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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Aufbau der Bibliothek vertraut, und ich verbrachte dort so viel Zeit wie möglich, schlich herum und suchte nach Antworten auf meine vielen, vielen Fragen.
    Elodins Lehrtätigkeit ließ sich nur sehr vage als Unterrichten bezeichnen; er war offenbar mehr daran interessiert, mich zu verwirren, als mir tatsächlich in Namenskunde etwas beizubringen. Ich machte so kleine Fortschritte, dass ich grundsätzlich an der Möglichkeit eines Fortschritts zu zweifeln begann.
    Wenn ich nicht gerade studierte oder in der Bibliothek herumstöberte, war ich auf der Straße nach Imre unterwegs und trotzte dem winterlichen Wind – wenn ich auch nicht nach seinem Namen forschte. Das Eolian war immer noch der Ort, an dem man Denna am ehesten antraf, und je schlechter das Wetter wurde, desto häufiger fand ich sie dort. Als der erste Schnee fiel, gelang es mir ungefähr bei jedem dritten Ausflug, sie zu erwischen.
    Doch leider hatte ich sie nur selten ganz für mich, denn sie war meist in Begleitung unterwegs. Wie Deoch gesagt hatte: Sie war nicht der Typ Frau, der lange alleine blieb.
    Dennoch ging ich immer wieder hin. Warum? Weil sie jedesmal, wenn sie mich erblickte, von innen heraus zu strahlen begann. Sie sprang auf, lief zu mir und nahm meinen Arm. Und dann führte sie mich lächelnd an ihren Tisch und stellte mich ihrem neuesten Kerl vor.
    Ich lernte sie fast alle kennen. Keiner von ihnen war gut genug fürsie, und daher verachtete und hasste ich sie alle. Und sie wiederum hassten und fürchteten mich.
    Dennoch waren wir stets nett zueinander. Es war ein Spielchen. Der jeweilige Mann lud mich ein, Platz zu nehmen, und ich lud ihn zu einem Gläschen ein. Dann plauderten wir drei, und sein Blick verfinsterte sich zusehends, als er sah, wie Denna mich anlächelte. Sein Mund wurde immer schmaler, während er ihrem Lachen lauschte, wenn ich scherzte, Anekdoten erzählte, etwas sang …
    Die Männer reagierten immer gleich, versuchten mit kleinen Gesten zu beweisen, dass Denna ihnen gehöre. Sie hielten ihre Hand, küssten sie, berührten sie beiläufig an der Schulter.
    Sie hängten sich mit verzweifelter Entschlossenheit an sie. Manche störten sich einfach nur an meiner Anwesenheit, sahen in mir einen Rivalen. Anderen merkte man gleich zu Beginn an, dass sie insgeheim eine Befürchtung hegten. Sie wussten, dass Denna sie verlassen würde, verstanden aber nicht, wieso. Und so klammerten sie sich an sie wie Schiffbrüchige an einen Felsen, obwohl sie dort von den Wogen zu Tode gepeitscht wurden. Sie taten mir beinahe Leid. Aber auch nur beinahe.
    Und daher hassten sie mich, und wenn Denna einmal nicht hinsah, glühte dieser Hass in ihren Augen. Ich schickte mich an, noch eine Runde zu spendieren, doch der Mann bestand darauf, nun selbst dran zu sein, und ich ließ ihn gewähren und bedankte mich und lächelte.
    Ich kenne sie schon viel länger , sagte mein Lächeln. Wohl wahr, dich hat sie in den Armen gehalten, du hast ihren Mund gekostet und die Wärme ihres Körpers genossen, und das habe ich nie. Aber ein bestimmter Teil von ihr gehört mir allein. Du kannst diesen Teil nicht berühren, so sehr du dich auch bemühst. Und wenn sie dich dann verlassen hat, bin ich immer noch da, bringe sie immer noch zum Lachen und lasse sie erstrahlen. Wenn sie deinen Namen schon längst vergessen hat, werde ich immer noch an ihrer Seite sein.
    Die Männer kamen und gingen. Ihr Verschleiß war beträchtlich. Sie verließ sie enttäuscht oder wurde frustriert von ihnen verlassen. Dann blieb sie tief betrübt zurück, nie in Tränen.
    Bis auf ein- oder zweimal, da gab es doch Tränen. Aber nie der Männer wegen, die sie verlassen hatte oder von denen sie verlassen worden war. Es waren stille Tränen um sich selbst, denn etwas inihr war tief verletzt. Ich wusste nicht, was es war, und wagte nicht, danach zu fragen. Vielmehr sagte ich einfach etwas, um ihren Kummer zu vertreiben und ihr zu helfen, die Augen vor der Welt zu verschließen.

    Hin und wieder sprach ich mit Wilem und Simmon über Denna. Als wahre Freunde, die sie waren, gaben sie mir kluge Ratschläge und spendeten mir ihr Mitgefühl.
    Für das Mitgefühl war ich dankbar, die Ratschläge aber brachten mich nicht weiter. Sie drängten mich dazu, ihr mein Herz auszuschütten, ihr den Hof zu machen, ihr Gedichte zu schreiben und Rosen zu schicken.
    Rosen! Sie kannten sie eben nicht. Und obwohl ich sie hasste, bekam ich von Dennas Männern doch auch etwas mit, das ich sonst womöglich nie

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