Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der nasse Fisch

Der nasse Fisch

Titel: Der nasse Fisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
Vom Netzwerk:
im Café Europa : freundlich und kooperativ. Dennoch wurde Rath das Gefühl nicht los, dass der Mann mehr wusste, als er sagte.
    »Gräfin Sorokina, Sie erinnern sich?«
    Tretschkow nickte. »Selbstverständlich.«
    »Ist sie inzwischen wieder aufgetaucht? Oder haben Sie etwas von ihr gehört?«
    »Bedaure, nein.«
    »Sie haben sich um ihre Wohnung gekümmert?«
    »Ich kümmere mich immer noch darum. Ich habe einen Schlüssel. Habe ich Ihnen das nicht gesagt?«
    »Ich glaube schon.« Rath machte eine Pause. Was versteckte dieser Mann? Und warum? »Sie haben die Blumen gegossen, nicht wahr?«
    Tretschkow nickte.
    »Haben Sie auch etwas aus dem Zimmer genommen?«
    »Erlauben Sie mal! Ich bin doch kein Dieb!«
    Rath beschloss, seine Taktik zu ändern. Er konnte den Musiker ruhig ein wenig in die Mangel nehmen. Anders als bei ihrem ersten
     Gespräch war er nun immerhin offiziell ein Mitarbeiter der Mordinspektion, da konnte er mehr wagen.
    »Herr Tretschkow«, sagte er, »ich unterhalte mich nun zum zweiten Mal mit Ihnen über Frau Sorokina. Und Sie haben mich immer
     noch nicht gefragt, warum ich die Gräfin überhaupt suche.«
    »Nun, ich nehme an, jemand hat sie als vermisst gemeldet.«
    Rath schüttelte den Kopf. »Außer Ihnen scheint sie niemand zu vermissen. Und Sie waren nicht bei der Polizei. Also gibt es auch keinen Vermisstenfall Sorokina.«
    »Aha. Warum also suchen Sie dann nach ihr?« Tretschkows ruhige Art konnte Rath nicht täuschen. Der Mann wurde immer nervöser.
     Seine Augen verrieten ihn. Es war richtig, auf Angriff umzuschalten. Rath schickte ein paar Worte auf die Reise. Kleine, giftige
     Pfeile, die nur den einen Zweck hatten: eine Reaktion zu provozieren, mit etwas Glück sogar eine unbedachte.
    »Das Gold«, sagte er. Tretschkow setzte sich aufrecht, seine Augen tanzten Charleston. Rath registrierte es zufrieden und
     schoss den nächsten Pfeil ab. »Sie wissen, wovon ich rede«, fuhr er fort. »Ein Mann musste wegen des Goldes sterben, ein anderer
     ist verschwunden. Und mit ihm die Gräfin.«
    Tretschkow saß weiterhin seelenruhig da, aber mittlerweile wirkte das eher stocksteif. Nur seine Augen bewegten sich noch.
     »Ich weiß nicht, wovon Sie reden«, sagte er.
    Einschüchtern oder den verständnisvollen Bullen spielen? Nein, er musste weitermachen, gleich hatte er ihn. Rath beschloss,
     die Geduld zu verlieren. Abrupt stand er auf, stützte sich auf den Tisch und beugte sich nach vorne.
    »Jetzt hören Sie mir mal zu, Meister!« Rath hatte eine Aggression in seine Stimme gelegt, die wirkte, als halte er sie nur
     mit Mühe zurück. Die Worte kamen leise, aber effektvoll. Tretschkow wich unwillkürlich ein Stück zurück. »Haben Sie noch nicht
     gemerkt, dass es an der Zeit ist, mit dem Versteckspiel aufzuhören? Sie sind dabei, sich tief in eine Sache hineinzureiten,
     die für Sie noch sehr unangenehm werden kann!«
    Der Musiker saß wie versteinert. »Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
    »Nun, das ist doch sehr einfach: Sie haben etwas, das der Polizei in einem Mordfall weiterhelfen könnte, und Sie ziehen es
     vor zu schweigen. Ich weiß nicht, was Sie sich davon versprechen. Wenn Sie glauben, die Gräfin schwebt in Gefahr, dann sollten
     Sie mit uns kooperieren. Wir könnten ihr helfen und sie schützen.« Rath ließ seine Worte eine Weile wirken und nahm Tretschkow
     fest in den Blick. »Sollte sich aber herausstellen, dass Sie hier eine Mörderin decken … Sind Sie sich eigentlich über die
     Konsequenzen im Klaren?«
    »Swetlana eine Mörderin?« Es brach förmlich aus Tretschkow heraus. Er stand ebenfalls auf. »Absurd!«
    »Wenn Sie sich da so sicher sind, dann verstehe ich Ihre Haltung nicht.«
    »Vielleicht sollten Sie Ihre Haltung einmal überdenken, Herr Kommissar!« Der Musiker redete sich in Rage. Na endlich hatte er ihn aus der Reserve gelockt!
     »Die Polizei kommt in einem Mordfall nicht weiter und schiebt ihn kurzerhand einer Ausländerin in die Schuhe. Einer Ausländerin,
     die sich aus gutem Grunde inkognito in Ihrem Land aufhält. Glauben Sie im Ernst, dass ich Ihnen da vertrauen könnte? Sie haben
     Swetlana doch schon verurteilt!«
    »Ich verurteile niemanden, das macht der Richter. Aber irgendjemand hat einen Landsmann von Ihnen gefoltert und umgebracht. Ich möchte wissen, wer das war! Und Sie können mir dabei helfen.«
    »Einen Landsmann?« Tretschkows Erstaunen wirkte echt. »Was meinen Sie?«
    Rath zeigte ihm das Foto des nassen, toten Boris. »Kennen Sie

Weitere Kostenlose Bücher