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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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brennenden Schwingen auf mich herab. Ich phantasierte eine wohlige Wärme. Und dann hieb er seine Krallen in mich, riss mir die …
    Nein, das war nur der Schmerz von den gebrochenen Rippen, als mich jemand auf den Rücken drehte.
    Als ich ein Auge aufschlug, sah ich verschwommen einen Dämon über mir stehen. Verwirrt und leichtgläubig, wie ich in diesem Moment war, rüttelte mich der Anblick eines Mannes mit einer Dämonenmaske vor dem Gesicht wach, und die verführerische Wärme, die ich eben noch verspürt hatte, verschwand und ließ meinen Körper schlaff und bleiern zurück.
    »Hab ich’s dir doch gesagt. Hier liegt ein Kind im Schnee!« Der Dämon half mir hoch.
    Nun hellwach, sah ich, dass seine Maske schwarz war. Er war Encanis, der Herr der Dämonen. Er setzte mich auf den Füßen ab und begann den Schnee fortzuwischen, der mich bedeckte.
    Mit meinem unverletzten Auge sah ich eine Gestalt mit fahlgrüner Maske in der Nähe stehen. »Komm weiter …«, sagte die Frauenstimme des anderen Dämons eindringlich.
    Encanis beachtete sie nicht. »Alles in Ordnung mit dir?«
    Mir fiel keine Antwort darauf ein, und so konzentrierte ich mich darauf, das Gleichgewicht zu wahren, während mir der Mann mit dem Ärmel seines dunklen Umhangs den Schnee abwischte. In der Ferne hörte ich Hornsignale.
    Der andere Dämon blickte die Straße hinab. »Sie haben uns schon fast eingeholt«, zischte die Frau nervös.
    Encanis strich mir mit seinen dunkel behandschuhten Fingern den Schnee aus dem Haar, hielt dann inne und blickte mir durch seine dunkle Maske ins Gesicht.
    »Herrgott, Holly, jemand hat dieses Kind windelweich geprügelt. Und das an Mittwinter.«
    »Wache«, gelang es mir zu krächzen. Dabei schmeckte ich wieder Blut.
    »Du musst doch völlig durchgefroren sein«, sagte Encanis und begann mir die Arme und Beine warmzureiben. »Du musst mit uns kommen.«
    Wieder waren da die Hornsignale, diesmal näher. Nun hörte man auch eine sich nähernde Menschenmenge.
    »Sei nicht töricht«, sagte der andere Dämon. »Er ist doch gar nicht in der Verfassung, in der Stadt herumzulaufen.«
    »Er ist auch nicht in der Verfassung hierzubleiben«, entgegnete Encanis in scharfem Ton. Er rieb mir weiterhin Arme und Beine. Ganz langsam kehrte Leben in meine Gliedmaßen zurück, und ich spürte eine stechende, prickelnde Hitze, die wie eine schmerzhafte Verhöhnung der wohltuenden Wärme war, die ich noch eine Minute zuvor empfunden hatte, als ich beinahe eingeschlafen wäre. Jedes Mal, wenn er eine meiner Prellungen berührte, durchfuhr mich ein stechender Schmerz, aber mein Leib war zu erschöpft, um noch zusammenzuzucken.
    Der Dämon mit der grünen Maske kam zu uns und legte seinem Freund eine Hand auf die Schulter. »Wir müssen jetzt weiter, Gerrek! Es wird sich schon irgend jemand um ihn kümmern.« Sie versuchte ihn mit sich fortzuziehen, aber es gelang ihr nicht. »Wenn sie uns hier mit ihm finden, werden sie glauben, dass wir das waren.«
    Der Mann mit der schwarzen Maske fluchte, nickte dann und tastete unter seinem Umhang herum. »Nicht wieder hinlegen«, schärfte er mir ein. »Und geh irgendwo rein. Irgendwo, wo du dich aufwärmen kannst.« Das Getöse der Menschenmenge war nun schon so nahe, dass ich aus dem Hufgetrappel und dem Knarren der Holzräder einzelne Stimmen heraushörte. Der Mann mit der schwarzen Maske streckte mir eine Hand entgegen.
    Es dauerte einen Moment, bis ich scharf sah, was er da in der Hand hielt. Ein Silbertalent, dicker und schwerer als der Penny, den ich verloren hatte. So viel Geld, dass es fast über meine Begriffe ging. »Los, nimm.«
    Er war eine Gestalt der Dunkelheit: Schwarzer Kapuzenumhang, schwarze Maske, schwarze Handschuhe. Encanis stand vor mir und hielt mir ein Stück Silber hin, das im Mondschein glänzte. Es erinnerte mich an eine Szene aus Daeonica , in der Tarsus seine Seele verkauft.
    Ich nahm das Talent, aber meine Hand war so taub, dass ich es nicht spürte. Ich musste hinsehen, um sicherzugehen, dass meine Finger die Münze ergriffen hatten. Ich bildete mir ein, dass ich eine Wärme spürte, die in meinem Arm aufstieg, und dass ich mich stärker fühlte. Ich lächelte den maskierten Mann an.
    »Nimm auch meine Handschuhe.« Er riss sie sich von den Fingern und hielt sie mir vor die Brust. Dann zerrte die Frau mit der grünen Maske meinen Wohltäter mit sich fort, ehe ich ihm auch nur mit wenigen Worten danken konnte. Ich sah den beiden nach. Mit ihren dunklen Umhängen

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