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Der Narr und der Tod

Der Narr und der Tod

Titel: Der Narr und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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Reginas Ehemann? Ich hatte Craig seit der Hochzeit nicht mehr gesehen. Der Tote hatte Jeans und eine Lederjacke getragen, an mehr konnte ich mich nicht erinnern, aber sein Gesicht würde in meinen Träumen auftauchen, dessen war ich mir ganz sicher.
    Als ich gegenüber einem der im steten Strom vorbeirauschenden Beamten die durchweichte Nachricht unter dem Scheibenwischer erwähnte, erklärte dieser, der Zettel habe sich aufgelöst, als sie ihn hervorzuziehen versuchten.
    Nach und nach verschwanden sämtliche Männer und Frauen des Gesetzes in ihren Fahrzeugen. Als die Autos wendeten und abfuhren, begriff ich, dass die Leiche entfernt und vorläufig alle Fragen gestellt waren. Ich warf einen Blick auf die Uhr. Es war nach Mitternacht, erst zweieinhalb Stunden zuvor hatten wir das Haus der Lowrys verlassen. Hayden schlief endlich, ich hatte ihn in seinen Sitz gelegt, dankbar für jede Gelegenheit, meine bereits jetzt von der ungewohnten Anstrengung erschöpften Arme auszuruhen.
    Ich ließ meinen Kopf auf den Tisch sinken. Wahrscheinlich schlief ich auch kurz ein, denn als ich das nächste Mal auf die Uhr schaute, war es halb eins, und Martin stand neben mir. Er sah mich an.
    „Lass uns zu Bett gehen.“ Seine Stimme klang ganz hohl vor Erschöpfung.
    „Erst müssen wir noch das Reisebett für den Kleinen holen.“ Ich bemühte mich, nicht allzu verärgert und eher so zu klingen, als ginge es um rein praktische Erwägungen.
    Martin starrte Hayden verdutzt an. Hatte er etwa gedacht, die Polizei würde das Baby mitnehmen?
    „Mein Gott“, sagte er müde.
    Ich verkniff mir jeglichen Kommentar.
    „Wenn du ihn im Auge behältst, gehe ich es holen“, sagte ich schließlich, als Martin sich nicht freiwillig für diesen Job meldete, obwohl ich ihm doch reichlich Zeit dazu gelassen hatte.
    „Okay“, sagte mein Mann zu meiner vollkommenen Verblüffung . Er setzte sich auf einen Stuhl, stützte das Kinn in die Hand und starrte in Haydens Gesicht, als hätte er noch nie zuvor ein Baby gesehen.
    Mit zusammengebissenen Zähnen tauchte ich unter dem gelben Absperrband durch, um noch ein weiteres Mal die Treppe hinaufzusteigen, wobei ich den Blutflecken vorsichtig auswich. Wer zum Teufel würde die wohl wegwischen? So, wie die Dinge momentan liefen, höchstwahrscheinlich ich. Meine Beschwerdeliste wurde länger und länger.
    In der Wohnung herrschte das reinste Chaos. Das war zu erwarten gewesen, immerhin hatte die Polizei alles gründlich nach Hinweisen auf die Tat und Reginas Verbleib durchsucht. Wie hatte ich nur glauben können, sie würden hinterher fein säuberlich wieder aufräumen? Angewidert von meiner eigenen Naivität schnappte ich mir ein zusammengeklapptes Etwas, das Haydens Reisebettchen zu sein schien. Es hing sogar noch die Gebrauchsanleitung für den Zusammenbau dran, wofür ich von Herzen dankbar war.
    Da ich befürchtete, nicht mitzubekommen, wenn das Baby nachts aufwachte und schrie, baute ich das Bett direkt neben unserem zusammen. Martin äußerte sich nicht dazu, schaffte es aber immerhin, mir die Windeltasche nachzutragen und Hayden ins Bettchen zu legen, ohne dass der Kleine wach wurde. Ehe mich die pure Erschöpfung übermannte, gelang es mir einen Moment lang, Hayden als Baby zu sehen und nicht als riesigen Haufen Probleme. Ich bewunderte die weiche, blasse Haut, die winzigen Finger, den zarten Hals, und es raubte mir den Atem.
    Aber schon kurze Zeit später war er wieder das furchterregend zerbrechliche kleine Ding, das – so schien es – meiner alleinigen Obhut anvertraut worden war, und ich wusste nichts, aber auch gar nichts darüber, wie ich ihn zu versorgen, wie ich mich um ihn zu kümmern hatte. Seufzend kleidete ich mich aus und warf meine getragenen Sachen in den Wäschekorb im Badezimmer. Ich zog mein blaues Nachthemd an, putzte mir die Zähne und fiel ins Bett. Martin löschte das Licht, es war das Letzte, was ich mitbekam.

    „War das unser Beil?“, fragte Martin mich.
    „Hmmm?“
    „Roe, war das unser Beil?“
    Den Kopf immer noch in den Armen vergraben, dachte ich nach. Es war so warm und gemütlich – dabei wartete das Elend nur darauf, dass ich richtig wach wurde, um sich erneut auf mich zu stürzen.
    Aber erst einmal rollte ich mich auf die Seite, um mich an meinen Mann zu schmiegen.
    „Ich weiß nicht“, flüsterte ich seiner nackten Haut zu – Martin schlief grundsätzlich ohne Pyjamaoberteil.
    Geistesabwesend legte er die Arme um mich. Sein Kinn rieb sanft an meinem

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