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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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den Söldner sehr aufmerksam an – den Lederpanzer, den leeren Köcher, das königsblaue Hemd aus feinstem Leinen. Der Söldner schien seinen Blick nicht zu bemerken.
    »Das war Siaru«, sagte Cob mit Kennermiene. »Komisch. Er sieht gar nicht wie ein Kealde aus.«
    Shep lachte und schüttelte den Kopf. »Nee. Der ist bloß betrunken. Mein Onkel hat auch immer so geredet, wenn er einen im Kahn hatte.« Er stupste Graham mit dem Ellbogen an. »Erinnerst du dich noch an meinen Onkel Tam? Mein Gott, das war wirklich der größte Schluckspecht, den ich je gekannt habe.«
    Bast versuchte am Eingang, Kvothe mit einer verzweifelten, heimlichen Geste auf sich aufmerksam zu machen, doch der Wirt war viel zu sehr damit beschäftigt, den Blick des Söldners zu erhaschen. »Sprecht Ihr Aturisch?«, fragte er langsam. »Was wollt Ihr?«  
    Der Blick des Söldners blieb kurz auf dem Gesicht des Wirts ruhen. »Avoi –«, setzte er an, schloss dann die Augen und neigte den Kopf, so als lausche er auf etwas. Dann schlug er die Augen wieder auf.
    »Ich … will …«, begann er mit schwerer Zunge. »Ich … suche …« Dann verstummte er wieder und sah sich mit trübem Blick ziellos im Raum um.
    »Ich kenne ihn«, sagte der Chronist.
    Alle sahen sich zu ihm um. »Was?«, fragte Shep.
    Die Miene des Chronisten verfinsterte sich. »Dieser Kerl und vier seiner Spießgesellen haben mich vor einigen Tagen ausgeraubt. Ich habe ihn erst nicht erkannt, denn da war er glatt rasiert, aber er ist es.«
    Hinter dem Rücken des Mannes machte Bast eine noch dringlichere Geste und versuchte, die Aufmerksamkeit seines Herrn auf sich zu ziehen, doch Kvothe konzentrierte sich ganz auf den benebelten Mann.
    »Bist du sicher?«
    Der Chronist lachte bitter. »Er trägt mein Hemd. Und er hat es auch noch ruiniert. Es hat mich ein ganzes Talent gekostet. Und ich hatte es noch kein einziges Mal angehabt.«
    »War er da auch schon so?«
    Der Chronist schüttelte den Kopf. »Nein, überhaupt nicht. Für einen Straßenräuber hat er sich geradezu vornehm verhalten. Ich hatte ihn für einen desertierten Offizier gehalten.«
    Bast gab das Gestikulieren auf. »Reshi!«, rief er, mit einem Anflug von Verzweiflung in der Stimme.
    »Einen Moment, Bast«, sagte Kvothe, der immer noch versuchte, sich mit dem benommenen Söldner zu verständigen. Er wedelte vor den Augen des Mannes mit der Hand und schnippte mit dem Finger. »Hallo?«
    Der Blick des Mannes folgte Kvothes Handbewegungen, aber was um ihn her gesprochen wurde, schien er nicht zu bemerken. »Ich … suche …«, sagte er langsam. »Ich … suche …«
    »Was?«, fragte Cob gereizt. »Was sucht Ihr?«
    »Suche …«, wiederholte der Söldner noch einmal.
    »Er sucht wahrscheinlich nach einer Möglichkeit, mir mein Pferd zurückzugeben«, sagte der Chronist ganz ruhig, trat einen halben Schritt näher an den Mann heran und packte den Griff seines Schwerts. Mit einem Ruck zog er es aus der Scheide, oder versuchte es vielmehr, denn es blieb auf halbem Weg stecken.
    »Nicht!«, schrie Bast quer durch den Raum.
    Der Söldner starrte den Chronisten mit leerem Blick an, machte aber keine Anstalten, ihn aufzuhalten. Verlegen und immer noch den Griff des Schwerts in der Hand, zog der Chronist noch einmal fester, und das Schwert löste sich aus der Scheide. Die breite Klinge war mit Blut- und Rostflecken übersät.
    Der Chronist trat einen Schritt zurück, fand seine Selbstbeherrschung wieder und richtete das Schwert auf den Söldner. »Und mein Pferd ist nur der Anfang. Anschließend wird er, glaube ich, nach einer Möglichkeit suchen, mir mein Geld zurückzugeben, und dann wird er ein nettes Gespräch mit der Polizei führen.«
    Der Söldner richtete den Blick auf die Schwertspitze, die vor seiner Brust hin und her wackelte. Sein Blick folgte dieser Bewegung eine ganze Weile.
    »Lasst ihn in Ruhe!« Basts Stimme klang jetzt schrill. »Bitte!«
    Cob nickte. »Er hat recht, Devan. Der Kerl ist nicht ganz richtig im Kopf. Hör auf, das Ding auf ihn zu richten. Nachher fällt er dir noch in die Klinge.«
    Der Söldner hob geistesabwesend eine Hand. »Ich suche …«, sagte er noch einmal und schob das Schwert beiseite, als wäre es ein Zweig, der ihm im Weg war. Der Chronist zögerte kurz und riss dann das Schwert fort, als der Mann mit der Hand über die Schneide fuhr und sich dabei eine blutende Schnittwunde zufügte.
    »Siehst du?«, sagte der alte Cob. »Was habe ich dir gesagt? Der Kerl ist eine

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