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Der Narr und der Tod

Der Narr und der Tod

Titel: Der Narr und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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ein einziges Mal gesehen hatte, nämlich bei seiner Hochzeit) lag tot zu meinen Füßen. Die Großmutter des Kindes, die jetzt doch eigentlich bereit sein müsste, Verantwortung für den Kleinen zu übernehmen, befand sich mit ihrem Liebhaber auf einer Kreuzfahrt. Was hieß, dass ich, Aurora Teagarden, zumindest momentan und vorübergehend für dieses Kind verantwortlich war. Es sei denn, Martin würde handeln. Ich warf einen Blick auf meinen Mann. Nein, das schien unwahrscheinlich. Statt nun Begeisterung zu empfinden – endlich ein Baby! –, überkam mich fast bodenlose Bestürzung.
    Es hörte auf zu regnen.
    Ich machte kehrt, um noch einmal zur Garagenwohnung hinaufzuklettern. Dort ging ich in die Hocke und zog Hayden vorsichtig unter dem Bett hervor. Das Aufstehen mit ihm im Arm erwies sich als überraschend schwierig, es schockierte mich, wie schwer der Kleine war, wie sehr er sich wand, wie kräftig er wurde, wenn er den winzigen Körper voller Wut ganz steif machte. Als ich jetzt zitterte, geschah das nicht des Toten auf der Treppe wegen. Irgendwie schaffte ich es hinunter in den Durchgang, wo ich ohne ein Wort an dem immer noch passiven und schweigenden Martin vorbeiging.
    Nachdem ich unser Haus aufgeschlossen hatte, wollte ich mit einer Hand die Knöpfe der Alarmanlage bedienen – nur um festzustellen, dass die gar nicht aktiviert war. Natürlich: Wir hatten Regina nicht gezeigt, wie man sie einschaltete – zumindest ich hatte das nicht getan. In der Küche schaukelte ich Hayden in meinen regenfeuchten Armen, während ich mit einer Hand die Nummer des Notrufs eintippte. Auf dem Küchenfußboden konnte ich das Kind wohl schlecht ablegen, auch wenn es immer schwieriger wurde, den Kleinen festzuhalten. Er protestierte mittlerweile so laut, dass ich am Telefon alles zweimal wiederholen musste. Immerhin war ein anderer Beamter und nicht Doris am Apparat, der nicht wusste, dass ich die County Police heute bereits mehrfach im Haus gehabt hatte. Als ich aufgelegt hatte, ließ es sich nicht länger aufschieben: Ich musste Hayden versorgen.
    Nur hatte ich keinen blassen Schimmer, was zu tun war.
    Was der Junge zu ahnen schien, denn je länger sich niemand um seine Bedürfnisse kümmerte, desto verzweifelter und lauter schrie er. Zu ängstlich und unsicher, um ihn allein zu lassen, schleppte ich das immer schwerer werdende Bündel wieder hinaus in die Nacht und quälte mich noch einmal an dem gräss lichen Ding auf der Treppe vorbei. Obwohl der Schrecken, der von der Leiche ausging, mehr und mehr nachließ, um dem verzweifelten Verlangen Platz zu machen, Hayden möge endlich, endlich den Mund halten.
    Wie sehr ich mir wünschte, Martin würde sich aufraffen und mir helfen. Aber mein Mann hatte sich mit den Händen auf der Kühlerhaube des Mercedes abgestützt und starrte hinaus in die Nacht, immer noch mit diesem seltsamen Blick, der nach innen gerichtet schien.
    Die Windeltasche des Babys lag zur Seite gekippt auf dem Boden. Ich war heilfroh, sie zu sehen. Hastig hängte ich mir den Tragriemen über die Schulter – die Tasche schien um einiges leichter geworden – und schleppte sie und den kreischenden Hayden zurück ins Haus. Aber was nun? Das wusste ich immer noch nicht.
    Hayden jedoch hörte nicht auf zu schreien.
    Ich versuchte, über den Lärm hinweg halbwegs vernünftig zu denken. Schreiende Babys waren entweder hungrig oder ihre Windel war nass oder beides, richtig? Davon ging man doch allgemein aus, wenn Babys brüllten, oder?
    Also öffnete ich die Windeltasche und zog eine der Wegwerfwindeln heraus, die Regina verwendete. Jetzt musste ich nur noch herausfinden, wie diese Dinger funktionierten, hatte ich doch einen solchen Gegenstand noch nie näher untersucht, geschweige denn an einem Kleinkind befestigt.
    Als mir der Mechanismus halbwegs einleuchtete, riss ich ein Papierhandtuch von der Rolle an der Küchenwand und breitete es auf dem Küchentisch aus, wo wir meistens unsere Mahlzeiten einnahmen. Dann legte ich Hayden mitten auf dieses Tuch und begann, ihm den Strampler aufzuknöpfen, was mir unnötig kompliziert erschien. Nicht ohne Schwierigkeiten löste ich die strampelnden Beinchen aus dem Kleidungsstück und riss den Klettverschluss auf, der die benutzte Windel zusammenhielt.
    Himmel! Ganz klar, der Junge brauchte eine neue.
    Aber erst einmal musste ich ihn säubern. Womit? Loslassen konnte ich ihn nicht – was, wenn er vom Tisch rollte? Das Problem nahm mich so sehr gefangen, dass ich die

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