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Der Name dieses Buches ist ein Geheimnis

Der Name dieses Buches ist ein Geheimnis

Titel: Der Name dieses Buches ist ein Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pseudonymous Bosch
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erweisen könnte.
    Ich spreche natürlich von der Ägyptologie.
    Um nur ein Beispiel zu nennen: Genaue Kenntnisse über die Vorgänge der Mumifizierung sind unverzichtbar, wenn man einen Feind loswerden oder einen Freund konservieren will oder auch einfach, um eine Kopfverletzung zu bandagieren.
    Ein weiterer Beleg: Falls du dich mit der Anlage von Tempeln aus der mittleren Periode der ägyptischen Pharaonen-zeit auskennst (ungefähr 2000–1600 vor Christus), hast du schon eine ungefähre Vorstellung davon, wie die Mitternachtssonne ausgesehen hat. Genau genommen war dieser Schönheitstempel das genaue Abbild eines wenig bekannten Bauwerks, das dem ägyptischen Gott Thoth geweiht war und das sich über dem Grab eines namenlosen Pharaos erhob, erreichbar nur nach einem Dreitageritt auf dem Kamel durch die Wüste.
    Bedauerlicherweise war Kass nicht sehr bewandert, was die Feinheiten der ägyptischen Architektur betraf. Sie wusste jedoch genug, um eine Pyramide auch als solche zu erkennen, wenn sie eine vor sich hatte. Als der Wagen die wuchtigen Eingangstore passierte, war Kass einen Augenblick lang geblendet von einem grellen Licht, aber nachdem sich ihre Augen daran gewöhnt hatten, sah sie eine (für ägyptische Maßstäbe) mittelgroße Pyramide genau in der Mitte des Geländes.
    Oben auf der Spitze war etwas, das selbst die erfahrensten Ägyptenforscher erstaunt hätte. Es war eine Art Laterne – und zugleich war es viel mehr als das. Als vollkommene Kugel verkörperte sie nichts Geringeres als die aufgehende Sonne. Im Innern der Kugel tanzten Flammen in alle Richtungen, als würde das Licht nicht durch Elektrizität oder Gas erzeugt, sondern durch eine unbekannte übernatürliche Quelle. Zuerst erschien das Feuer in reinstem Gold, ließ man den Blick aber länger verweilen, sah man ein wahres Kaleidoskop an Farben.
    Diesen Lichtschein hatte Kass hinter den Bergen hervorblitzen sehen. Als die Fahrzeugtür für sie geöffnet wurde, schien die Lichtkugel so nah zu sein, dass Kass die Hand schützend vor die Augen halten musste, und das, obwohl sie eine Sonnenbrille trug. Hätte sie in diesem Augenblick einen Rückzieher gemacht und ans Weglaufen gedacht – sie wäre nicht weit gekommen. Jeder auf dem Gelände war so deutlich sichtbar, als wären Scheinwerfer auf ihn gerichtet.
    Es ist wie ein Gefängnis, dachte Kass.
    Eine große behandschuhte Hand half ihr beim Aussteigen. Sie nahm an, dass es Daisy war, bis sie aufblickte und in das viel zu hübsche, lächelnde Gesicht von Dr. L sah, dessen Silberhaar unnatürlich schimmerte.
    Kass unterdrückte einen erschrockenen Seufzer und umklammerte ihren Rucksack. Der Augenblick der Wahrheit war gekommen: Würde er sie erkennen?
    »Miss Skelton, willkommen in der Mitternachtssonne. Ich bin Dr. L«, sagte er glatt, als würde er sie zum allerersten Mal sehen. »Madame Mauvais bedauert sehr, Sie nicht persönlich begrüßen zu können – sie hält sich an sehr strenge Schlafenszeiten. Aber sie hat mich gebeten, Sie an ihrer Stelle aufs Herzlichste willkommen zu heißen.«
    Kass nickte, viel zu überwältigt, um auch nur ein Wort hervorzubringen. Das Licht machte sie ganz schwindlig. Oder kam es vom Nervenflattern? Hinter ihr rollte die Limousine lautlos davon. Es gab kein Zurück mehr.
    »Ich weiß, es ist sehr hell hier, aber man gewöhnt sich daran«, sagte Dr. L mit einem Kopfnicken in Richtung Pyramide. »Diese Lichtkugel wurde vor vielen Jahren mit dem Schiff aus Ägypten hierhergebracht, aber die Flamme darin brennt schon seit Tausenden von Jahren. Es heißt, sie sei entstanden, als ein Feuerball der Sonne auf die Erde fiel.«
    »Wie ein Meteor?«, stieß Kass unsicher hervor.
    »So ist es. Weil die Flamme niemals erlischt, nennen wir sie die Mitternachtssonne – die Sonne, die nie untergeht. Aber genug davon, Sie sind gewiss sehr müde.«
    Er deutete auf einen jungen Mann in einer weißen Tunika – nicht zu vergessen, in weißen Handschuhen –, der schweigend neben einem Steintisch stand. »Das ist Owen, Ihr persönlicher Butler. Er wird Sie in Ihr Zimmer begleiten.«
    »N-nett Sie k-kennenzulernen«, stotterte Owen und lächelte scheu.
    Kass seufzte erleichtert. Dieser Owen wirkte nicht ganz so einschüchternd.
    »Doch zuerst eine kleine Formalität«, sagte Dr. L (Sein eindeutig uneindeutiger Akzent war besonders stark ausgeprägt, als er das Wort Formalität betonte.)
    »Möchten Sie, dass ich im Voraus zahle?«, fragte Kass, bereit, ihm die Kreditkarte ihrer

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