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Der nasse Fisch

Der nasse Fisch

Titel: Der nasse Fisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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Ausführungen bitte noch
     einmal wiederholen?«
    »Für einen Studenten würde ich das nicht tun, ich hoffe, Sie wissen das zu schätzen.« Schwartz schob die Brille wieder hoch
     und klang plötzlich sehr amtlich. »Wann der Tod eingetreten ist, kann ich – wie gesagt – wegen der starken Verunreinigung
     der offenen Wunde nicht genau eruieren. Erschwert wird eine genaue Aussage zudem durch die Tatsache, dass die Leiche in Beton
     eingebettet war, was die Verwesung in jedem Fall verzögert haben dürfte.«
    Rath nickte. Wenigstens etwas hatte die Schnapsidee mit dem Betongrab gebracht.
    »Fest steht jedenfalls«, fuhr Dr. Schwartz fort, »dass die Leiche nicht lange an der Luft war. Kurz nach seinem Tod hat man
     den armen Kerl auch schon einbetoniert. Nur wann genau er in den Beton gekommen ist, das lässt sich anhand der rechtsmedizinischen
     Untersuchung nicht feststellen. Das kann ein paar Tage, aber auch eine ganze Woche her sein.«
    »Vielen Dank, Doktor.«
    »Den schriftlichen Befund bekommen Sie morgen«, sagte Schwartz und deckte den aufgesägten Wilczek wieder zu. »Da finden Sie
     dann auch Details über den Zustand der lebenswichtigen Organe, über den Mageninhalt und ähnliche appetitliche Dinge …«
    Die Kugel klackerte leise in der Blechdose, als Rath durch die Schauhalle zurück zum Foyer ging. Jedes Klackern mahnte ihn
     an die Zeitbombe, die er da bei sich trug.
    Könnte ein Querschläger sein.
    Fehlgeleitete Projektile schienen ihn in dieser Stadt zu verfolgen. Erst Krajewski auf dem Gerüst, dann die beiden Frauen
     in Neukölln, die ihn überhaupt erst ins Leichenschauhaus gebracht hatten, dann Wilczek. Die letzte Kugel drohte ihm nun das
     Genick zu brechen. Als verhängnisvolles Beweismittel.
    Nur wenige Meter von der Eingangstür entfernt blieb Rath in der Vorhalle stehen. Ein Gedanke war durch seinen Kopf gejagt,
     und er musste stehen bleiben, um ihn einzufangen. Es war mehr ein Geistesblitz als ein Gedanke, und es kam ihm fast so vor,
     als habe er sich selbst gedacht. Jedenfalls kam er von irgendwoher, aus heiterem Himmel. Der Pförtner in seinem Kabuff schaute
     den Kommissar erstaunt an, als der seine Brieftasche aus dem Mantel zog und hineinschaute, sie dann wieder einsteckte und
     zur Pförtnerloge ging.
    »Wo ist denn hier eine Toilette?«, fragte er.
    »Da lang«, sagte der Pförtner und zeigte auf die Schwingtür zur Schauhalle.
    Kleine Schilder wiesen verschämt den Weg. Als Rath die Tür öffnete, war es still in dem gekachelten Raum. Niemand schien hier
     zu sein. Dennoch schloss er sich in einer Kabine ein, um ganz sicherzugehen, und öffnete den Klodeckel. Wieder zog er die
     Brieftasche aus dem Mantel. Schnell hatte er die Lignose-Kugel herausgeholt und betrachtete sie kurz. Das Projektil war ihm
     längst so etwas wie ein Symbol für seine Freundschaft mit Bruno geworden. Immerhin hatte der ihm hoch über dem Hermannplatz
     das Leben gerettet. Nun gab es eine bessere Verwendung für das Geschoss.
    Rath öffnete die Blechdose und ließ die Mauserkugel in die Toilettenschüssel fallen. Ein unverdächtiges Plitsch , dann ein leises Klicken, als das Metall mit dem Keramikbecken in Berührung kam. Durch das Wasser in der Schüssel zogen sich
     rote Schlieren, die sich langsam in blassrote Wolken auflösten. Rath tippte mit Zeige- und Mittelfinger in die blutbeschmierte
     Blechdose und drehte die Lignosekugel zwischen seinen blutigen Fingerspitzen. Als sie blutig genug aussah, ließ er sie in
     die Dose fallen. Die Ballistiker würden sie vor der Untersuchung sowieso waschen, doch sie sollte wenigstens auf den ersten
     Blick so wirken, als sei sie direkt aus einem Gehirn geholt worden. Er schraubte die Dose vorsichtig wieder zu und steckte sie ein. Nachdem er die Spülung betätigt hatte,
     wartete er noch ein Weilchen, bis sich die Strudel in der Toilettenschüssel wieder beruhigt hatten. Von dem Projektil war
     nichts mehr zu sehen. Es war in der Berliner Kanalisation verschwunden. Vielleicht würde eine Ratte die Kugel aus Versehen
     verschlucken, vielleicht würde sie in einem Rieselfeld landen, vielleicht auch einfach für immer auf den Grund des Kanals
     in der Hannoverschen Straße sinken. Niemals jedenfalls würde sie unter der Lupe eines Ballistikers im ED landen.
    Und für die Kugel, die jetzt leise in der Blechdose klackerte, würde sich niemals eine Vergleichsprobe finden. Die Waffe,
     aus der dieses Projektil abgefeuert worden war, die hatte Bruno für immer aus

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