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Der Name dieses Buches ist ein Geheimnis

Der Name dieses Buches ist ein Geheimnis

Titel: Der Name dieses Buches ist ein Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pseudonymous Bosch
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Mutter auszuhändigen.
    Dr. L lachte leise. »Darüber machen wir uns später Gedanken. Nein, es geht darum, dass wir, wenn ein neuer Gast eingetroffen ist, einen Blick auf sein Gepäck werfen.«
    »Sie wollen meinen Rucksack durchsuchen?«, fragte Kass beunruhigt.
    »Die Mitternachtssonne ist ein Ort des Heilens und wir achten streng darauf, dass nichts diese Atmosphäre vergiftet. Zucker. Ungesundes Essen. Waffen. Solche Dinge eben.«
    Widerstrebend gab Kass Owen ihren Rucksack, woraufhin der junge Mann anfing, den Inhalt zutage zu fördern, damit Dr. L alles inspizieren konnte. Kass hoffte inständig, dass nichts ihre wahre Identität verraten würde.
    »Wie ich sehe, sind Sie bestens ausgerüstet«, sagte Dr. L trocken, als Owen Kassandras Taschenlampe hochhielt, dazu das Fernglas und die restliche Notfallausrüstung. »Was ist das? Eine metallbeschichtete Decke? Ich darf Ihnen versichern, dass unsere Bettdecken großzügig bemessen sind, aber man kann ja nie wissen...Ich muss sagen, Sie scheinen mir wesentlich unabhängiger zu sein als Ihre Schwestern.«
    »Meine Schwestern? Heißt das, Sie kennen sie?«, fragte Kass verwirrt.
    »Selbstverständlich. Sie sind schon einige Male hier gewesen. Madame Mauvais ist sehr angetan von ihnen. Aber das wissen Sie ja sicherlich.« Er lächelte höflich.
    »Ja, natürlich«, sagte Kass rasch. Ihre Handflächen waren inzwischen schweißnass. »Deswegen bin ich ja hier.«
    »Für gewöhnlich sehen wir es nicht so gern, wenn unsere Gäste eine eigene Campingausrüstung mitbringen, aber für heute Abend belassen wir es mal dabei.« Mit einem Kopfnicken forderte er Owen auf, Kass den Rucksack zurückzugeben.
    »Darf ich Sie nun bitten, uns Ihr Handy auszuhändigen«, fügte Dr. L hinzu. »Ich hoffe, Sie begrüßen dies als willkommene Gelegenheit zu Stille und Meditation.«
    Kass erstarrte. Sie hasste Stille und Meditation, aber das war nicht das eigentliche Problem. Ihr Handy war die einzige Verbindung zur Außenwelt. Falls es zum Schlimmsten käme, könnte sie zumindest ihrer Mutter eine Nachricht hinterlassen. Oder ein Bild von sich selbst, wie sie zum Abschied winkte.
    Kass wollte gerade antworten, dass sie kein Handy bei sich habe, doch dann änderte sie ihre Meinung. Welche Skelton-Schwester, die etwas auf sich hielt, würde ohne Handy auch nur einen Fuß vor die Haustür setzen? Die Gefahr, enttarnt zu werden, war einfach zu groß.
    Sie griff in ihre Tasche und holte das Handy hervor. Auf Wiedersehen, dachte sie. Ob sie damit das Handy meinte oder ihre Mutter oder die ganze Welt, wusste sie selbst nicht so genau.
    Während Owen sie in ihr Zimmer führte, versuchte Kass ihre Ängste zu unterdrücken und sich ganz auf ihre Umgebung zu konzentrieren. Die Anlage, stellte sie fest, erstreckte sich, ausgehend von der Pyramide, in mehreren konzentrischen Kreisen. Die Pyramide war von einem Wasserbecken umgeben, in dem Lilienblätter und Lotusblüten schwammen. Eine sandsteingepflasterte Fläche, fast einen Morgen groß, umgrenzte das glitzernde Wasser.
    Der dritte Kreis bestand aus einer Reihe flacher Steingebäude mit Säulenfronten. Üppige Ranken – Jasmin, Geißblatt und andere, sehr viel exotischere Pflanzen – wuchsen an den Säulen empor. Sie erfüllten die Luft mit ihrem betörenden Duft und ließen die Mitternachtssonne noch altertümlicher, schöner und geheimnisvoller erscheinen. *
    Auch wenn die Lichtkugel auf der Pyramide beinahe den Eindruck von hellem Tageslicht erweckte, schien alles tief und fest zu schlafen. Es war, als käme man mitten am Nachmittag in ein entlegenes Dorf, dessen Bewohner alle unter einem Zauberbann standen. Hinter einer der Türen, dachte Kass, wurde Benjamin gefangen gehalten. Womöglich war er sogar unter der Erde in einem Labyrinth oder Kerker. Vielleicht war er just in diesem Augenblick direkt unter ihr. Kass stellte sich einen dunklen Gang vor, in dem sich Gefängniszellen aneinanderreihten. Alle waren dort: Benjamin und Luciano und die anderen Kinder, die Madame Mauvais gestohlen hatte. Sie umklammerten die Gitterstäbe und flehten um Hilfe.
    Ehe sie sich’s versah, stand Kass vor ihrem Zimmer und Owen wünschte ihr G-gute Nacht. »K-kann ich Ihnen noch etwas b-bringen, bevor ich Sie a-allein lasse?«
    Unnötig zu erwähnen, dass Kass noch nie einen eigenen Butler gehabt hatte. Sie hatte überhaupt noch nie einen gesehen, außer in Filmen und im Fernsehen. Und mit denen hatte Owen nichts gemein. Zum einen hatte er kein Livree an. Zum

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