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Der nasse Fisch

Der nasse Fisch

Titel: Der nasse Fisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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dem Verkehr gezogen, die war ihr Arbeitsvertrag
     mit dem Spitzel Krajewski. Die ballistische Untersuchung im Fall Wilczek würde also leider Gottes im Sande verlaufen.
    Dieser Gedanke beruhigte Rath ungemein, und seine Laune besserte sich augenblicklich. Als er aus der Kabine trat, hätte er
     am liebsten fröhlich vor sich hin gepfiffen, doch er beherrschte sich. Besser nicht auffallen. Es war zwar niemand zu hören
     in einer der anderen Kabinen und schon gar niemand zu sehen, aber man konnte nie wissen. Am Waschbecken spülte er das Blut,
     das bereits zu kleben begann, von den Fingerspitzen, dann verließ er die Toilette. Auch auf dem Gang stand niemand, und Rath
     ging zurück zur Vorhalle, wo er grüßend die Pförtnerloge passierte und wieder ins Freie trat. Draußen dämmerte es bereits.

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    21
    E r hatte seine Leute eingeteilt. Czerwinski und Henning trieben sich immer noch im Stralauer Viertel herum und klapperten
     die Mietskasernen rund um die Baustelle ab. Plisch und Plum. Sonannte man die beiden in der Burg. Der Dicke und der Dünne wirkten unzertrennlich, am besten setzte man sie auch zusammen
     ein. Und Jänicke versuchte sein Glück bei den ehrenwerten Vereinsmitgliedern der Berolina . Rath konnte sich vorstellen, dass es Marlow nervös machte, wenn er erfuhr, dass die Bullen seinem Lieblings-Ringverein auf
     den Zahn fühlten. Vielleicht deckte der Frischling ja irgendeinen Streit unter Ganoven auf, der durchaus als Tatmotiv in Frage
     käme. Natürlich würde auch diese Spur im Sande verlaufen. Aber es war besser, eine Spur zu haben, die ins Nichts führte, als
     überhaupt nichts zu haben. Wenn er schon mit einem ungelösten Fall in der Inspektion A beginnen musste, dann wollte er wenigstens
     nicht mit völlig leeren Händen dastehen.
    Er saß an seinem neuen Schreibtisch und dachte nach. Die Einsamkeit in diesem Büro verführte ihn mehr zum Grübeln, als ihm
     lieb war. Wurde Zeit, dass die Sekretärin zurückkam.
    Das Telefon klingelte. Wahrscheinlich wieder ein Verlagslektor oder ein Zeitungsjournalist für den lieben Herrn Roeder! Er
     würde diese Bande ein für alle Mal abwimmeln!
    »Haftanstalt Plötzensee. Zellentrakt für straffällig gewordene Schriftsteller und Kriminalbeamte«, meldete er sich.
    »Kling, Sekretariat Zörgiebel.« Die weibliche Stimme am anderen Ende der Leitung hörte sich nicht so an, als habe sie Humor.
     Dagmar Kling wurde auch Fallbeil genannt und bewachte das Vorzimmer des Polizeipräsidenten wie ein Zerberus. »Kommissar Rath,
     sind Sie das?«
    »Am Apparat.«
    »Der Herr Polizeipräsident wünscht Sie in einer halben Stunde zu sehen, Herr Kommissar.«
    Rath klopfte pünktlich um neun bei Dagmar Kling an die Tür, doch er musste warten. Das Fallbeil ließ ihn auf einer Bank im
     Vorzimmer Platz nehmen. Die gepolsterte Tür zu Zörgiebels Büro war geschlossen. Der Polizeipräsident befand sich noch im Gespräch.
     Das hätte die Kling ihm nicht zu sagen brauchen, trotz der Polsterung drangen Stimmen durch die schwere Tür. Die Sekretärin
     tippte ungerührt weiter, als ginge sie das alles nichts an.Dabei konnte man fast jedes Wort verstehen, so laut wurde im Chefzimmer gesprochen. Oder vielmehr: gebrüllt. Der Kommissar
     tat so, als höre er nicht hin. Er spielte mit seinem Hut und betrachtete die Kupferstiche alter Berliner Motive an den Wänden.
     Selbst wenn er hätte diskret sein wollen: Die Stimmen waren nicht zu überhören.
    »… aber wir tun doch schon alles Menschenmögliche, Herr Polizeipräsident!«
    Unverkennbar die Stimme von Oberkommissar Wilhelm Böhm. Der Mann schien ganz schön unter Druck zu stehen, sein Gebell klang
     beinah verzweifelt.
    »Dann reicht das Menschenmögliche offensichtlich nicht!« Zörgiebels Mainzer Singsang. Den kannte Rath noch aus Köln. Je wütender
     der Mann wurde, desto höher klang seine Stimme. Noch ging die Tonlage als Tenor durch, aber wehe, wenn sie sich in Richtung
     Alt bewegte oder sich gar zum Sopran überschlug! »Die Presse möchte endlich Ergebnisse sehen! Sie müssen ja nicht gleich den
     ganzen Fall lösen! Aber irgendetwas Neues werden Sie doch haben, Menschenskinder!«
    »Aber nichts, was die Presse zu interessieren hätte, Herr Polizeipräsident. Unzählige kleine Details, vielleicht von Wichtigkeit,
     vielleicht belanglos. Das kann ich jetzt noch nicht entscheiden. Und der Presse möchte ich diese Entscheidung erst recht nicht
     überlassen.«
    »Sie sind aber dazu da, solche

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