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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Während sie immer noch meckerten und moserten, ging die Tür auf, und der Schmiedelehrling kam herein, jungenhaft und breitschultrig, mit dem Geruch von Kohlenrauch im Haar. Er trug eine lange Eisenstange auf der Schulter und hielt Carter die Tür auf.
    »Du siehst lächerlich aus, Junge«, sagte Carter und kam dann mit der steifen Vorsicht des erst kürzlich Verletzten langsam herein. »Wenn du nicht aufhörst, diese Stange mit dir rumzuschleppen, werden die Leute anfangen über dich zu reden, wie sie jetzt über den verrückten Martin reden. Dann bist du der verrückte Junge aus Rannish. Willst du dir das die nächsten fünfzig Jahre lang anhören?«
    Der Schmiedelehrling hantierte verlegen an der Eisenstange herum. »Sollen sie doch reden«, murmelte er trotzig. »Seit ich da draußen war und mich um Nelly gekümmert habe, habe ich Alpträume von diesem Spinnenvieh.« Er schüttelte den Kopf. »Wundert mich, dass du nicht gleich zwei Stangen mit dir herumträgst. Das Ding hätte dich fast umgebracht.«
    Carter beachtete ihn nicht. Mit starrer Miene ging er vorsichtigen Schritts zum Tresen.
    »Schön, dass du wieder auf den Beinen bist, Carter«, sagte Shep und hob seinen Krug. »Ich dachte, du würdest noch ein paar Tage lang das Bett hüten.«
    »So eine Kleinigkeit haut mich nicht um«, erwiderte Carter.
    Bast bot dem Verletzten mit großer Geste seinen Hocker an und ließ sich dann so weit wie möglich von dem Schmiedelehrling entfernt nieder. Dann wurde Carter von der ganzen Runde mit herzlichen Worten begrüßt.
    Der Wirt verschwand im Hinterzimmer und kam ein paar Minuten später mit einem Tablett, mit ofenwarmem Brot und Schalen voller dampfendem Eintopf wieder.
    Alle lauschten dem Chronisten. »… Wenn ich mich recht erinnere, war Kvothe in Severen, als das geschah. Er war gerade auf dem Heimweg –«
    »Das war nicht in Severen«, sagte der alte Cob. »Das war an der Universität.«
    »Mag sein«, räumte der Chronist ein. »Jedenfalls war er eines Abends auf dem Heimweg, als sich in einer Gasse ein paar Banditen auf ihn stürzten.«
    »Das ist am hellichten Tage geschehen«, entgegnete Cob gereizt. »Und zwar mitten in der Stadt. Unter den Augen der Leute.«
    Der Chronist schüttelte eigensinnig den Kopf. »Ich habe eine Gasse in Erinnerung. Jedenfalls: Die Banditen überfielen Kvothe. Sie wollten ihm das Pferd rauben.« Er hielt inne und rieb sich mit den Fingerspitzen die Stirn. »Nein, das stimmt nicht. In einer Gasse hätte er sein Pferd nicht dabei gehabt. Vielleicht war es doch in Severen.«
    »Ich sagte doch, es war nicht in Severen!«, entgegnete Cob und schlug gereizt mit der Hand auf den Tisch. »Gütiger Tehlu, hör bloß auf. Du bringst nur alles durcheinander.«
    Der Chronist errötete verlegen. »Ich habe die Geschichte nur einmal gehört. Und das ist schon Jahre her.«
    Während Kote das Tablett mit lautem Scheppern auf den Tresen abstellte, warf er dem Chronisten einen bösen, durchdringenden Blick zu. Damit war die Geschichte fürs Erste vergessen. Der alte Cob aß so schnell auf, dass er fast keine Luft mehr bekam, und spülte dann alles mit einem großen Schluck Bier hinunter.
    »Da du ja noch mit deinem Abendessen beschäftigt bist …«, sagte er nicht allzu beiläufig zu dem Chronisten und wischte sich den Mund an seinem Ärmel ab. »Würde es dich sehr stören, wenn ich die Geschichte weitererzähle? Nur damit der Junge sie hören kann.«
    »Wenn du sicher bist, dass du sie kennst …«, erwiderte der Chronist zögernd.
    »Natürlich kenne ich sie.« Cob rückte seinen Hocker zurecht und wandte sich zu seinem Publikum um. »Also gut. Damals, als Kvothe noch ganz jung war, ging er auf die Universität. Aber er wohnte nichtin der Universität, versteht ihr, weil er ja nur ein ganz normaler Junge war. Da gibt es nur so schicke Wohnungen, und das konnte er sich nicht leisten.«
    »Wieso denn das?«, fragte der Schmiedelehrling. »Du hast doch gesagt, dass Kvothe so klug war, dass sie ihn dafür bezahlt haben, dass er dort studiert, und das, obwohl er erst zehn Jahre alt war. Sie gaben ihm einen Beutel voller Goldmünzen und einen Diamanten, so groß wie sein Daumenknöchel, und ein neues Pferd, mit nagelneuem Sattel- und Zaumzeug und frisch beschlagen und einen großen Sack Hafer und so weiter.«
    Cob nickte beschwichtigend. »Ja, das stimmt auch. Aber das war ein oder zwei Jahre später. Und die meisten von den Goldmünzen hatte er armen Leuten geschenkt, deren Häuser

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