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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Ächzen, und das Dach geriet unter meinen Füßen in Bewegung. Das Portal der Kirche zerbröckelte und sank in sich zusammen, und ich schwankte, als mir der Boden unter den Füßen wegbrach. Ich sah mich verzweifelt nach einem Dach um, auf das ich hätte springen können, aber keines war nah genug. Ich strauchelte rückwärts, und das Dach brach auseinander und stürzte in die Tiefe.
    In meiner Verzweiflung sprang ich in das verkohlte Geäst der Eiche. Ich griff nach einem Ast, der unter meinem Gewicht brach. Dann purzelte ich durch das Astwerk hinab, schlug mit dem Kopf auf, und alles war dunkel.

Kapitel 82
    Esche und Ulme …

    I ch erwachte in einem Bett. In einem Zimmer. In einem Wirtshaus. Mehr war mir im ersten Moment nicht bewusst. Ich fühlte mich, als wäre mir eine Kirche auf den Kopf gefallen.
    Man hatte mich gewaschen und mir Verbände angelegt, und alles mit größter Sorgfalt. Es hatte sich offenbar auch jemand um alle meine kürzlich erlittenen Verletzungen gekümmert, selbst um die kleinsten. Ich hatte weiße Leinenverbände um den Kopf, die Brust, ein Knie und einen Fuß. Jemand hatte sich sogar die Mühe gemacht, die Schürfwunden auf meinen Händen zu reinigen und zu verbinden, ebenso wie die Schnittwunde, die mir drei Tage zuvor Ambroses Schergen bei dem Versuch mich umzubringen, beigebracht hatten.
    Die Beule auf meinem Kopf schien das Schlimmste von allem zu sein. Sie pochte, und wenn ich den Kopf hob, wurde mir schwindelig. Jede Bewegung war eine Lektion in punitiver Anatomie. Ich schwang die Beine aus dem Bett und verzog das Gesicht: Tiefes Gewebetrauma im Halbsehnenmuskel des rechten Beins . Ich setzte mich auf: Querzerrung des Knorpelgewebes zwischen den unteren Rippen . Ich stand auf: Leichte Verstauchung des Talo … navi  … verdammt, wie hieß das noch? Ich hatte Arwyls Gesicht vor Augen, wie er mich mit gerunzelter Stirn durch seine runden Brillengläser ansah.
    Meine Kleider waren gereinigt und geflickt. Ich zog sie an und bewegte mich dabei sehr langsam, um keine der hochinteressanten Mitteilungen meines Körpers zu verpassen. Ich war froh, dass es in dem Zimmer keinen Spiegel gab, denn ich musste übel zugerichtet aussehen. Der Kopfverband störte mich, aber ich beschloss, ihn dranzu lassen. Wie es sich anfühlte, war dieser Verband das Einzige, was meinen Kopf vor dem Auseinanderfallen bewahrte.
    Ich ging zum Fenster. Der Himmel war bedeckt, und in dem grauen Licht bot die Stadt einen schrecklichen Anblick – überall Ruß und Asche. Das Geschäft auf der anderen Straßenseite war zertrümmert, wie ein Puppenhaus unter dem Stiefel eines Soldaten. Leute suchten in den Trümmern herum. Die Wolkendecke war so dick, dass man nicht erkennen konnte, wie spät es war.
    Ich hörte einen Luftzug, als die Tür geöffnet wurde, und als ich mich umsah, stand eine junge Frau vor mir. Jung, hübsch, bescheiden – die Art von Mädchen, wie sie in solchen kleinen Wirtshäusern oft arbeiten: eine Nellie. Oder Nell. Ein Mädchen, das leicht zu erschrecken war, da der Wirt zu Wutanfällen neigte und ihm auch schon einmal die Hand ausrutschte. Sie starrte mich an, offenbar erstaunt, dass ich nicht im Bett lag.
    »Hat es Tote gegeben?«, fragte ich.
    Sie schüttelte den Kopf. »Der kleine Liram hat sich den Arm gebrochen. Und einige Leute haben Verbrennungen und so …« Ich atmete auf. »Ihr solltet nicht aufstehen, Sir. Der Doktor hat gesagt, dass Ihr vielleicht gar nicht mehr aufwacht. Ihr solltet Euch schonen.«
    »Ist … ist meine Kusine wieder zurück in der Stadt?«, fragte ich. »Das Mädchen, das auf der Mauthen-Farm war. Ist sie auch hier?«
    Die junge Frau schüttelte den Kopf. »Nur Ihr seid hier, Sir.«
    »Wie spät ist es?«
    »Das Mittagessen ist noch nicht ganz fertig, Sir. Aber ich könnte Euch etwas anderes bringen, wenn Ihr mögt.«
    Mein Reisesack stand neben dem Bett. Ich schulterte ihn, und es war ein eigenartiges Gefühl, wie leicht er nur mit der Schuppe und dem Lodenstein darin war. Ich sah mich nach meinen Stiefeln um, doch dann fiel mir wieder ein, dass ich sie mir am Abend zuvor von den Füßen gerissen hatte, um barfuß besser über die Dächer laufen zu können.
    Ich verließ das Zimmer, das Mädchen im Schlepptau, und ging hinunter in den Schankraum. Hinter dem Tresen stand derselbe Mann wie am vorherigen Tag, und er blickte immer noch verdrießlich.
    Ich ging zu ihm. »Meine Kusine?«, fragte ich. »Ist sie in der Stadt?«
    Der Wirt wandte sich mit seinem

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