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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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kleiner Junge und eine alte Witwe schon den ganzen Tag behauptet hatten: Als die alte Eiche in Flammen aufgegangen war, hätten sie im Licht des Feuerscheins jemanden auf dem Dach der Kirche stehen sehen. Und er hätte die Arme vor sich ausgestreckt, fast als betete er …
    Dem Bürgermeister und dem Wachtmeister fiel schließlich nichts mehr ein, was sie noch sagen konnten, um die Stille zu füllen, und sie saßen nur noch da und blickten betreten vor sich hin.
    Mir wurde klar, dass sie keinen mittellosen, abgerissenen Jungen vor sich sahen, sondern eine geheimnisvolle Gestalt, die einen Dämon getötet hatte. Und es gab keinen Grund für mich, sie davon abzubringen. Ja, es war höchste Zeit, dass ich von dieser ganzen Sache ein wenig profitierte. Wenn sie mich für einen Helden oder Heiligen hielten, stärkte das meine Position ungemein.
    »Was habt ihr mit dem Körper des Dämons gemacht?«, fragte ich und sah, wie sie aufatmeten. Bis dahin hatte ich kaum ein Dutzend Worte gesprochen und auf die meisten ihrer zaghaft vorgebrachten Fragen mit grimmigem Schweigen reagiert.
    »Da müsst Ihr Euch keine Sorgen machen, Sir«, erwiderte der Wachtmeister. »Uns war klar, was wir damit machen mussten.«
    Mir krampfte sich der Magen zusammen, und ich kannte die Antwort schon, bevor sie es mir erzählten: Sie hatten ihn verbrannt und vergraben. Dieses Wesen war ein Wunder der Natur, und sie hattenes wie Unrat verbrannt und vergraben. Ich kannte an der Universität Naturkundler, die beide Hände dafür hergegeben hätten, um dieses seltene Geschöpf erforschen zu dürfen. Und ich hatte sogar insgeheim gehofft, dass diese Leute, wenn ich ihnen diese einmalige Gelegenheit verschaffte, mir dabei helfen würden, wieder Zugang zur Bibliothek zu erlangen.
    Und dann die Schuppen und die Knochen. Hunderte Pfund organisches Eisen, um das sich die Alchemisten geprügelt hätten …
    Der Bürgermeister nickte beflissen und sagte in einem singenden Tonfall: »Hebt ein Loch aus, ‛s ist nicht schwer. Zehn Fuß längs und zwei Fuß quer. Esche, Ulme, Vogelbeer’ –.« Er räusperte sich. »Das Loch musste natürlich größer werden. Wir haben alle abwechselnd gegraben, um es so schnell wie möglich zu erledigen.« Er hob die Hände und zeigte stolz seine Blasen.
    Ich schloss die Augen und kämpfte gegen den Drang an, Kleinholz aus diesem Zimmer zu machen und die beiden in mindestens acht Sprachen zu verfluchen. Darum war die Stadt immer noch in einem so traurigen Zustand. Die Einwohner waren vollauf damit beschäftigt gewesen, ein Tier zu verbrennen und zu vergraben, das so viel wert war wie das Lösegeld für einen König.
    Doch daran ließ sich nun nichts mehr ändern. Ich zweifelte, dass mein eben gewonnener Ruf mich geschützt hätte, wenn sie mich dabei erwischt hätten, wie ich es wieder ausgrub. »Das Mädchen, das die Hochzeit der Mauthens überlebt hat«, sagte ich. »Hat man sie heute hier gesehen?«
    Der Bürgermeister sah den Wachtmeister fragend an. »Nicht dass ich wüsste«, sagte der. »Glaubt Ihr, dass sie etwas mit dem Untier zu tun hat?«
    »Was?« Die Frage war so absurd, dass ich sie erst gar nicht verstand. »Nein! Jetzt macht euch doch nicht lächerlich!« Ich funkelte sie an. Das Letzte, was ich wollte, war, dass Denna in diese ganze Sache hineingezogen wurde. »Sie hat mir bei meiner Arbeit geholfen«, sagte ich vorsichtig und bewusst vieldeutig.
    Der Bürgermeister warf dem Wachtmeister einen wütenden Blick zu und wandte sich dann wieder an mich. »Ist Eure … Arbeit hier nun abgeschlossen?«, fragte er ängstlich, so als fürchtete er, mich zukränken. »Ich will mich ganz gewiss nicht in Eure Angelegenheiten einmischen … aber …« Er fuhr sich nervös mit der Zunge über die Lippen. »Warum ist das alles geschehen? Und sind wir jetzt in Sicherheit?«
    »So weit es in meiner Macht steht, seid ihr in Sicherheit«, sagte ich vieldeutig, und es klang ziemlich heroisch. Wenn ein gewisser Ruf das einzige war, was bei dieser Sache für mich heraussprang, konnte ich auch dafür sorgen, dass es die richtige Art von Ruf war.
    Dann kam mir eine Idee. »Damit ich mir hinsichtlich eurer Sicherheit Gewissheit verschaffen kann, brauche ich nur eines«, sagte ich, beugte mich auf meinem Stuhl vor und faltete die Hände. »Ich muss wissen, was Mauthen auf dem Barrow Hill ausgegraben hat.«
    Sie sahen einander an. Wahrscheinlich dachten sie: Woher weiß er davon ?
    Ich lehnte mich auf meinem Stuhl zurück und

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