch eine ganze Weile hin, aber es war nicht noch einmal zu sehen. Darauf nahm ich einen dicken Zweig, brach ihn entzwei und schlug mit einem Stein die beiden Hälften wie Zeltheringe in den Boden. Denna hob fragend eine Augenbraue.
    »Das gibt die Richtung an, aus der wir das Licht gesehen haben«, sagte ich. »Ich kann im Dunkeln keine Anhaltspunkte in der Landschaft erkennen, und so wissen wir morgen früh, aus welcher Richtung es kam.«
    Wir ließen uns wieder an dem Graustein nieder. Ich warf noch etwas Holz ins Feuer, und Funken stoben empor. »Einer von uns sollte wach bleiben und das Feuer in Gang halten«, sagte ich. »Nur für den Fall, dass jemand kommt.«
    »Ich schlafe sowieso nicht die ganze Nacht durch«, sagte Denna. »Also sollte das eigentlich kein Problem sein.«
    »Hast du Schwierigkeiten zu schlafen?«, fragte ich.
    »Ich habe Träume«, erwiderte sie in einem Ton, der klar machte, dass sie dazu weiter nichts sagen würde.
    Ich zupfte mir eine Klette vom Umhang und warf sie ins Feuer. »Ich glaube, ich ahne allmählich, was auf der Mauthen-Farm geschehen ist.«
    Denna hob den Kopf. »Erzähl.«
    »Warum sollten die Chandrian ausgerechnet an diesem Ort und zu diesem Zeitpunkt zuschlagen?«
    »Es ging offenbar um die Hochzeit.«
    »Aber warum ausgerechnet diese Hochzeit?«
    »Wieso verrätst du es mir nicht einfach?«, sagte Denna und rieb sich die Stirn. »Versuch bitte nicht, mir plötzliche Erkenntnisse zu entlocken, als wärst du mein Lehrer.«
    Ich wurde rot. »Pardon.«
    »Schon gut. Normalerweise schätze ich die geistreichen Wortwechsel mit dir. Aber es war ein langer Tag, und ich habe Kopfschmerzen. Also komm doch bitte zum Punkt.«
    »Es geht um das, was Mauthen gefunden hat, als er dort nach Steinen der alten Festung grub«, sagte ich. »Er hat da etwas ausgegraben, und monatelang hat er anderen Leuten davon erzählt. Die Chandrian bekamen Wind davon und tauchten auf, um es sich zu holen«, schloss ich mit schwungvoller Gebärde.
    Denna runzelte die Stirn. »Das passt doch nicht zusammen. Wenn es ihnen nur um diesen Gegenstand gegangen wäre, hätten sie doch auch die Hochzeit abwarten und nur die Frischvermählten umbringen können. Das wäre viel einfacher gewesen.«
    Das nahm mir den Wind aus den Segeln. »Es ergäbe aber schon eher einen Sinn, wenn es ihnen darum ging, alles Wissen über diesen Gegenstand aus der Welt zu schaffen. Wie in der Geschichte von dem alten König Celon, der glaubte, sein Regent würde seinen Hochverrat offenbaren. Er ließ die ganze Familie des Mannes ermorden und sein Anwesen niederbrennen, damit kein Wort davon nach draußen dringen konnte und keine Beweismittel übrig blieben.«
    Denna zeigte nach Süden. »Und da alle, die das Geheimnis kannten, auf der Hochzeit anwesend waren, konnten die Chandrian dort alle Mitwisser töten und den Gegenstand, um den es ihnen geht, entweder zerstören oder an sich nehmen.« Sie machte eine Geste mit der Handkante. »Radikales Großreinemachen.«
    Ich saß wie benommen da. Nicht so sehr wegen dem, was Denna gesagt hatte und was natürlich viel klüger war

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