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Der nasse Fisch

Der nasse Fisch

Titel: Der nasse Fisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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plötzlich ernst.
    »Wo?«, fragte er und zückte einen Bleistift.
    »Wann?« Der Bleistift kratzte über Papier.
    »Nein. Böhm kann man damit nicht behelligen. Der hat genug um die Ohren. Dem steht Zörgiebel jeden Tag auf den Füßen.«
    Gennat ließ den Bleistift kratzen und schwieg. Ob er zuhörte oder überlegte, war nicht zu erkennen.
    »Ziehen Sie Henning und Czerwinski von der Beschattung ab. Die ist sowieso sinnlos. Und sagen Sie dem ED schon mal Bescheid,
     den Rest regele ich.«
    Er legte auf. Langsam kam er zu dem Wohnzimmertisch zurück und setzte sich wieder an seinen Kuchenteller. Schweigend schob
     er sich eine Gabel Stachelbeertorte in den Mund und kaute langsam. Er schien immer noch nachzudenken. Dann legte er die Kuchengabel
     auf den Teller.
    »Mein lieber Herr Rath, vergessen Sie mal das meiste, was ich Ihnen gerade gesagt habe.« Gennat schaute Rath fest in die Augen,
     als er seine Frage stellte. »Trauen Sie sich zu, eine Mordkommission zu leiten?«
    Das Mordauto hatte bereits mit laufendem Motor gewartet, als Rath und Jänicke in den Lichthof stürmten. Den Frischling hatte
     er von Gennat erbeten, und Lanke hatte ihn hergegeben. Er brauchte wenigstens ein bekanntes Gesicht in seiner Mordkommission,
     und an Bruno war da leider nicht zu denken. Aber ein Kriminalassistent aus der alten Truppe, das war wenigstens ein Anfang.
     Schon beim Einsteigen hatte Rath das Misstrauen gespürt, das ihm aus dem schwarzen Auto entgegenschlug. Kein Wunder. Für drei
     der vier Männer im Wagen war er ein Fremder. Der Fahrer und die beiden Kriminalbeamten schauten ihn herausfordernd an. Nicht
     einmalJänicke schaute freundlich, nur die Stenotypistin lächelte. Zum Glück hieß sie Christel Temme. Und nicht Charlotte Ritter.
    »Guten Morgen, die Dame, guten Morgen, meine Herren«, hatte Rath gegrüßt, als er sich auf die gut gepolsterte Rückbank fallen
     ließ. »Dann wollen wir mal.«
    Er hatte die Tür noch nicht geschlossen, da hatte der Fahrer aufs Gas getreten, und sie waren durch die Ausfahrt auf die Alexanderstraße
     hinausgeschossen.
    Nun saß er hier zwischen Stephan Jänicke und dem Mann, der sich als Kriminalsekretär Paul Czerwinski vorgestellt hatte, ein
     kleiner übergewichtiger Mann mit beginnender Glatze, der ungefähr so alt sein mochte wie Rath selbst, aber wegen des dünner
     werdenden Haares etwas älter aussah – und in der Hierarchie zwei Dienstgrade unter ihm stand. Vorn auf dem Beifahrersitz saß
     Kriminalassistent Alfons Henning, den Jänicke mit Vornamen begrüßt hatte, ein schlaksiger, groß gewachsener junger Mann, hinter
     dessen Brille wache Augen tanzten. Die beiden Kriminalassistenten kannten sich offensichtlich von der Polizeischule. Ein kleiner
     Lichtblick. Vielleicht bekamen sie doch noch bessere Stimmung in ihre Truppe.
    Sie waren nicht lange unterwegs. Die Adresse hatte Rath zunächst nichts gesagt, doch nun näherte sich das Mordauto dem Schlesischen
     Bahnhof, und die Gegend kam ihm bekannter vor. Der Wagen bog ein paar Mal ab, bis er die Koppenstraße erreicht hatte, und
     hielt dann vor einer breiten Lücke in der Häuserzeile. Eine große Tafel verriet, dass die gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaft Nova hier einen hellen und modernen Mietshauskomplex hochzog. Ein Bretterzaun versperrte die Sicht auf die Baustelle.
    Der Wagen des Erkennungsdienstes stand am Straßenrand. Ansonsten deuteten nur die zwei Schupos, die sich an der Baustelleneinfahrt
     unterhielten, darauf hin, dass hier etwas passiert sein musste. Doch kaum ein Passant blieb stehen. Kein Wunder. Der Standardsatz,
     den jeder Polizist abspulte, der einen Tatort vor Neugierigen abschirmte: Gehen Sie weiter! Es gibt hier nichts zu sehen! – In diesem Fall traf er zu: Außer einem Bauzaun und zwei Schupos gab es tatsächlich nichts zu sehen.
    Die Uniformierten salutierten, als die Kriminalbeamten aus dem schwarzen Wagen stiegen. Einer blieb stehen, der andere führte
     die Kriminalen auf die Baustelle. Hier bewegte sich im Moment gar nichts. Links stand ein Bagger ohne Baggerführer. Einige
     Arbeiter hatten sich auf einem sonnenbeschienenen Bretterstapel niedergelassen, einige standen einfach in der Gegend herum,
     die Hände in den Taschen. Die meisten aber hatten sich auf der anderen Seite der Baugrube an einer Böschung aus ausgehobenem
     märkischen Sand versammelt und schauten in die Tiefe. Da unten am Fundament hatten sich ebenfalls Schupos aufgebaut, doch
     offensichtlich gab es da noch

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